2024-06-14T06:55:53.576Z

Interview
– Foto: Scheschonka

„Wir sind in der Bremen-Liga gut aufgehoben“

Birk Virkus im Interview

Als Kapitän des Fußball-Bremen-Ligisten SFL Bremerhaven ist Birk Virkus es gewohnt, Verantwortung zu übernehmen. Daher war es für das Urgestein der „Heidjer“ selbstverständlich, nach dem Rücktritt von Chefcoach Eric Schürhaus den Posten des Interimstrainers anzunehmen.

Immerhin verfügt der 29-jährige Abwehrspieler, der als Mathe- und Sportlehrer an der Oberschule Geestemünde unterrichtet, über Erfahrung als Co-Trainer der U14-Talente des JFV Bremerhaven. Virkus spricht im Interview mit Dietmar Rose darüber, wie er seine neue Rolle ausfüllen will, die Suche nach einem Nachfolger für Schürhaus und das Selbstverständnis der SFL-Kicker.

Herr Birk, haben Sie lange überlegen müssen, nach dem Rücktritt von Eric Schürhaus als Interimstrainer einzuspringen oder war es klar, dass Sie sich als SFL-Urgestein in die Pflicht nehmen lassen würden? Wir haben intern eine Menge Gespräche geführt, bei denen ich als Kapitän fast immer dabei gewesen bin. Ich bin jetzt schon zehn Jahre Kapitän der ersten Herren bei SFL. Als es auf eine sofortige Beendigung der Zusammenarbeit hinauslief, war für mich klar, dass ich Ivi (Andreas Iversen, Fußball-Abteilungsleiter, Anmerkung der Redaktion) gesagt habe: „Komm, mach’ dir keinen Kopf, wir bekommen das als Mannschaft hin.“ Ich bin ja schon seit 2014 Co-Trainer beim JFV unter Ole Aldag und habe da eine Menge mitgenommen. Auch durch mein Sportstudium habe ich eine Menge gelernt, was mir jetzt hilft. Von daher musste ich nicht lange überlegen, diesen Weg bis zum Saisonende zu gehen. Für mich ist es einfach eine Herzensangelegenheit, bis auf einen Abstecher in der Jugend zur Leher TS bin ich immer „Heidjer“ gewesen. Meine Eltern wohnen in einem Haus gegenüber vom Platz.

Sie sollen die Verantwortung nicht alleine schultern. Wer wird Sie unterstützen? Ich mache das mit Julian Bünting zusammen, der ja auch schon JFV-Trainer war und Erfahrung gesammelt hat, auch als Co-Trainer unter Dennis Ley im Jugendbereich. Wenn ich auf dem Platz stehe und Julian auf der Bank sitzt, coacht er das von draußen. Aber grundsätzlich stehe ich in der vordersten Linie, das war auch Julian wichtig.

Welche Qualifikation bringen Sie für den Job mit? Ich habe noch keine Trainerlizenz, weil ich dafür nicht von der Schule freigestellt werde. Das ist ein bisschen ärgerlich, aber es wird halt nicht als Schulfortbildung angesehen. Das macht es für mich problematisch, den Trainerschein zu machen. Nichtsdestotrotz nehme ich seit Jahren an vereinsinternen Fortbildungen beim JFV teil.

Durch Ihre Entscheidung haben Sie SFL von dem Druck entlastet, auf dem schwierigen Trainermarkt schnell einen Nachfolger für Schürhaus finden zu müssen. Sind Sie denn auch in die Suche nach einem geeigneten Kandidaten eingebunden? Ja, ich versuche, Ivi mit meinen Kontakten vom JFV zu unterstützen. Wir schmeißen uns mal Namen hin und her, um zu gucken: Was ist möglich. Aber wir sind noch nicht auf die Lösung gestoßen. Für mich kommt es nicht in Frage, die Chefrolle über die Saison hinaus zu übernehmen. Das habe ich auch klar gesagt. Meiner Meinung nach braucht man mindestens ein Jahr Abstand, bevor man vom Spieler zum Cheftrainer wird. Mit den meisten Spielern habe ich sechs bis acht Jahre zusammengespielt, da ist man zu sehr befangen.

Wie sieht denn Ihr Alltag als Interimstrainer im Lockdown aus? Viel mehr als gelegentliche Zoom-Konferenzen und Hinweise, wie sich die Spieler individuell fithalten können, können Sie ja nicht anbieten. Wir hatten ein kleines Tief, nachdem Eric seinen Abgang bekanntgegeben hat. Das ist aber auch verständlich, weil wir uns erst mal sammeln mussten. Ich habe mich dann hingesetzt und geschaut, was ich gerne von Eric übernehmen möchte. Jeder hat die Pflicht, einmal in der Woche was für sich zu tun, bestenfalls natürlich zwei- bis dreimal. Wir wollen wenigstens ein gewisses Fitnesslevel halten.

