2024-05-02T16:12:49.858Z

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F: Andreas Reimer
F: Andreas Reimer

Vom Guin­ness-Buch zur Weis­wei­ler Elf

Sein Traum von der gro­ßen Kar­rie­re im Pro­fi-Fuß­ball hat sich nicht er­füllt. Doch der Bo­rus­se Jörg Jung hat et­was ge­schafft, das noch kei­nem an­de­ren deut­schen Fuß­bal­ler ver­gönnt war: den Sprung ins Guin­ness-Buch der Re­kor­de.

Der heu­te 53-Jäh­ri­ge lie­fert da­mit bei Ver­an­stal­tun­gen Bo­rus­si­as ei­ne ger­ne ge­stell­te Quiz-Fra­ge: Wel­cher Spie­ler hat dop­pelt so vie­le Eu­ro­pa­po­kal-Spie­le wie Bun­des­li­ga-Ein­sät­ze? Eben die­ser Jörg Jung, näm­lich mit der kür­zes­ten „Lauf­bahn“ in der Bun­des­li­ga und im Eu­ro­pa­po­kal.

27 Mi­nu­ten spiel­te der „ech­te Glad­ba­cher Jung“ 1986 bei sei­nem ein­zi­gen Ein­satz in der deut­schen Eli­te-Klas­se, spä­ter dann noch 55 Mi­nu­ten bei zwei Auf­trit­ten im Ue­fa-Cup für Bo­rus­sia. „Die­sen Ein­trag ins Fuß­ball-Ge­schichts­buch kann mir kei­ner mehr neh­men“, sagt der heu­te 53-Jäh­ri­ge, ein biss­chen selbst­iro­nisch und oh­ne Groll. Zwei Spiel­zei­ten, von 1985 bis 1987, war er im Glad­ba­cher Bun­des­li­ga-Ka­der, dann ging er für ei­ne Sai­son in die Zwei­te Li­ga zum SC Frei­burg. Es folg­te ein Vier­tel­jahr­hun­dert als Spie­ler und Trai­ner im höchs­ten Ama­teur­be­reich.

Auch wenn es im Fuß­ball nicht ge­lau­fen ist wie er­hofft, Jörg Jung hat sei­nen Weg ge­macht: als selbst­stän­di­ger Ver­si­che­rungs-Mann. Und schließ­lich doch noch ein biss­chen mit Bo­rus­sia: als Ge­schäfts­füh­rer der Weis­wei­ler Elf, „der be­lieb­tes­ten Tra­di­ti­ons­mann­schaft Deutsch­lands“, sagt er. In die­ser Funk­ti­on ist er so doch ein Stück­chen zu ei­nem „Ge­sicht Bo­rus­si­as“ ge­wor­den.

Dass es als Spie­ler in der Bun­des­li­ga nicht ge­klappt hat, schreibt der ge­bür­ti­ge Ei­cke­ner sich selbst zu – ge­nau­er: „Mei­ner Un­ge­duld. Wir hat­ten 1986/87 ei­nen stark be­setz­ten Ka­der, in der De­fen­si­ve mit Leu­ten wie Uli Bo­row­ka, Mi­cha­el Front­zeck, Hans-Gün­ter Bruns, Kai-Erik Her­lov­sen oder And­re Wink­hold. Es war das letz­te Jahr von Jupp Heynckes als Trai­ner am Bö­kel­berg. Wir wa­ren am En­de Drit­ter hin­ter dem FC Bay­ern und Ham­burg, hat­ten das Halb­fi­na­le von DFB-Po­kal und Ue­fa-Cup er­reicht.“

Doch der Ab­wehr­spie­ler, 1,92 Me­ter groß, hat­te in die­ser Sai­son zwar sei­ne zwei Kurz-Ein­sät­ze im UE­FA-Cup: auf dem Bö­kel­berg mit ei­nem 0:0 ge­gen die Glas­gow Ran­gers und beim Aus im Halb­fi­na­le mit dem 0:2 ge­gen Dun­dee United. Und er war auch nach dem Aus­schei­den ge­gen Dun­dee noch be­geis­tert: „Eu­ro­pa­po­kal auf dem Bö­kel­berg war ein­fach toll. Vol­le Rän­ge, Flut­licht – mehr geht nicht für ei­nen Fuß­bal­ler.“ Aber in der Bun­des­li­ga kam er nach sei­nem De­büt 1985 beim 1:1 in Uer­din­gen nicht über ei­ne Rol­le auf der Er­satz­bank hin­aus.

„Ein­mal stand ich, und das beim FC Bay­ern in Mün­chen, zehn Mi­nu­ten vor dem An­pfiff noch auf dem Zet­tel von Jupp Heynckes für die Start­elf, ich soll­te ge­gen Die­ter Ho­en­eß spie­len. Doch dann ver­letz­te der sich beim Auf­wär­men, und der Trai­ner stell­te um.“ Auch am letz­ten Spiel­tag der Sai­son 1986/87, am Bö­kel­berg ge­gen Nürn­berg, soll­te Jung spie­len, aber dann ent­schied Jupp Heynckes sich doch für Ri­chard Sie­burg, der vom 1. FC zu Bo­rus­sia ge­kom­men war. Jung: „Auch für ihn war es sein ers­tes und das letz­te Bun­des­li­ga-Spiel. Er hat kurz da­nach auf­ge­hört. Ich je­doch woll­te mehr spie­len, und dann kam das An­ge­bot aus der Zwei­ten Li­ga von Frei­burg und sei­nem da­ma­li­gen Trai­ner, dem lei­der viel zu früh ver­stor­be­nen Jörg Ber­ger. Da ha­be ich zu­ge­sagt“, er­zählt er. Dann sagt er aber auch: „Ich hät­te mit mei­nen ge­ra­de mal 21 Jah­ren nach nur zwei Spiel­zei­ten am Bö­kel­berg viel­leicht doch wei­ter auf mei­ne Chan­ce bei Bo­rus­sia war­ten sol­len …“

