2024-05-02T16:12:49.858Z

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– Foto: Charly Becherer

"Stonie" Wagner: Der Architekt des Steinacher Höhenflugs

Trainer, die man kennt (39): Der spätere Bogener Bayernliga-Coach führte den ASV Steinach von der Kreisklasse bis in die Bezirksoberliga +++ Heute fungiert er als Scout bei Jahn Regensburg

Die Corona-Pandemie hat den Spielbetrieb im Amateurfußball aus den Fugen gehoben. FuPa nutzt die spielfreie Zeit, um einen Blick in die Vergangenheit zu werfen. Nach der erfolgreichen Portrait-Serie über ehemalige Spielergrößen des niederbayerischen Fußballs nehmen wir nun bekannte Übungsleiter unter die Lupe. Im 38. Teil: Andreas Wagner (43), der mit dem ASV Steinach innerhalb von drei Jahren von der Kreisklasse in die Bezirksoberliga marschierte und später den TSV Bogen zum größten Erfolg der Vereinsgeschichte führte.

Schönste Saison Deiner Trainer-Laufbahn?
Hier muss man differenzieren. Einerseits gehört dazu sicherlich die Saison 2009/10 mit der Bezirksliga-Meisterschaft mit dem ASV Steinach. Der Aufstieg in die damalige Bezirksoberliga war unser dritter in Folge und damit hat mir die Mannschaft einen Hammerabschied bereitet. Vor allem aber haben wir als Aufsteiger diese Meisterschaft letztendlich total souverän und verdient vor so namhaften Teams wie dem TSV Bogen oder der SpVgg Plattling errungen. Und das mit einer Mannschaft, die mit wenigen Ausnahmen ausschließlich aus Eigengewächsen bestand und in der das Thema Geld noch keine Rolle spielte. Andererseits kann ich mit etwas Abstand auch meine zweite Bayernliga-Saison mit dem TSV Bogen im Jahr 2015/16 als sehr erfolgreich einstufen. Nach Platz vier im Jahr zuvor konnten wir die Liga zwar nur über die Relegation erhalten, aber unter welchen Begleitumständen wir das erreicht haben, nötigt mir im Nachhinein unglaublich viel Respekt ab. Wir hatten über mehrere Monate eine zweistellige Anzahl an verletzten Spielern und über Wochen praktisch keine Torhüter zur Verfügung, sodass in zwei Spielen unser Torwarttrainer Dietmar Petzenhauser zwischen die Pfosten musste und in einem Spiel mit Udo Tolksdorf sogar ein Feldspieler. Vor allem hatten wir aber zu Beginn der Saison mit Tim Edsperger einen tragischen Todesfall zu beklagen. Wie wir es trotz aller dieser Widrigkeiten am Ende trotzdem noch geschafft haben, die Liga zu halten, erfüllt mich heute mit sehr viel Freude.


Welcher Spieler, hat Dich in Deiner Zeit als Übungsleiter besonders beeindruckt?
Torwart Thomas Seidl, der damals meinem Lockruf zum ASV Steinach gefolgt ist. Ich musste ihm dort aber in einem Relegationsspiel vor 2000 Zuschauern sehr weh tun. Am Ende der Saison 2008/09 spielten wir um den Aufstieg in die Bezirksliga gegen den TSV Straubing. In der 120. Minute habe ich ihn kurz vorm Elfmeterschießen ausgewechselt, um "Elfmeterkiller" Uli Horn einzuwechseln. Trotzdem hat er mich später auch zum TSV Bogen begleitet, obwohl er im Grunde wusste, dass er über den Status der Nummer 2 hinter Waldemar Trozenko nicht hinauskam. Es war kurios und schön zugleich, dass es in der oben bereits beschriebenen schwierigen Saison 2015/16 nicht zuletzt er war, der dort dann zum Helden avancierte und ganz entscheidend zum Klassenerhalt beitrug. Ein unglaublich charakterstarker Mensch, der heute sehr erfolgreich als Spielertrainer bei meinem Heimatverein SC Rain arbeitet.

