2024-05-28T12:27:18.299Z

Interview
Viel Grund zum Lachen hatte Stefan Dykiert in seinen insgesamt zwölf Trainerjahren beim TV Schierling.
Viel Grund zum Lachen hatte Stefan Dykiert in seinen insgesamt zwölf Trainerjahren beim TV Schierling. – Foto: Michael Wagner

Stefan Dykiert: Ausbilder und Entwickler mit Hang zum Frustfaktor

Trainer, die man kennt (48): Der 46-Jährige erlebte in insgesamt zwölf Jahren beim TV Schierling viele Höhen und Tiefen

Die Corona-Pandemie hat den Spielbetrieb im Amateurfußball aus den Fugen gehoben. FuPa nutzt die spielfreie Zeit, um einen Blick in die Vergangenheit zu werfen. Nach der erfolgreichen Portrait-Serie über ehemalige Spielergrößen des niederbayerischen Fußballs nehmen wir nun bekannte Übungsleiter unter die Lupe. Im 48. Teil blickt Stefan Dykiert (46) auf seine bereits über 25-jährige Trainertätigkeit zurück und bewertet in teils bemerkenswerten Aussagen die Entwicklung des Amateurfußballs in den letzten Jahren.

Schönste Saison Deiner Trainer-Laufbahn?
Nach gut 27 Trainerjahren ist es gar nicht so einfach, dass man sich noch an alles erinnert. Hängen geblieben ist aber sicher die Saison 2007/08, als wir mit Schierling in der Bezirksoberliga zur Winterpause mit 14 Punkten abgeschlagen im Tabellenkeller standen. Nach einer überragenden Rückrunde, einem 120-minütigen Entscheidungsspiel gegen Ergolding (1:2) und einem Relegationsfight ebenfalls in der Verlängerung gegen den ETSV 09 Landshut (4:2) konnten wir am Ende doch noch die Klasse halten. Ich glaube, dass das die Burschen brutal zusammengeschweißt und ihnen für die Zukunft einen richtigen Push gegeben hat. Im Jahr darauf konnten sie dann die Meisterschaft feiern.
Außergewöhnlich war auch die Saison 2009/2010, als ich innerhalb zweier Wochen mit der Schierlinger A-Jugend sowie den B- und C-Mädels des ETSV Hainsbach Meister werden durfte. Drei Mannschaften, dazu noch DFB-Stützpunkt, ein kleines Kind und Hausbau - im Rückblick habe ich keine Ahnung, wie ich das damals zeitlich geschafft habe.


Welcher Spieler hat Dich in Deiner Zeit als Übungsleiter besonders beeindruckt?
Ich schätze, dass ich in meiner Trainerlaufbahn im Nachwuchs und bei den Senioren, am DFB-Stützpunkt und in diversen Auswahlteams an die 1000 Spielerinnen und Spieler coachen durfte. Von der D-Juniorin bis zum späteren Nationalspieler war alles dabei. Daher kann ich an dieser Stelle nur ein paar Namen nennen, die stellvertretend für die Typen stehen sollen, die mich im Laufe der Jahre besonders beeindruckt haben.
Angefangen hat alles mit meinem Freund „Max“, der in meiner ersten Trainersaison den Libero gab. Für ihn kam leider die neue Abstoßregel rund 30 Jahre zu spät, ich kann mich an unzählige Kraftakte bei der Überwindung der 16er-Linie erinnern. (lacht) Damals kam der Spaß mit den Jungs einfach nie zu kurz und so bin ich einfach beim Trainerjob geblieben. Stefan Offenbeck ist sinnbildlich für den Spielertyp, der mir persönlich immer schon am meisten imponiert hat. Einer, der sich mit einer wahnsinnigen Einstellung alles hart erarbeitet hat. Dominik Treitinger war wohl der Spieler, der auf dem Platz am ähnlichsten zu meinen Vorstellungen gedacht hat und es dann auch (oft) umsetzen konnte und mit seiner Schlitzohrigkeit meist das Maximale aus einer Situation rausholte. Matthias "Giggs" Schindlbeck und Christian "Gange" Brandl faszinieren mich noch heute. Sensationell, wie sie auch nach all den Jahren noch immer brennen, Spiele entscheiden und ihre Teams mitreißen können. Tomas Zapotocny in Bogen war außergewöhnlich, denn ich hätte nie gedacht, wie bodenständig ein Spieler mit so einer Vita sein kann. Er ist auf jeden Fall auch ein Vorbild für die junge Generation.
In meiner Zeit als Auswahltrainer waren Leute wie Ivo Ilicevic, Wolfgang Hesl oder Markus Karl dabei, die tatsächlich mit viel Willen über den zweiten Bildungsweg noch den Weg in den Profifußball geschafft haben. Besonders erinnern kann ich mich auch noch an einen gewissen Sebastian Maier, der sein Team schon als E-Jugendlicher mit einer Selbstverständlichkeit und einem Spielverständnis organisiert hat, dass ich sofort dachte, der muss Profi werden. Mir war natürlich schon klar, dass man das bei einem Neunjährigen eigentlich nie und nimmer sagen darf, aber wir haben ihn dann vorab in den Stützpunkt aufgenommen und es freut mich besonders, dass dieser kleine Junge letztlich tatsächlich den langen Weg zu den Profis geschafft hat. Aber noch einmal: in den all den Jahren waren so viele tolle Kicker dabei, dass ich mich jetzt schon mies fühle, etliche Namen hier nicht auflisten zu können.


