2024-05-02T16:12:49.858Z

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Lauffaule und Legenden, Sky-Kommentatoren und Schulfreunde - sie finden sich in der Traumelf wieder.
Lauffaule und Legenden, Sky-Kommentatoren und Schulfreunde - sie finden sich in der Traumelf wieder. – Foto: DPA, AP, Mario Luge, Heidi Sturm

Tommys Traumelf: Zwischen Lauffaulen und Legenden

Von Ballack bis Bohr, von Kirsten bis Gräff: Reichenberger hat viele Fußballer kennengelernt. Aber welcher Trainer ist dem Ex-Profi besonders in Erinnerung geblieben? Nein, es ist nicht Christoph Daum!

Osnabrück / Bad Kreuznach. Er lebt schon lange in Osnabrück, wo er inzwischen bekannt und beliebt ist, wie kein zweiter Fußballer. Aber Thomas Reichenberger ist und bleibt ein "Kind" Bad Kreuznachs. Der inzwischen 46-Jährige war der Jugendabteilung der SG Eintracht entwachsen, spielte schon mit 17 Jahren in der Oberliga. Über Stationen bei Hassia Bingen und dem SV Wehen führte Reichenbergers Weg in den Profifußball. Bayer Leverkusen, Eintracht Frankfurt, Energie Cottbus, Bayer Uerdingen und natürlich VfL Osnabrück lauteten die Stationen. Dazu bestritt der quirlige Angreifer fünf Spiele für die damalige A2-Nationalmannschaft, erzielte beim 4:1 gegen Russland am 28. März 2000 "sein" Tor für Deutschland. Klar, dass Tommy Reichenberger, der regelmäßig zu Gast an der Nahe ist, in seiner Karriere mit vielen großen Akteuren der Region und darüber hinaus auf dem Platz stand. Entsprechend bunt ist die Mischung seiner Traumelf. Er sagt: "Ich kriege gar nicht alle Spieler unter."

Torwart

Oka Nikolov (Eintracht Frankfurt):

Mit dem "ewigen Oka" besuchte Reichenberger auch schon mal den Bad Kreuznacher Jahrmarkt. "Leider haben wir aktuell keinen Kontakt mehr." Oka heißt eigentlich Orhej, so steht es zumindest im Pass. Reichenberger verrät: "Weil noch ein anderer Schüler so hieß, hatte ein Lehrer ihn umgetauft." Die Frankfurter Torwartlegende sei ein "unheimlich angenehmer Zeitgenosse und gehört bei mir ins Tor".

Abwehr

Volker Bohr (Eintracht Kreuznach):

"Volker kenne ich schon ganz lange. Wir waren Nachbarn in Boos und haben immer noch eine große emotionale Verbindung." Auch wenn Bohr stellvertretend für die Kreuznacher Zeit dieser Ära stehe: "Zusammengespielt haben wir erst bei der Hassia. Volker ist sportlich und menschlich ein echter Führungsspieler."

Enes Sovtic (SG Hüffelsheim):

Der Defensivspieler von Alemannia Waldalgesheim und künftige Trainer der SG Hüffelsheim ist Reichenbergers Schwager. Doch nicht nur aufgrund der familiären Verbindung steht Sovtic in der Startformation. "Er identifiziert sich absolut mit Bad Kreuznach und ist ein verlässlicher, zurückhaltender und sehr netter Zeitgenosse. Ich verfolge jetzt gespannt seine Entwicklung in Hüffelsheim."

Oliver Weygandt (SV Wehen):

Der Mittelfeldspieler wechselte im selben Jahr wie Reichenberger nach Wehen, kommt selbst aus Eltville und hat eine Bad Kreuznacherin geheiratet. "Wir hatten eine intensive Zeit als Fußballer. Zu unsere Clique von damals gehören aber auch noch andere. Es gibt immer noch eine Whatsapp-Gruppe, über die wir uns austauschen."