Ist die Motivation zurzeit das größte Problem, weil niemand sagen kann, wann ein normaler Trainings- und Spielbetrieb wieder möglich ist? Ja, es ist brutal schwer. Wir trainieren ohne Ziel. Wenn man liest, dass Kontaktsport draußen erst wieder möglich ist, wenn 14 Tage lang der Inzidenzwert von 50 unterschritten wird, fragt man sich: Wann sollen wir denn in Bremerhaven wieder spielen? Im Mai, Juni? Da wird ja die Saison nicht mehr gestartet werden. Von daher gehen wir stark davon aus, dass wir maximal noch den Pokalwettbewerb ausspielen werden, weil der Bremer Fußball-Verband den DFB-Pokalteilnehmer ungern per Losentscheid ermitteln möchte.

Ein Abbruch der Bremen-Liga-Saison wäre schade für SFL, als Tabellendritter ist das Team noch in Schlagdistanz zum führenden Duo Bremer SV und Brinkumer SV. Stimmen Sie Eric Schürhaus zu, dass in dieser Saison sogar die Meisterschaft möglich wäre, weil es eine Übermannschaft wie den FC Oberneuland nicht mehr gibt? Natürlich würden wir gerne Meister werden, das haben wir auch immer gesagt. Aber wir wissen, dass sich SFL den Aufstieg finanziell nicht leisten kann. Viele von uns Spielern haben auch überhaupt nicht die Ambition, in der Regionalliga zu spielen. Wir wissen ganz genau, dass wir in der Liga, wo wir sind, gut aufgehoben sind. Natürlich haben wir drei, vier Spieler, die auch da oben ihre Rolle spielen würden. Aber wir sind einfach eine verschworene Einheit, die genau weiß, wo ihre Stärke liegt – und die ist in der Bremen-Liga, da spielen wir oben mit. Wir bekommen bei SFL kein Geld, für uns ist Fußball ein Hobby. Das wollen wir auf so hohem Niveau wie möglich ausüben, ohne dabei aber den Spaß zu verlieren. Auch der Vorstand hat klargemacht, dass es nicht darum geht, irgendwelche Erfolge zu erzielen, sondern weiter auf dem Niveau zu spielen, den Kader zusammenzuhalten und nach diesem Corona-Jahr weiter eine starke Mannschaft aufbieten zu können.

Befürchten Sie, dass Corona den einen oder anderen Spieler zum Aufhören oder zum Rückzug in die Alten Herren bewegen könnte? Das ist tatsächlich eine Herausforderung, dass man alle bei Laune halten muss. Wir hatten mit Sandro Felipa und Jozo Tunjic zwei Spieler, die in dieser Saison noch kein Spiel gemacht haben, weil beide von Anfang an verletzt waren. Die waren gerade mit dem Aufbautraining gestartet, als der Lockdown kam und wir nicht mehr trainieren durften. Die haben jetzt ein Jahr kein Fußball gespielt. Daher ist es wichtig, dass wir irgendwann zumindest wieder Testspiele machen können. Wir dürfen nicht in einen Trott verfallen: Ist doch eh alles egal, Corona beherrscht alles. Ich bin aber ganz positiv gestimmt, dass zumindest Testspiele oder Turniere wieder genehmigt werden. Dass ich wenigstens ein, zwei Spiele außen stehen und was reinrufen darf.

Was macht für Sie die Faszination des Trainerjobs aus? Mir bedeutet es extrem viel, den weiteren Werdegang der Spieler zu verfolgen. Wir haben vor der Saison mit Tjark Vogler und Marius Bruns zwei Spieler verpflichtet, die habe ich in meinem ersten Jahr beim JFV in der Regionalliga trainiert. Diese Verbindung ist mit vielen Spielern nicht abgebrochen. Zudem passt es zwischen Ole Aldag und mir in der U14 einfach richtig gut, wir sind fast immer einer Meinung. (th)

FuPa.net - Ein Fußball-Portal, 1000 Möglichkeiten

Wie kann ich mitmachen auf FuPa? (Überblick)
Was bietet FuPa.net für mich & meinen Verein? (Überblick)
FuPa.tv: Filmen mit der YouSport-App
Bildergalerien hochladen
An die Torwand im legendären ZDF-Sportstudio mit FuPa/Hartplatzhelden

Aufrufe: 013.3.2021, 12:30 Uhr
Nordsee-Zeitung/ dirAutor