Von der hat­te er schon als klei­ner Jun­ge ge­träumt: Er ist zu­nächst in Ei­cken an der Ma­thi­as­stra­ße in der Nä­he des Bö­kel­bergs auf­ge­wach­sen, wo Bo­rus­sia 1965 in die Bun­des­li­ga auf­stieg – Jörg Jung wur­de fünf Mo­na­te spä­ter ge­bo­ren. Fast je­den Tag kick­te er, kaum dass er rich­tig lau­fen konn­te, auf dem Bolz­platz di­rekt ge­gen­über dem El­tern­haus. Sein ers­ter Ver­ein war dann aber nach dem Um­zug der Fa­mi­lie nach Ge­n­ei­cken mit sie­ben Jah­ren die Ju­gend des SV 08 Rhe­ydt: „Mein ers­ter Trai­ner war Herr Op­hüls.“

Jung spiel­te bis zur D-Ju­gend bei Rhe­ydt 08, schaff­te es in die Ju­gend-Kreis­aus­wahl so­wie Nie­der­rhein­aus­wahl, wech­sel­te in der C-Ju­gend zum RSV, lan­de­te ab der B-Ju­gend bei Bo­rus­sia, spiel­te am Bö­kel­berg mit ei­nem För­der­ver­trag bei den Ama­teu­ren un­ter Ge­org Krah­win­kel und be­kam 1985 den Pro­fi-Ver­trag.

Die Träu­me vom Pro­fi­fuß­ball ha­ben sich nicht ganz rich­tig er­füllt. Der Fuß­ball hat Jörg Jung den­noch nicht los­ge­las­sen – 35 ak­ti­ve Jah­re lang nicht. Er spiel­te in der Zwei­ten Li­ga acht­mal für Frei­burg, wech­sel­te zur Sai­son1988/89 in die dritt­klas­si­ge Ober­li­ga Nord­rhein zum da­mals sehr er­folg­rei­chen Rhe­ydter Spiel­ver­ein, 1992 zu Ale­man­nia Aa­chen, 1993 zum SC Jü­lich und spiel­te zum Ab­schluss sei­ner ak­ti­ven Kar­rie­re noch ein Jahr für den 1.FC Vier­sen. 1997 star­te­te er als ex­ami­nier­ter Fuß­ball-Leh­rer (mit ihm hat 2000 u. a. Die­ter Hecking die Prü­fung ab­ge­legt) sei­ne Trai­ner-Lauf­bahn, die erst 2013 en­de­te. Sei­ne Sta­tio­nen: SuS Dins­la­ken, Schwarz-Weiß Es­sen, Rhe­ydter Spiel­ver­ein, SV Strae­len, Sport­freun­de Sie­gen, KFC Uer­din­gen, drei­mal GFC 09 Dü­ren („Ich ha­be im­mer selbst auf­ge­hört, doch sie ha­ben mich im­mer wie­der zu­rück­ge­holt“), und schließ­lich vier­mal Wup­per­ta­ler SV, als Co-, Ju­gend- und In­te­rims-Chef­trai­ner, bis 2013. Dann war Schluss. Aber er hat­te schon ei­ne an­de­re Auf­ga­be, man könn­te auch sa­gen, ei­nen neu­en Ne­ben­job als Ge­schäfts­füh­rer der Weis­wei­ler Elf: Bo­rus­si­as Tra­di­ti­ons­mann­schaft.

Die Ver­si­che­rung wur­de sein zwei­tes Stand­bein

Jörg Jung wur­de am 22. No­vem­ber 1965 in Mön­chen­glad­bach als Sohn des Stadt­spar­kas­sen-An­ge­stell­ten Karl-Heinz („Bu­bi“) Jung ge­bo­ren. Er wuchs in Ei­cken und ab 1972 in Rhe­ydt-Ge­n­ei­cken auf. Nach dem Re­al­schul­ab­schluss 1983 mach­te er ei­ne Aus­bil­dung zum So­zi­al­ver­si­che­rungs-Fach­an­ge­stell­ten bei der Bar­mer Er­satz­kas­se, trai­nier­te nach­mit­tags bei Bo­rus­sia und er­hielt nach der Ab­schluss­prü­fung 1986 ei­nen Pro­fi­ver­trag.

Nach dem Bun­des­wehr­dienst in der Sport­för­der­grup­pe Es­sen be­gann er ne­ben dem Fuß­ball bei der Ham­burg-Mann­hei­mer Ver­si­che­rung: „So hat­te ich ein zwei­tes Stand­bein.“ Seit 1999 führt er mit drei Part­nern ei­ne Er­go-Sub­di­rek­ti­on: „Mit fast 1500 Kun­den in ganz Deutsch­land.“

Jörg Jung ist seit 1999 mit An­drea ver­hei­ra­tet, die aus Dort­mund für ihn ins Rhein­land zog.

Aufrufe: 012.3.2019, 20:01 Uhr
RP / Otto E. SchützAutor