Zé Roberto (Bayer Leverkusen):

Der Spieler für die kreativen Momente. "Es war eine tolle Erfahrung, mit ihm auf dem Platz gestanden zu haben." Reichenberger erinnert sich auch an Zé Robertos hellseherische Fähigkeiten: "Als ich damals als Amateurspieler in Leverkusen anfing, durfte ich bei den Brasilianern am Tisch sitzen. Zé hat gesagt: "Du wirst auch mal Bundesliga spielen. Das hätte ich damals nicht gedacht. Der Brasilianer ist ein überragender Fußballer und feiner Mensch. Freundlich. Einfach genial."

Mittelfeld und Angriff

Kai Rohmann (Eintracht Kreuznach):

Ein Freund aus Kindergartenzeiten. "Wir kickten schon in Winzenheim gemeinsam, später bei den A-Junioren der Eintracht und in der Herrenmannschaft. Tommy Reichenberger sagt knapp: "Einer meiner besten Freunde."

Torsten Mattuschka (Energie Cottbus):

Der Sky-Kommentator ("Der Didi Hamann der Zweiten Liga") ist in Reichenbergers Laufbahn wohl der "mit Abstand positiv Bekloppteste." Die Legende von Union Berlin hat bleibende Spuren hinterlassen: "Mit ihm konntest Du unendlich lachen." Tommy Reichenberger erinnert sich: "Nach Cottbus kam er als 18-Jähriger mit 20 Kilo zu viel und Augenpiercing. Trainer Ede Geyer hatte ihn trotzdem eingeladen, weil er in seinem Heimatverein jede Saison 50 Tore geschossen hat. Plötzlich standen wir gemeinsam auf dem Platz. Noch immer haben wir regelmäßig Kontakt."

Michael Ballack (Bayer Leverkusen):

Ohne Zweifel - einer besten, komplettesten Fußballer, der aber manchmal auch die Trainingszeiten vergessen konnte. "Als Profi hat er aber immer 100 Prozent gegeben. Ein Supertyp. Schade, dass seine Fähigkeiten nie wirklich belohnt wurden.

Florian Sohler (Eintracht Kreuznach):

"Da haben wir wohl alle eine Träne im Auge; er hätte die große Karriere verdient gehabt. Flo wäre heute der 100-prozentige Fußballer. Mega linker Fuß, schnell, mit Ausdauer. Vielleicht konnte er sich auch nicht von Kreuznach trennen. Wir waren viel zusammen unterwegs. Auch heute genügt ein Augenzwinkern, und wir verstehen uns."

Timo Gräff (SG Hüffelsheim):

"Timo macht die Ansagen, lässt die anderen laufen", flachst Reichenberger. Auf dem Platz meistens Gegner, in der Schule aber ganz dicke Freunde. Und das sei über all die Jahre so geblieben. Und wie würde Ex-Profi Reichenberger seinen Spezi aus Hüffelsheim sportlich charakterisieren? Kurze Pause. "Geringes Laufpensum, aber sehr effektiv."

Erik Meijer (Bayer Leverkusen):

Der Sky-Analysator würde sich auf dem Platz für alle "den Hintern aufreißen", sagt Reichenberger. Ein loyaler und starker Teamplayer. "Erik hat in Leverkusen zeitweise bei mir gewohnt, um nicht nach dem Training jedes Mal nach Holland fahren zu müssen. Wir haben ihm eine Couch gekauft und in meine Junggesellenwohnung gestellt. Der Kontakt bis heute geblieben, wir telefonieren regelmäßig und das wird auch noch lange so bleiben. Erik ist privat noch lockerer als im Fernsehen, bringt einen immer zum Lächeln. Er weiß, wo er herkommt."