Bei welchem Verein hattest Du Deine schönste Zeit?
Natürlich wird Schierling hier immer einen besonderen Platz einnehmen, mit allem was wir da erleben durften. Ich konnte mich zudem mit der Philosophie als Ausbildungsverein einfach total identifizieren. Aber auch die Mädels in Hainsbach haben mir mit ihrem Enthusiasmus und ihrem Teamgeist unglaublich viel Freude gemacht. In Ergoldsbach und Auerbach bin ich nach jedem Training gut gelaunt nach Hause gekommen (sagt meine Frau). Die Landesliga Südost mit Bogen hatte fußballerisch vielleicht das beste Niveau. Insgesamt hat aber jede Station schöne Erlebnisse bereitgehalten.

Mit welchem Abteilungsleiter/Manager hast Du besonders gerne zusammengearbeitet?
Martin Huber kann ich nur ein riesengroßes Dankeschön aussprechen. Er hat jungen Trainern und Spielern eine besondere Chance gegeben und ist immer hinter ihnen gestanden. Es hat uns beide unheimlich angespornt, mit wenigen Mitteln über Jahre auf hohem Niveau mitspielen zu können. Das hat richtig Spaß gemacht.

Mit Martin Huber (links) an seiner Seite hat Dykiert den TV Schierling zu einer hervorragenden Adresse geformt.
Mit Martin Huber (links) an seiner Seite hat Dykiert den TV Schierling zu einer hervorragenden Adresse geformt. – Foto: Eberhard Viehauser


Welcher Trainer hat Dich in Deiner aktiven Zeit besonders geprägt?
Aktiv war ich aufgrund einiger Verletzungen viel zu kurz. In der Jugend haben mir Mike Karl und Lugge Reichl eine Menge über Zusammenhalt und Spaß am Fußball vermitteln können. An dieser Stelle vielen Dank für die wunderschöne Zeit.

Hast Du irgendetwas in Deiner Laufbahn bereut?
Zweifellos wäre "weniger oft mehr" gewesen. Ich hätte definitiv Pausen einlegen und mal richtig Abstand vom Fußball gewinnen sollen. So habe ich einfach nie richtig loslassen können und dabei viel Energie verbraucht. "Dumm" war auch, dass mich schwierige Aufgaben immer am meisten gereizt haben, was halt auch einen höheren Frustfaktor mit sich brachte, als wenn man öfter vorne mitspielt. Nur gut, dass mich da meine drei Damen daheim immer so unterstützt haben.
Bei dem ein oder anderen Verein hätte ich definitiv länger bleiben sollen, weil wir uns dort einfach sauwohl gefühlt haben - aber im Nachhinein ist man ja bekanntlich immer schlauer. Oft muss man auch einfach zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle sein, wofür manche zugegebenermaßen aber auch ein besseres Gespür haben. Die Arbeit als Co-Trainer im höherklassigen Bereich hätte mich gereizt und wohl am besten zu mir gepasst. Da hätte ich mich noch stärker auf die mir so wichtigen Aufgaben auf dem Trainingsplatz fokussieren können.

