2024-05-02T16:12:49.858Z

Allgemeines
F: FuPa
F: FuPa

Vier verletzte Verteidiger? Harmlos im Vergleich zum SCG

Was heimische Trainer tun würden, wenn sie wie der FC Bayern ohne Boateng, Martinez, Tasci und Badstuber in Turin antreten müssten

Sicher ist: Pep hat Probleme. Boateng: Muskelbündelriss. Martinez: Knieoperation. Badstuber: Knöchelbruch. Wahrscheinlich ist: Tasci fällt auch aus, weil er laut Matthias Sammer noch nicht richtig fit ist. Jetzt, wo es ernst wird in der Champions-League, steht der Deutsche Fußball-Rekordmeister FC Bayern München plötzlich ohne Innenverteidiger da. Statt der üblichen Schränke verteidigen plötzlich Juan Bernat (Körpergröße 1,72 m), Phillipp Lahm (1,70 m), Joshua Kimmich (1,74 m) und zur Not der von Sammer als „Zwerg“ eingestufte Rafinha (1,71 m). Turm in der Schlacht ist der 1,80 m große David Alaba. Da scheint guter Rat teuer. Doch an dieser Stelle gibt es ihn ganz umsonst. Wir hörten uns um bei den Trainern der heimischen Landes- und Bezirksligisten.

Herbert Heidenreich

Herbert Heidenreich ist gewissermaßen das Gegenteil von Pep Guardiola. Nicht weil er viel mehr Haare auf dem Kopf trägt, nicht weil er sich lieber im Trainingsanzug statt im feinen Zwirn an den Spielfeldrand stellt und nicht weil er im Gegensatz zum Bayern-Coach keinen Sinn darin sieht, sich die Stärken und Schwächen eines Spielers aus der dritten aserbaidschanischen Liga einzuprägen. Heidenreich ist das Gegenteil von Pep Guardiola, weil er derzeit nicht zu wenige Innenverteidiger hat, sondern eher zu viele. Die Aufgaben können die Routiniers Mario Feulner und Jackson Ruziski ausfüllen, aber auch die beiden 19-jährigen Senkrechtstarter Yannick Uschold und Tim Olschewski. Darüber hinaus ist Kapitän Alexander Kraus wieder von seinem mehrmonatigen USA-Aufenthalt zurück. Fast möchte man Heidenreich raten, seinem Münchner Kollegen den einen oder anderen Spieler auszuleihen. Doch Ex-Profi Heidenreich setzt ein Stoppschild. Während die Bayern in Turin am Dienstag um den Einzug ins Viertelfinale der Champions-League kämpfen, bereiten sich die Kornburger nämlich beim Trainingslager im türkischen Side auf die Restsaison vor, an deren Ende mindestens Rang zwei und damit die Relegation zur Bayernliga herausspringen soll. Da braucht Heidenreich jeden Mann. Der Kornburger Übungsleiter ist aber optimistisch, dass seinem Kollegen aus München nächste Woche etwas geniales einfällt gegen die „Alte Dame“ aus Turin. „Alaba und Kimmich in der Mitte, Bernat auf der linken Außenbahn, Lahm wieder auf seiner alten Position rechts. Das hat sich doch schon in den letzten Bundesliga-Spielen herauskristallisiert“, sagt Heidenreich. „Es könnte ein Erfolgsmodell werden.“ Außerdem stünden Leute wie Tasci und Benatia ja auf dem Sprung, wenn man wirklich noch ein Kopfballungeheuer im Defensivverbund bräuchte. Insofern, um es leicht abgewandelt mit den Worten der Kanzlerin zu sagen: „Die schaffen das.“

Stefan Pröpster und Johannes Feihl

Anders als Herbert Heidenreich kennen Stefan Pröpster und Johannes Feihl, die Trainer des Bezirksliga-Dritten SC 04 Schwabach, die Probleme des großen Pep Guardiola aus eigener Erfahrung. Vergangenen Mittwoch, bei der SG Quelle Fürth, mussten die „Nullvierer“ nicht nur ohne gelernte Innenverteidiger auskommen. Da hat fast die ganze Abwehr gefehlt. Allerdings ging es auf dem betonharten Kunstrasenplatz nicht um den Einzug in das Viertelfinale der Champions-League, sondern nur um einen zweiten Test nach dem Ende der Winterpause. „Und darum, dass sich keiner verletzt“, so Pröpster. „Der Fürther Kunstrasenplatz ist nämlich kein Kunstrasenplatz, sondern fühlt sich an wie grün angestrichener Beton.“ Das Hauptziel haben Pröpster (der übrigens nach einer Kreuzbandoperation selbst verletzt fehlte) und Feihl erreicht, die 2:5-Niederlage beim Landesligisten (beide Tore durch Michael Weiß) tat nicht weh. Pep Guardiola hätte mit einem solchen Ergebnis nächsten Dienstag ganz sicher größere Probleme.