Gefeierter Held: den ASV Steinach führte Wagner vor zehn Jahren als Bezirksliga-Meister in die damalige Bezirksoberliga.
Gefeierter Held: den ASV Steinach führte Wagner vor zehn Jahren als Bezirksliga-Meister in die damalige Bezirksoberliga. – Foto: Michael Wagner


Bei welchem Verein hattest Du Deine schönste Zeit?
Wenn man das Glück hat, mit einem Verein dreimal hintereinander aufzusteigen, muss in diesem Zusammenhang natürlich als Erstes der ASV Steinach genannt werden. Prägend war und ist aber für mich auch meine Station bei Jahn Regensburg. Dort war ich schon in der Jugend als Spieler aktiv, dann vier Jahre als Trainer der U19 und nun bin ich bereits schon wieder das dritte Jahr als Scout dort.


Mit welchem Abteilungsleiter/Manager hast Du besonders gerne zusammengearbeitet?
In großen Teilen meiner damaligen Regensburger Trainerzeit bzw. in Bogen gab es bei mir das "englische Modell", ich war dort also nicht nur Trainer, sondern auch für die Kaderzusammensetzung verantwortlich. Insofern habe ich eigentlich nur mit einem Abteilungsleiter zusammengearbeitet, der aber so und so von mir als Nummer eins genannt worden wäre: Sepp Kammermeier. Manche mögen ihn auf dem Fußballplatz vielleicht als Diva gesehen haben, für mich war er als Manager aber einsame Spitze, mit einem wahnsinnigen Fußballsachverstand.

Sepp Kammermeier bildete gemeinsam mit Andreas Wagner ein kongeniales Duo beim ASV Steinach.
Sepp Kammermeier bildete gemeinsam mit Andreas Wagner ein kongeniales Duo beim ASV Steinach. – Foto: Michael Wagner


Welcher Trainer hat Dich in Deiner aktiven Zeit besonders geprägt?
Hannes Schmid hatte ich sowohl beim TSV Straubing als auch beim SC Rain als Trainer. Er machte einen tollen Job, war gerecht, hatte Ahnung und besaß wie alle meine anderen Trainer auch eine große menschliche Komponente.


Hast Du irgendetwas in Deiner Laufbahn bereut?
Nein. Manche interessante Angebote mag ich sicher ausgeschlagen haben, aber der Gedanke "was wäre wenn" ist mir bis jetzt nicht begegnet. Ich habe meine Stationen alle selbstbestimmt begonnen und beendet, diesbezüglich bin ich mit mir im Reinen.


Gibt es ein Spiel, das Du nie vergessen wirst?
Das oben bereits kurz angedeutete Relegationsspiel zwischen dem ASV Steinach und dem TSV Straubing zur Bezirksliga im Jahr 2008/09. Große Zuschauerkulisse, Unwetter, Hubschraubereinsatz, 2:2 nach Verlängerung, Torwartwechsel zum Elfmeterschießen, 18 notwendige Elfmeter bis zur Entscheidung - anschließend waren die geliebten Haare weg. (schmunzelt) Dieses Spiel werde ich nie vergessen. Aber auch das "Traumspiel" 2015 gegen Bayern München, bei dem ich als Trainer für den Fanclub "Red Power" arbeiten durfte und das wir gegen Pep Guardiolas Team vor knapp 12.000 Zuschauern in Deggendorf bestritten, wird mir immer in positiver Erinnerung bleiben.

Handshake mit dem vielleicht weltbesten Trainer der Welt: Andreas Wagner mit Pep Guardiola beim "Traumspiel" 2015 in Deggendorf.
Handshake mit dem vielleicht weltbesten Trainer der Welt: Andreas Wagner mit Pep Guardiola beim "Traumspiel" 2015 in Deggendorf.


Früher war im Fußball alles besser - wie denkst Du über diese heutzutage gerne aufgestellte Behauptung?
Ob alles besser war, weiß ich nicht, aber vieles. Vor allem war im Schnitt die individuelle Klasse der Fußballer besser. Dass sie früher taktisch nicht so gut ausgebildet waren, dafür konnten sie nichts. Aber ich traue auch der Generation der vor 1975 geborenen Fußballer zu, dass sie mit Viererkette hätten spielen und über eine Koordinationsleiter springen können. Es gab einfach viel mehr Fußballer als heute und deshalb auch vor allem technisch viele bessere Kicker. Heutzutage ist die Auswahl einfach nicht mehr so groß und deshalb musste im Amateurbereich automatisch das Niveau sinken. Dafür kann die jüngere Generation nichts, aber meiner Meinung nach ist es einfach so. Vom im Wirtshaus sitzen nach dem Spiel mag ich gar nicht reden, das gibt’s ja nur noch bei handverlesenen Vereinen.


