Entsteht durch die Medienpräsenz ein gewisser Druck – immerhin werdet Ihr auf einem der bekanntesten TV-Sender übertragen?
Watanabe: Man macht sich selber viel Druck. Aber dieser Druck kann hier beim Turnier sehr positiv umgewandelt werden und setzt dadurch zusätzliche Energie frei.
Nun ist der Name Eures Teams Japanische Hochschulauswahl. Wie setzt sich diese „National-Mannschaft“ zusammen?
Watanabe: Im Winter gab es die letzte Runde von unserem japanischen Hochschulturnier, und da wurden die 18 besten Spieler aus den verschiedenen Hochschulen ausgewählt, und diese 18 sind jetzt hier.
Es heißt das Hochschulturnier sei eines der größten Fußballevents in Japan überhaupt. Vor wie vielen Zuschauern findet das Finale statt? Welche Größenordnung darf man sich vorstellen?
Watanabe: Rund 50000 Zuschauer besuchen das Finale des Hochschulturniers.
Das ist ja eine Atmosphäre wie in einem großen ausverkauften Stadion.
Watanabe: Es gibt im Sommer und Frühling zwar Baseballturniere, wo auch sehr viele Leute kommen, aber im Winter gibt es nichts. Deswegen ist die Atmosphäre beim Hochschulturnier so außerordentlich.
Wie ist das japanische Fußballsystem aufgebaut? Spielen alle Jugendspieler für ihre Hochschulen oder gibt es auch außerschulische Vereine?
Watanabe: Die J-League-Teams haben zwar auch Jugendclubs, aber das Turnier hier ist beliebter. Außerdem haben alle Spieler, die zum U19 Cup kommen, sehr gute Chancen, direkt in die Profikader der J-League-Mannschaften zu rücken.
Führt der Weg über den Vereinsfußball eher ins Profigeschäft oder der universitäre?
Watanabe: Es geht beides. Nach dem Gymnasialalter gibt es Spieler, die wie ich direkt in die Universität gehen, und da weiter Fußball spielen. Das hat zum Beispiel auch Yuto Nagatomo von Inter Mailand so gemacht. Und dann gibt es noch andere, wie Shinji Kagawa und Atsuto Uchida, die dann direkt in eine J-League-Mannschaft gehen. Unser Torwart ist bereits J-Leaguer und wird in gut zwei Monaten im Kader eines japanischen Profivereins stehen.
Für das Turnier nehmt Ihr einige Reisestrapazen auf Euch. Wie lange ging der Flug?
Watanabe: 12 Stunden hat das gedauert.
Habt Ihr denn von euren Vorgängern schon etwas über die Stadt erfahren – immerhin ist Düsseldorf deutschlandweit die Stadt mit der größten japanischen Einwohnerzahl?
Watanabe: Nein, von den Vorgängern wurde uns noch nichts über die Stadt berichtet, aber ich bin sehr froh, so viele Landsleute hier getroffen habe. Das hatte ich in dieser Form nicht erwartet. Andererseits tut es mir umso mehr leid, dass wir es verpasst haben, beim Turnier ein besseres Ergebnis zu erzielen.
Welche Eindrücke habt Ihr von der Stadt bereits gewinnen können?
Watanabe: Die Stadttour ist erst für Dienstag geplant. Ich bin gespannt, was mich erwartet.
Wie sehen Deine Ambitionen für die Zukunft aus?
Watanabe: Ich möchte nach meinem Uni-Abschluss wenigstens in die J2, also in die zweite japanische Liga, aber das ist das Mindeste. Denn eigentlich bin ich jetzt hier, um andere Möglichkeiten zu schaffen.
Wenn Du den japanischen und europäischen Fußball vergleichst, welche Unterschiede sind zu erkennen?
Watanabe: In Europa werden Zweikampfstärke und Torgefährlichkeit groß geschrieben. Das sind zwei Aspekte, bei denen ich hier sehr viel dazugelernt habe. Und diese Eigenschaften möchte ich definitiv mit nach Hause tragen.
Welchen Traum verfolgst Du – in welcher Liga möchtest Du einmal Fuß fassen und warum?
Watanabe: Am liebsten würde ich in Deutschland spielen. Deswegen hoffe ich auch, dass ich durch den Turnierauftritt eine Möglichkeit gefunden habe, hier eines Tages tatsächlich spielen zu können. Mein Lieblingsteam ist auch ein Deutsches, nämlich Bayern München.
Gibt es ein Vorbild, zu dem Du aufschaust?
Watanabe: Mein Vorbild ist Mario Götze. Schon bevor die Deutschen den WM-Titel gewonnen haben, war ich vom deutschen Fußball sehr angetan. Eines Tages möchte ich hier selber spielen.
Was macht den deutschen Fußball für Dich so besonders?
Watanabe: Entgegen dem englischen Fußball, wo es hauptsächlich um Schnelligkeit geht, und dem spanischen Fußball, wo sehr schön und ästhetisch gespielt wird, steht in Deutschland der Schwerpunkt vom Fußball an sich im Mittelpunkt. Wie bekommt man den Ball in die gegnerische Hälfte, und das mit großer Zweikampfstärke? Das sind Sachen, die mich sehr interessieren.
Wer ist der beste japanische Fußballer aller Zeiten?
Watanabe: Meiner Meinung nach ist Yoichiro Kakitani vom FC Basel der beste japanische Spieler aller Zeiten. Aber ich lasse mich gerne von mehreren Spielern inspirieren.
Euer Platzierungsspiel ist zwar gerade erst zu Ende gegangen, sind während des Turniers trotzdem schon Scouts an Dich herangetreten?
Watanabe: Es gab zwar noch nichts Konkretes, aber da ich sehr gerne in Europa spielen würde, möchte ich das alles sehr positiv und konkret angehen.
Im Anschluss an das Interview sah man den Japaner in weiteren Gesprächen vertieft, die als Zukunftsgespräche definiert wurden. Wer weiß, vielleicht sieht man Watanabe bald auf der europäischen Bühne zurück. Wenn es nach dem zentralen Mittelfeldspieler ginge, sogar in Deutschland.