2024-06-04T08:56:08.599Z

FuPa Portrait

Türk Sports Gigi Buffon heißt Eddy Mujala

Der 40-jährige Torhüter des FC Türk Sport kam 1992 aus dem bosnischen Mostar nach Bielefeld und ist inzwischen in der Szene längst eine Institution. Angst kennt er nicht.

Gianluigi „Gigi“ Buffon ist jedem Fußballfan ein Begriff. Der 43-Jährige hütet aktuell das Tor von Parma Calcio in der italienischen Serie B und er denkt gar nicht daran, seine Handschuhe an den Nagel zu hängen. Ein Abbild Buffons steht beim Bielefelder Bezirksligisten FC Türk Sport im Tor. Edin „Eddy“ Mujala. 40 Jahre alt. Und ebenfalls nicht gewillt, seine Handschuhe in den Ruhestand zu schicken – genau wie sein Vorbild Buffon.

Edin – ein Vorname, dessen Bedeutung im Bosnischen für Autorität steht. Wie passend. Denn die strahlt „Eddy“, wie er seit jeher auf den Bielefelder Sportplätzen genannt wird, aus. Eine gute Eigenschaft für einen Torhüter. Mujala ist quasi die Definition des Wortes Autorität. Er ist eine Persönlichkeit mit maßgeblichem Einfluss und hohem fachlichen Ansehen. „Ich habe einfach Spaß am Fußball und ich glaube, ich mache meine Sache ganz ordentlich“, sagt er mit einer fast schüchternen Zurückhaltung.


Edin Mujala hat dem Fußball einiges zu verdanken. 1992, genauer am 11. Mai 1992, herrschte in Mujalas Heimatstadt Mostar im Süden Bosniens Krieg. Sein Vater, der zuvor schon etliche Jahre als Gastarbeiter in Deutschland war, nahm sich seine Familie und floh nach Bielefeld. „Ich konnte kein Wort deutsch, habe aber sofort mit dem Fußballspielen angefangen“, erinnert sich Mujala zurück. Seinerzeit startete er als Elfjähriger in der Jugend des TuS Brake.
Im Tor ist er nur durch einen Zufall gelandet. „Unser eigentlicher Keeper hatte sich verletzt, und dann hab ich es einfach mal ausprobiert“, erklärt Mujala. Das machte ihm so viel Spaß, dass er gar nicht mehr aus dem Kasten heraus wollte. „Ich habe nicht die Gardemaße eines Torwarts“, gibt er zu. Muss er auch nicht haben, denn er macht die fehlende Körpergröße durch andere Eigenschaften vergessen. Mujala ist völlig angstbefreit, wirft sich in jeden Ball, bleibt dabei aber in der Regel fair. „Ich glaube, ich habe zwei, drei Rote Karten gesehen in all den Jahren. Die waren dann aber berechtigt, weil ich die Gegenspieler echt weggeflext habe“, sagt er und grinst. Notbremse nennt man das. Absicht? „Nein, ich war einfach zu spät.“
Seine erste Station im Seniorenfußball war die dritte Garde des SC Bielefeld. „Da bin ich gelandet, weil meine Freunde dort spielten. Eigentlich habe ich überall gespielt, wo meine Kumpels waren“, erläutert Mujala seinen fußballerischen Werdegang. Beim KSC Bosna war er zwei Mal, ebenso beim DSC Arminia und beim VfB Fichte. Und jetzt steht er seit 2020 im Kader des FC Türk Sport.

„Das war Zufall“, sagt Mujala. Er wohnt mit seiner Frau in Friedrichsdorf, der FC hat 2019 seine Wintervorbereitung beim dortigen TuS abgehalten. „Mein langjähriger Freund Ali-Kemal Calisan hat mich angerufen und gefragt, ob ich nicht das Torwarttraining bei Türk Sport übernehmen könnte.“ Zu diesem Zeitpunkt kickte Mujala nur noch zum Spaß in der Kreisliga B bei Bosna, zudem ein bisschen bei den Alten Herren. „Ich fand die Idee gut und habe zugesagt.“ Spielen sollte er eigentlich nicht, nur als Backup für Notfälle zur Verfügung stehen. „Der Notfall kam schneller als vermutet“, sagt Mujala und lacht.

Türk Sports Trainer Özgür Saridogan ist für Edin Mujala ein besonderer Mensch. „Ich glaube, er war der Erste, den ich kennengelernt habe, als ich nach Bielefeld kam. Damals wohnte er auch in Brake. Der Kontakt ist nie abgerissen.“ Und jetzt agieren beide vereint für den FC Türk Sport, für den am Sonntag ein besonderes Spiel ansteht. Das waschechte Derby gegen den SC Hicret. Saridogan bezeichnet es als „Länderspiel.“

„Ich bereite mich auf das Spiel genauso vor wie auf jedes andere auch“, sagt Mujala. Aufstehen, frühstücken, Tasche packen. Alles ganz in Ruhe. So ist der Ablauf. Nervosität? „Nicht mehr mit 40“, sagt er lachend. Er bezeichnet es als positive Angespanntheit. „Druck verspüre ich gar nicht.“ Wie lange Mujala noch aktiv spielen wird, weiß er nicht. „Die Wehwehchen haben tatsächlich zugenommen, aber so lange, wie die Knochen es mitmachen und es in den Händen juckt, werde ich spielen.“ Genau das denkt sich wahrscheinlich auch Buffon. „Wer weiß, vielleicht hängen wir irgendwann gemeinsam die Handschuhe an den Nagel“, sagt Mujala.

Aufrufe: 09.10.2021, 11:00 Uhr
Nicole Bentrup / NWAutor