Bank

Alex Schur (Eintracht Frankfurt):

"Er ist so ein bisschen die verkannte Legende der Frankfurter Eintracht. Vergleichsweise unauffällig in seinen über 300 Bundesligaspielen. Aber ein wichtiger Arbeiter, manchmal ein wenig zerstreut." Zerstreut? Reichenberger erzählt eine Geschichte, über die man in Frankfurt tuschelt: "Alex Schur war vor dem Spiel immer extrem konzentriert - im Tunnel. Beim Einlaufen ins Stadion soll ihn Jürgen Klopp, damals bei Rot-Weiß Frankfurt, gefragt haben: ,Sag' mal, Alex, spielst du nicht?' Schur hätte dies bestätigt, worauf Kloppo ihn fragte, warum er dann noch seine Badeschlappen trage."

Ulf Kirsten (Bayer Leverkusen):

"Ein Jahrhundertstürmer, der aber leider nicht an Timo Gräff vorbeikommt", frotzelt Thomas Reichenberger. Dennoch: "Ich war als Kind großer Leverkusen-Fan, Kirsten war mein Vorbild. Konnte mir damals nicht vorstellen, einmal mit ihm zusammenzuspielen. Inzwischen verbindet uns sogar eine Freundschaft. Ulf ist ein sensationeller Stürmer, fußballerisch deutlich besser, als es manchmal den Anschein hatte.

Patrick Gerling (Eintracht Kreuznach):

"Wir haben die komplette Jugend zusammengespielt bis zur ersten Mannschaft. Paddy wechselte dann nach Hüffelsheim, ist ein sehr guter Rechtsaußen: schnell, ab und zu mit Torriecher. Und immer fair, ehrlich und ganz gerade. Fußball war immer unser Leben, selbst bei Gerlings im Garten haben wir gekickt."

Bernd Schneider (Bayer Leverkusen):

"Mit ihm zusammen habe ich leider nur ein halbes Jahr gespielt, weil er damals nach Frankfurt wechselte. Trotzdem muss er in meinen Kader. Auch er wurde oft unterschätzt. Bernd ist ein gechillter Mensch und ein genialer Fußballer, lebt jetzt zurückgezogen in Jena. Bodenständig und seriös.

Emerson (Bayer Leverkusen):

"Er kam ein Jahr vor Ze Roberto nach Leverkusen, war damals relativ unbekannt. Dann machte er aber sogar Nico Kovac den Platz im defensiven Mittelfeld abspenstig, hatte immer auch den Blick nach vorne. Emerson hatte aber ein körperliches Problem - ich glaube, er hatte ein X-Bein und ein O-Bein. Das hat eine längere Karriere verhindert, dennoch spielte er auch bei AS Rom, Real Madrid, AC Mailand oder in der brasilianischen Nationalmannschaft."

Trainer

Markus Rehbein (Eintracht Kreuznach):

Für ihn war die Eintracht-Jugendmannschaft mit Reichenberger die erste Trainer-Station. "Er hat aus dem talentierten Haufen eine gute Mannschaft geformt, hat immer den richtigen Weg zwischen Spaß und Ernst gewählt. Er hat uns gezeigt, dass wir das Zeug haben, erfolgreich zu sein. Lohn war damals der zweite Platz in der A-Jugend-Südwestliga hinter dem 1. FC Kaiserslautern. Rehbeins Lieblingsspruch: "Den Gegner durch ständiges Toreschießen zermürben."

Felix Magath (Eintracht Frankfurt):

"Seine Einheiten waren physisch und psychisch schwer zu ertragen, aber prägend. Wir haben gemerkt: Es geht doch. Felix Magath hat uns gezeigt, wie man Grenzen erreicht und überschreitet. Menschlich habe ich unheimlichen Respekt vor ihm, weil er Menschen nach kurzer Zeit lesen kann. Er ist ein harter Hund, geht aber nur nach dem Prinzip Leistung. Wenn die stimmt, hätte man sogar in der Pause eine Zigarette rauchen können."

Aufrufe: 04.6.2021, 18:00 Uhr
Mario LugeAutor