Welche Art der Mannschaftsführung favorisiert?
Eine gerechte, das ist aus meiner Sicht das A und O. Wenn dich die Spieler dann auch noch mögen, darf man ruhig mal einen Fehler machen.


Wie kann Dich ein Spieler auf die Palme bringen?

Das ist eigentlich sehr schwer gewesen. Aber wenn Spieler nach dreiwöchiger Verletzungspause im Abschlusstraining 15 Minuten mitspielen konnten und anschließend der Meinung waren, dass sie am Wochenende von Beginn an spielen müssen, dann hat mich diese Rücksichtslosigkeit bzw. dieser Egoismus gegenüber den eigenen Mitspielern schon geärgert. Und wenn solche Spieler dann von mir als pädagogische Maßnahme bzw. zur Selbstreflexion am besagten Spieltag mal von der Halbzeit bis zum Schlusspfiff zwischen linken Torpfosten und Eckfahne laufen mussten und ihr Verhalten anschließend immer noch nicht einsahen, wusste ich, dass ich so einen Spielertypen nicht in meiner Mannschaft haben möchte.


Gibt es im Profibereich einen Trainer, den Du richtig gut findest?
Nein, ich hatte weder als Spieler noch als Trainer irgendwelche Vorbilder. Alle Trainer - egal ob im Amateur- oder Profibereich - kochen auch nur mit Wasser.


Größte Enttäuschung Deiner Karriere?
Echte Enttäuschungen musste ich in meiner Trainerkarriere bis dato Gott sei Dank noch nicht erleben.


Was hältst Du von dem Trend, dass immer mehr Vereine auf sehr junge Spielertrainer setzen?
Ich weiß, dass sich viele Vereine selbst in der Bayern- oder Landesliga wahnsinnig schwer tun, einen Trainer zu finden. Wie schwer muss es dann erst für Vereine in der A- oder Kreisklasse sein?! Insofern ist es doch eine logische Konsequenz, dass Vereine auf aktive Spieler zugehen. Manchmal, weil sie sich dadurch einen individuellen oder qualitativen Mehrwert fürs Team erhoffen. Manchmal, weil man halt einfach auch keinen anderen findet.


Zur Person:
Der aus dem SC Rain hervorgegangene Andreas Wagner startete seine Trainerlaufbahn mit 29 Jahren als spielender Chefanweiser beim ASV Steinach, mit dem er in nur drei Jahren den sensationellen Durchmarsch von der Kreisklasse bis in die Bezirksoberliga realisierte. Nach der Bezirksliga-Meisterschaft und dem damit verbundenen Aufstieg in die BOL verabschiedete sich der frühere Landesligakicker des TSV Straubing auf dem Höhepunkt seines Schaffens und heuerte 2010 als Nachwuchscoach beim SSV Jahn Regensburg an. Bei den Oberpfälzern, wo er selbst schon in der Jugend aktiv war, war er bis 2014 für die U19 in der Bayernliga verantwortlich.

Anschließend kehrte Wagner auf die niederbayerische Fußballbühne zurück und übernahm den Bayernligisten TSV Bogen, den er mit Tabellenplatz vier zum größten Erfolg der Vereinsgeschichte führte. Nach dem erfolgreichen, aber unheimlich intensiven Klassenerhalt über die Relegation in der zweiten Spielzeit fungierte er bei den Rautenstädtern noch ein halbes Jahr als Manager, ehe er seinen Posten zur Verfügung stellte. Seit nunmehr drei Jahren arbeitet Andreas Wagner nun schon als Scout beim SSV Jahn Regensburg.


Beim ASV Steinach hatte Wagner als Spielertrainer seine erste Station.
Beim ASV Steinach hatte Wagner als Spielertrainer seine erste Station. – Foto: Andreas Santner

Aufrufe: 021.7.2020, 14:00 Uhr
Tobias WittenzellnerAutor