Gibt es ein Spiel, das Du nie vergessen wirst?
Etliche, allen voran aber das eingangs schon angesprochene, wichtige und spannende Relegationsspiel mit dem TV Schierling gegen den ETSV 09 Landshut in Rottenburg. Es war ein richtiger Fight, den wir mit 4:2 für uns entscheiden konnten und somit ein toller Abschied damals in Schierling. Aber irgendwie bleiben einem bittere Niederlagen oder Situationen, in denen man (vermeintlich) unfair behandelt wurde, meist klarer in Erinnerung.



Früher war im Fußball alles besser - wie denkst Du über diese heutzutage gerne aufgestellte Behauptung?
Der Fußball ist wie er ist. Meistens gab es sogar Änderungen, die sich bewährt haben (z. B. Rückpassregel), manche Dinge wie Handspiel oder Videobeweis werden hingegen immer Aufreger bleiben. Was sich gegenüber meinen Anfangsjahren in den 90ern definitiv geändert hat, ist die Tatsache, dass man sich damals einfach ein paar Mal pro Woche zum Training und Spiel traf, um überhaupt mit seinen Kumpels in Kontakt zu kommen und dabei was für's Wochenende auszumachen oder im Vereinsheim zu karteln. Heute bedeutet eine Spielerversammlung für manche schon fast einen harten Handyentzug. Eine Minute nach der Besprechung sind dann alle weg bzw. die Augen wieder aufs Mobilgerät gerichtet.
Zudem meint mittlerweile fast jeder Außenstehende, mitreden und Kritik anbringen zu können. Sogenannte "Hammermeldungen" gibt's bis runter in die A-Klasse und manche Verantwortliche meinen dann analog zur Bundesliga handeln zu müssen. An viele dieser Dinge passt man sich als Trainer im Laufe der Jahre an, ob das dann letztlich gut ist und man ausreichend authentisch bleibt, darf zumindest mit einem kleinen Fragezeichen versehen werden. Aber schon heute sind ja bekanntlich die guten alten Zeiten von morgen.

Welche Art der Mannschaftsführung favorisiert Du bzw. hast Du favorisiert?
Ich habe meine Aufgabe immer als Ausbilder und Entwickler gesehen, insofern war mir am wichtigsten, dass die Spieler zuverlässig ins Training kommen und da konzentriert, aber mit Freude miteinander arbeiten.

Wie hat Dich ein Spieler auf die Palme bringen können?
Ich habe es immer schade gefunden, wenn Spieler mit viel Talent die notwendige Einstellung vermissen haben lassen. Ich fand es immer irgendwie "unfair" gegenüber den weniger talentierten Spielern.

Seine letzte Station hatte Dykiert bis August 2019 beim Landesligisten TSV Bogen.
Seine letzte Station hatte Dykiert bis August 2019 beim Landesligisten TSV Bogen. – Foto: Sven Leifer


Gibt es im Profibereich einen Trainer, den Du richtig gut findest?
Logisch, die Freiburger Trainerschule mit Volker Finke und Christian Streich war immer schon meine Welt. Nicht umsonst bin ich Mitglied beim SCF. (schmunzelt) Allgemein habe ich ein Faible für Trainer, die mit wenigen Mitteln bei "grauen Mäusen" wie Sandhausen, Heidenheim oder Bielefeld oftmals Unglaubliches leisten. Suspekt sind mir hingegen dauergrinsende Klinsmänner, die immer alles schönreden.

