2024-05-24T11:28:31.627Z

Interview
Gänsehautmomente: Markus Feulner im Hinspiel des Sechszehntelfinales der Europa League gegen den FC Liverpool.
Gänsehautmomente: Markus Feulner im Hinspiel des Sechszehntelfinales der Europa League gegen den FC Liverpool. – Foto: Getty Images

»Wir haben Geschichte geschrieben«

Teil 2 des großen Exportschlager-Interviews aus Oberfranken mit dem ehemaligen Bundesligaprofi Markus Feulner

Über die Höhen und Tiefen in seiner Karriere sprach Markus Feulner in Teil 1 des Exportschlager-Interviews. Eine der schönsten ist bis heute die Zeit beim FC Augsburg. Im zweiten Teil spricht der gebürtige Oberfranke über seinen Ex-Trainer Markus Weinzierl, seine Aufgabe bei der U19 sowie über die Gänsehautmomente auf internationaler Bühne.

Im Sommer 2014 sind Sie zum FC Augsburg gekommen. Wie waren Ihre ersten Eindrücke?
Markus Feulner (38)
: Ich hatte einen schwierigen Start durch eine Verletzung in der Vorbereitung, die mich sechs Wochen zurückgeworfen hat. Wir hatten mit zwei Niederlagen in Hoffenheim und gegen Dortmund sicherlich keinen einfachen Auftakt, aber die Mannschaft hat ihre Rolle damals angenommen. Wir waren eine homogene Truppe, die attraktiven Fußball spielen wollte. Zudem war die Eigenmotivation der routinierten Spieler im Kader wie Paul Verhaegh, Halil Altintop oder Dani Baier sehr groß. Die Jungs wollten es im Herbst ihrer Karrieren nochmal allen beweisen.

Sie hatten damals betont, wie wichtig der Trainer Markus Weinzierl für die Entwicklung war. Wie hat er diesen Aufschwung im Team erzeugen können?
Er hat uns seine Philosophie, Fußball zu spielen, täglich vorgelebt. Zudem hat er die Mannschaft verstanden, gleichzeitig aber auch viel von uns gefordert. Das Zusammenspiel hat gestimmt. In der Saison 2014/15 haben wir auswärts in München, in Dortmund und in Gladbach gewonnen. Wir haben sehr konzentriert gearbeitet, die Abläufe haben gesessen und so hat sich die Mannschaft Schritt für Schritt verbessert. Am Ende haben wir als Team Erfolg gehabt und standen am Saisonende völlig verdient auf dem fünften Tabellenplatz.

Das bedeutete die direkte Qualifikation für die Europa League in der Saison 2015/16. Wie haben Sie Ihre Rückkehr auf die internationale Bühnen erlebt, dorthin, wo beim FC Bayern alles angefangen hat?
Das war ein phänomenales Gefühl. Für den FC Augsburg war das die erste Europapokal-Saison in der Vereinsgeschichte überhaupt. Wir haben uns in der Gruppe mit Athletic Bilbao, FK Partizan Belgrad und dem AZ Alkmaar durchgesetzt. Im Sechzehntelfinale sind wir dann gegen den späteren Finalisten aus Liverpool mit Jürgen Klopp ausgeschieden. Im Hinspiel habe ich vor ausverkauftem Haus gespielt. Wir haben uns klasse präsentiert, die Stimmung war unglaublich und wir haben uns ein 0:0 erkämpft. Ich denke, dass wir als Team Geschichte geschrieben haben. Die Spiele in der Europa League waren absolute Highlights für die Mannschaft, den Verein und die Fans. Wir haben die Atmosphäre im Stadion angenommen und alles reingeworfen.

Der FCA ist wahrlich nicht für die großen Schlagzeilen bekannt. Hat Ihnen dieser Umstand ebenfalls in die Karten gespielt?
Definitiv, es war eine angenehme Ruhe im Verein zu spüren. Die Mannschaft konnte sich auf die sportlichen Aufgaben konzentrieren. Das hat sich dann letztendlich auch auf dem Platz widergespiegelt.

Sie haben dann Ihre Karriere in der U23 ausklingen lassen. Darüber hinaus haben Sie als Co-Trainer der U16 den Cheftrainer Yannic Thiel unterstützt. War es bereits beschlossene Sache, dass Sie nach Ihrer aktiven Karriere dem FCA als Trainer treu bleiben?
Ja, mir hat es immer viel Spaß gemacht, zu trainieren. Ich habe über die Jahre hinweg viel Erfahrung gesammelt. Das wäre schade, wenn dieses Wissen ungenutzt bleiben würde. Ich finde, die Nachwuchsarbeit ist eine wichtige Aufgabe. Die Jungs haben den Traum Profis zu werden. Dabei kann und will ich sie taktisch und auch mental unterstützen und ihnen dabei meine Erfahrungswerte weitergeben.

