2024-04-25T14:35:39.956Z

Allgemeines
Klare Kommandos: Schiedsrichter Wolfgang Widl (TSV Ebersberg) ist binnen kürzester Zeit aus der A-Klasse in die Bezirksliga aufgestiegen. Foto: Riedel
Klare Kommandos: Schiedsrichter Wolfgang Widl (TSV Ebersberg) ist binnen kürzester Zeit aus der A-Klasse in die Bezirksliga aufgestiegen. Foto: Riedel

Wolfgang Widl und sein kometenhafter Aufstieg als Schiri

Und es hat Zoom gemacht

Die große Klappe, das forsche Auftreten und den kernigen Humor hatte Wolfgang Widl schon immer. Gerade auf dem Fußballplatz hielt der passionierte Kicker selbst als Jugendlicher damit nie hinterm Berg.

Im Anschluss an ein Bezirksoberligaspiel mit den A-Junioren der JFG Ebrachtal, hatte sein Spezl und Schiedsrichter der Begegnung, Alexander Meier, genug gesehen und gehört: „Woife, du hast so eine große Schnauze! Mach‘s doch einfach besser!“

Eine Ansage, die beim heute 22-jährigen Alxinger einen Schalter umlegte. „Ich war vorher schon Eishockey-Schiri und hatte zu der Zeit auch viel mit meinem Verletzungspech zu kämpfen. Also dachte ich mir, warum eigentlich nicht.“

Und tatsächlich scheint Widl seine Berufung gefunden zu haben. Es hat Zoom gemacht, um es mit Musiker Klaus Lage zu halten. Innerhalb von nur zweieinhalb Jahren pfiff und winkte sich der Alxinger von der A-Klasse bis in die Bezirksliga hoch. „Das ist das absolute Maximum. Schneller kann man von den Regularien her gar nicht aufsteigen“, verschlug es vor gut einer Woche aber selbst der „Alxinger Ratschkathl“ die Sprache, als er die Mail des Bezirksobmanns mit der Beförderung in den Bezirksförderkader erhielt – eine „Extra-Chance“ für den Spitzenplatz beim Lehrgang der neun besten Kreisliga-Talente aus ganz Oberbayern zu Jahresbeginn sowie Bestnoten im internen Schiedsrichter-Ranking.

„Ich weiß immer noch nicht genau, wie mir geschieht“, sagt Widl, der in den nächsten Monaten als Assistent sogar in der Bayernliga aktiv sein wird.

In den Schoß gefallen ist ihm dieser rasche Aufstieg nicht. „Ich habe da schon sehr viel Zeit und Engagement reingesteckt. Die Freundin ist da oft am schimpfen.“ Zwei bis drei Einsätze pro Woche, Fortbildungen und hunderte Fahrtkilometer sind für ambitionierte Referees keine Seltenheit. „Die Verfügbarkeit ist enorm wichtig, um schnell aufzusteigen. Ab der Bezirksliga geht das auch schon in Richtung Leistungssport und dann muss man auch einen Cut ziehen. Auch wegen dem Verletzungsrisiko.“ Bedeutet für den 22-jährigen Widl konkret, dass er seine Fußballschuhe für die Reserveteams des TSV Ebersberg jetzt an den Nagel gehängt und sich ganz der Schiedsrichterei verschrieben hat.

Wenn man Widl nach seiner Motivation für die privaten und zeitlichen Entbehrungen fragt, noch dazu in einer Branche, die vom Motto „ned gschimpft is globt gnua“ geprägt ist, so erhält man eine authentische Antwort, die als Rekrutierungsbroschüre für den Schiri-Nachwuchs taugen könnte: „Es ist es eine super Persönlichkeitsschule. Man lernt, wie man sich auf fremden Plätzen vorstellt und richtig zwischen zwei Mannschaften steht. Das erfordert viel Selbstreflexion, gerade in der Königsdisziplin, dem Zwischenmenschlichen. Außerdem lernt man in Sekundenschnelle Entscheidungen zu treffen.“

Neben einem „netten Taschengeld, Talent und einer gewissen masochistischen Veranlagung“, hat Widl besonders am Förderungssystem des Fußball-Verbandes gefallen gefunden und letztlich davon profitiert. „Ich habe gemerkt, dass meine Aufstiegschancen als Schiri besser und schneller gefördert werden, als im Eishockey. Zugegeben habe ich auch hier mehr Potenzial, als als Fußballer. Gerade für Neulinge investiert der BFV viel Geld und Zeit in sein Patensystem.“

Nicht nur als Pate, sondern mittlerweile auch als Verantwortlicher für die Öffentlichkeitsarbeit übernimmt Wolfgang Widl in der Schiedsrichtergruppe München-Ost/Ebersberg Verantwortung. Der künftige Polizeianwärter will unbedingt an der Image- und Nachwuchsförderung seiner Branche mitwirken. „Wir werden in unserer Gruppe kontinuierlich mehr, obwohl die Schiedsrichter medial und auf dem Platz oft in einem schlechten Licht da stehen. Man darf nicht vergessen: Da steht immer noch ein Mensch auf dem Platz, der das auch nur als Hobby macht.“

An die Grenze zur Professionalität würde sich der Alxinger Unparteiische dennoch gerne heranwagen. „Eine Etage höher, der Verbandsförderkader, ist realistisch noch drin“, meint Widl. „Aber meinen ersten Meilenstein, mit Gespann zu pfeifen, habe ich schon erreicht. Deutlich schneller, als erhofft.“

Aufrufe: 030.6.2017, 18:29 Uhr
Ebersberger Zeitung - Julian BetzlAutor