Größte Enttäuschung Deiner Karriere?
An der Relegationsniederlage mit Schierling gegen Kareth-Lappersdorf um den Landesliga-Aufstieg im Jahr 2006 habe ich lange knabbern müssen. Nach 19 Spielen in Folge ohne Niederlage konnten ich und mein blutjunges Team dann ausgerechnet an diesem Tag vor über 1000 Zuschauern die Leistung nicht auf den Platz bringen. Trotzdem war das damals eine überragende Truppe. Zwiespältig ist mein Rückblick auf die Saison 2016/17 ebenfalls mit dem TVS, als wir nach dem Abstieg aus der Landesliga und 16 Abgängen ein Himmelfahrtskommando starten mussten. Quasi mit der A-Jugend und trotz enormer Verletzungsprobleme schafften die Jungs sensationelle 33 Punkte, mussten aber dennoch aufgrund des schlechteren direkten Vergleichs mit Plattling in die Relegation. Dort waren wir dann gegen Niederaichbach einfach viel zu "grün". Ein sang- und klangloser Abstieg wäre wahrscheinlich normal gewesen, so aber überwog am Ende die Enttäuschung.

Was hältst Du von dem Trend, dass immer mehr Vereine auf sehr junge Spielertrainer setzen?
Viele Vereine sind mittlerweile wohl davon einfach auch ein Stück weit abhängig. Mittel- und langfristig muss sich dann aber neben den fußballerischen Fähigkeiten irgendwann auch die Qualität als Übungsleiter zeigen. Ich bin mir aber nicht sicher, ob es in der heutigen Zeit überhaupt noch genügend "Nicht-Spielertrainer" gäbe.

Zur Person:
Stefan Dykiert übernahm bereits 1993 als 19-jähriger Jungspund Verantwortung als Nachwuchstrainer bei der A-Jugend seines Heimatvereins SG Hainsbach/Sallach und coachte danach unter anderem auch die U19 der DJK Furth sowie der SpVgg Landshut. Insgesamt zwölf Jahre lang fungierte er als Übungsleiter am DFB-Stützpunkt Abensberg/Schierling sowie bei vielen Regional- und Bayernauswahlteams und machte sich dabei vor allem im Nachwuchsbereich einen guten Namen. Unter anderem war er in der Saison 2001/02 auch als U19-Coach bei der SpVgg Ruhmannsfelden tätig. Quasi nebenbei war Dykiert beim ETSV Hainsbach auch für den Mädchen-Nachwuchs zuständig, wo er mit der U17 den Aufstieg in die Landesliga schaffte.

Im Seniorenbereich wurde der B-Lizenz-Inhaber nach einem Engagement beim Kreisligisten TSV Bayerbach im Jahr 2006 mit dem TV Schierling, bei dem er zuvor schon die U19 und die zweite Mannschaft betreute, Vizemeister in der Bezirksoberliga, verpasste jedoch in der Relegation den Sprung in die Landesliga. Nach dem erfolgreichen, aber extrem kräftezehrenden Klassenerhalt 2008 verabschiedete sich der in Aiterhofen lebende Beamte für eine Spielzeit zum damaligen Bezirksligisten SV Auerbach, ehe er zum frisch gebackenen BOL-Aufsteiger ETSV Hainsbach, bei dem er zu dieser Zeit auch als Jugendleiter fungierte, wechselte. Im August 2010 kehrte er dann zum TV Schierling zurück, mit dem er 2012 die Qualifikation für die Landesliga schaffte.

Nach seinem überraschenden Rücktritt im Oktober 2013 sowie zwei Kurzzeit-Engagements bei der U15 der SpVgg GW Deggendorf und beim SV Perkam heuerte der zweifache Familienvater beim Kreisligisten TSV Ergoldsbach an, ehe er 2016 noch einmal für zwei Spielzeiten zum TV Schierling zurückkehrte und somit das Dutzend voll machte - insgesamt war Dykiert bislang zwölf Spielzeiten (von der A-Jugend bis zur Ersten) beim TVS aktiv. Zuletzt stand der 46-Jährige in Diensten des Landesligisten TSV Bogen, bei dem er aber im September 2019 das Handtuch warf. Seit Anfang diesen Jahres fungiert Stefan Dykiert, der zudem seit 25 Jahren als aktiver Schiedsrichter unterwegs ist, beim Bayerischen Fußball-Verband als Jugendspielleiter im Fußballkreis West.

Aufrufe: 04.8.2020, 13:00 Uhr
Tobias WittenzellnerAutor