Vom Feld an die Seitenlinie: Markus Feulner arbeitet als Co-Trainer bei der U19 des FCA unter Alex Frankenberger.
Vom Feld an die Seitenlinie: Markus Feulner arbeitet als Co-Trainer bei der U19 des FCA unter Alex Frankenberger. – Foto: Sven Leifer

Sie haben mal von einer Karriere voller Extreme gesprochen. Was haben Sie damit gemeint?
Ich denke, meine Zeit als Profi war wirklich turbulent. Das Schlimmste sind dabei die Abstiege gewesen. Das Gefühl, viele Menschen enttäuscht zu haben, ist eine extreme Erfahrung. Dem gegenüber steht die Euphoriewelle, wenn man aufsteigt. Dann wirst du als Spieler wortwörtlich auf Händen getragen. Dazu kommen meine Verletzungen. Es waren nicht nur die Knieverletzungen, sondern auch Schulter- und Sprunggelenksverletzungen, die länger gedauert haben. Dadurch musste ich mich immer wieder zurückkämpfen. Diese Erfahrungen gebe ich heute an die Jungs weiter.

Unter Cheftrainer Alex Frankenberger fungieren Sie als Co-Trainer der U19 des FCA, die in der Junioren-Bundesliga spielt. Er war bereits Co-Trainer unter Manuel Baum in der Saison 2016/17 als Sie noch als Spieler aktiv waren. Eine spezielle Verbindung…
Das stimmt. Wir schätzen uns gegenseitig und können viel voneinander lernen. Zudem ergänzen wir uns gut, da er mich eben auch als Spieler schon erlebt hat. Alex hat bereits viel Erfahrung als Trainer sammeln können und ist taktisch sehr fit. Es macht Spaß, mit ihm im Nachwuchsbereich zu arbeiten. Die Zusammenarbeit bringt mich weiter.

Sie haben es in der Jugend beim FC Bayern erlebt. Die Jungs befinden sich vor dem Schritt in den Profibereich. Inwiefern wird die Luft nach oben dünner?
Wir haben den ein oder anderen jungen Spieler, der bereits bei den Profis mittrainiert hat. Am Ende liegt es an den Jungs selbst, was Sie aus Ihrem Talent machen. Wir versuchen, ihnen mit unserem Fachwissen und mit einem professionellen Umfeld bestmöglich dabei zu helfen, die Dinge zu verbessern, die ihnen fehlen.

Das heißt konkret?
Sie müssen ihre Stärken auf den Platz bringen. Unsere Aufgabe ist es, den Spielern zu vermitteln, dass sie an ihre eigenen Stärken glauben müssen. Wir versuchen, eine Struktur im Spiel aufzubauen, welche die Jungs umsetzen sollen. Dafür braucht es Disziplin. Das vermitteln wir als Trainerteam.

Sie wurden von Ihrem damalige Coach Ottmar Hitzfeld sprichwörtlich ins kalte Wasser geworfen. Würden Sie aus Ihrer Erfahrung heraus heute sagen, dass es immer noch die beste Methode ist, um junge Spieler an das Profidasein zu gewöhnen?
Ich glaube, das kommt immer auf die Qualität des einzelnen Spielers an. Wenn du als Trainer von einem Talent überzeugt bist, dann wirst du ihn auch bei den Profis reinwerfen und ihm das Vertrauen schenken. Das ist weniger abhängig vom Alter, sondern vielmehr von der individuellen Qualität und vom Entwicklungsstand des Nachwuchsspielers. Es geht darum, ob er im Kopf schon für die Aufgabe bereit ist.

Als Spieler haben Sie alles erlebt. Nun befindet Sie sich am Anfang Ihrer Trainerkarriere. Wo sehen Sie sich in ein paar Jahren?
Ich möchte weiterhin Erfahrungen als Trainer im Nachwuchsbereich sammeln. Für mich gilt es zu lernen, wie eine Mannschaft funktioniert und wie man als Trainer vor einer Mannschaft auftritt. Das ist ein echter Perspektivwechsel für mich. Zudem gilt es auch, den Traineralltag weiter kennenzulernen. Ich möchte im kommenden Jahr die A-Lizenz machen, wenn es die Umstände durch das Coronavirus zulassen. Wie als Spieler damals, muss ich mich auch als Trainer stetig weiterentwickeln. Es gilt, einen Schritt nach dem anderen zu machen. Deswegen konzentriere ich mich aktuell auf meine Aufgabe beim FC Augsburg.

Das Interview führte Niklas Korzendorfer.

Aufrufe: 019.12.2020, 08:00 Uhr
Niklas KorzendorferAutor