Denis Opcin

Bayern ohne Boateng, Martinez, Badstuber und Tasci. Denis Opcin müsste darüber eigentlich fast lachen. Denn vier fehlende Innenverteidiger, das ist ja im Prinzip gar nichts im Vergleich zum Vorletzten der Bezirksliga 2, den SC Großschwarzenlohe. „Mir hat ja in der Vorrunde bisweilen eine ganze Mannschaft gefehlt“, sagt der Trainer Opcin, ohne jetzt groß zu klagen. Die nach der erfolgreichen Relegation kurze Sommerpause bis zum Beginn der Bezirksliga-Saison hat tatsächlich nach und nach mehr als zehn Spieler des SCG ins Lazarett gebracht – und den Verein in den Tabellenkeller befördert. Opcin musste mehr improvisieren als es Pep Guardiola jemals tun muss. Dermaßen gestählt, würde er die Bayern-Aufgabe in Turin ganz unaufgeregt angehen. „Wenn es beim Gegner ein Kopfball-Ungeheuer gibt, dann muss ein Großer aus dem Mittelfeld zurückgezogen werden“, erklärt der Großschwarzenloher Übungsleiter. „Wenn es keinen gefährlichen Kopfballspieler in Turin gibt, dann können das auch die kleineren Verteidiger lösen.“

Norbert Lacher

Norbert Lacher spricht von „wir“ wenn er den großen FC Bayern meint, in seinem Fall ist das auch legitim: Der Trainer des Bezirksligisten TV 21 Büchenbach ist langjähriger Fan der Münchner. Die Spiele verfolgt er live vor dem Fernseher, er hat eine Bayern-Schirmmütze und einen Bayern-Schal. Auf weitere Fanartikel verzichtet Lacher: „Aus diesem Alter bin ich raus.“ Auch nächste Woche wird er auf dem Sofa mitfiebern, wenn es gegen Juve geht. Aber dem Genie Pep Guardiola Tipps geben? „Ich bin doch nur ein kleiner Bezirksligatrainer“, findet Lacher. Er lässt sich dann aber doch ein paar Ratschläge entlocken: Die Bayern sollen noch offensiver spielen, als sie es eh schon tun. „Hauptsache den Ball weit vom eigenen Tor weghalten, Juve darf gar nicht in die Nähe des Strafraums kommen.“ Aber bloß Finger weg von der Dreierkette - diese Umstellung wäre sogar Lacher zu offensiv. Falls Guardiola sich doch für diesen Kniff entscheidet, sieht der Bezirksligatrainer Probleme auf die kleingewachsenen Verteidiger zukommen. Bei Standartsituationen würden die Kürzeren wohl den Kürzeren ziehen - aber ganz hinten steht ja immer noch Manuel Neuer. Apropos stehen: Lacher hofft, dass ganz Fußball-Deutschland zu seinen Münchnern stehen wird. Er hat den Wolfsburgern am Mittwochabend auch die Daumen gedrückt. „Man muss kein Mitleid mit den Bayern haben. Aber man sollte ihnen keine Niederlage wünschen, so viel Nationalstolz muss man haben.“

Stefan Roth

Bei aller Liebe seit Kindertagen für den Rekordmeister: Stefan Roth würde Pep Guardiola nicht unterstützen. „Ich brauche meine Innenverteidiger selber“, sagt einer der zwei Spielertrainer des TSV Greding. So kurz vor dem Start der Bezirksliga-Rückrunde kann es wohl kein Coach gebrauchen, wenn sich am Ende noch ein den Münchnern geliehener Spieler in Turin verletzt — auch Roth nicht. Der spielende Trainer ist zuversichtlich, dass es auch ohne Verstärkung aus Greding klappen wird. „Alaba hat seinen Job als Innenverteidiger schon ein paar Mal super gemacht und Kimmich ist auf dieser Position sogar noch stärker, als auf der Sechs.“ Ob Guardiola aber tatsächlich mit diesen beiden Akteuren hinten in der Mitte spielen lässt, ist für Roth fraglich: „Pep ist ein Trainerfuchs. Es wäre nicht das erste Mal, dass er sich etwas völlig Überraschendes einfallen lässt.“

Tomas Di Stasio

Trotz italienischer Wurzeln: Tomas Di Stasio hat es nicht so mit den Mannschaften aus dem Heimatland seines Vaters. Trotzdem wünscht er Juve den Sieg. „Ich bin mit dem Gendefekt eines Clubfans geboren worden“, sagt der Trainer des Bezirksligsten TSG 08 Roth. Aber Di Stasio will mal nicht so sein, deswegen rät er Guardiola das Gleiche wie Massimiliano Allegri: Flucht nach vorne. Auch der Trainer der „Alten Dame“ hat Verletzte zu beklagen, vor allem wird hinten einer fehlen, der mit seiner Körpergröße (1,87 Meter) ein verlässlicher Fels in der Brandung ist. Es handelt sich um Giorgio Chiellini, den 31-jährigen Abwehrhünen alter Schule. „Beide Trainer sollten sich überlegen, ob sie nicht lieber auf Dreierkette umstellen, weil der Gegner hinten die gleichen Probleme hat.“ Aber gewinnen soll bitte Juve.

Aufrufe: 021.2.2016, 07:54 Uhr
Marcel Staudt / Robert Gerner (RHV)Autor