2024-05-02T16:12:49.858Z

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Foto: SG Rüsselsheim
Foto: SG Rüsselsheim

SG-Sportchef Ertan Tarakci: "Jetzt muss es einfach passen"

Fußball-Verbandsligist SG Rüsselsheim sucht schon wieder einen Trainer +++ Sportchef Ertan Tarakci erklärt die Gründe

Rüsselsheim. Mit Interimscoach Ertan Tarakci (48) wirkt in dieser Saison bereits der vierte Trainer bei Fußball-Verbandsligist SG Rüsselsheim, der am Sonntag (15.30 Uhr) gegen Rot-Weiß Darmstadt den zweiten Saisonsieg einfahren will. Der Sportliche Leiter, der momentan einen Nachfolger sucht, erklärt im Interview die Hintergründe zu den vielen Wechseln und wirft einen Blick voraus.

Herr Tarakci, die Aufstiegstrainer von 2020, Hakan Karakoc und Dogan Erdogan, sind während der Saisonvorbereitung gegangen, dann kam Ex-Profi Mo Idrissou für vier Wochen, ehe Ex-Trainer Ecevit Balaban zurückkehrte. Jetzt ist er wieder weg und Sie Interimscoach: Was ist los bei der SG?

Karakoc und Erdogan haben gemerkt, dass sie die Mannschaft nicht mehr erreichen. Das war überraschend für uns. Dann haben wir uns für Mo Idrissou entschieden und klar kommuniziert, dass wir uns nach vier Wochen nochmal zusammensetzen, weil er als Trainer noch keine große Erfahrung hat. Der Verein wollte ihn näher kennenlernen und er sollte die Mannschaft kennenlernen. Er hat es sehr gut gemacht und wir waren mit ihm zufrieden, aber das ganze Trainerpaket – mit seinem Assistenzcoach – war dann insgesamt zu teuer für uns und nicht zu stemmen.

War die Verpflichtung von Ex-Profi Idrissou keine Marketingaktion, um Aufmerksamkeit zu erzeugen?

Nein, es ist nur am Finanziellen gescheitert. Ich kenne Mo schon länger und habe ihn als Spieler im Vorjahr nach Griesheim geholt. Jetzt war die Idee: Er kann mit seiner Klasse und Erfahrung eine Trainerkarriere aufbauen. Wir haben sofort gemerkt, dass die Mannschaft unter ihm ruhig und sachlich gespielt hat.

Und dann kam Balaban zurück...

Ja, er stand immer noch im Kontakt zum Verein, hatte mich auch als Sportlichen Leiter empfohlen und bot an, ohne Aufwandsentschädigung zu trainieren. Aber wir haben dann schnell gemerkt, dass es nicht passt und harmoniert, und dann gemeinsam einen Schlussstrich gezogen. Denn wir stehen vor einer schwierigen Saison und müssen angesichts von sechs Absteigern aus der Oberliga unter die besten Zehn kommen, um mit dem Abstieg nichts zu tun zu haben.

Ein schwieriges Unterfangen?

Ja, wir konnten uns als Aufsteiger in der abgebrochenen Saison kaum an das neue Niveau gewöhnen. Die Sponsoren sind nicht mehr so dahinter wie vor der Pandemie, weil sie selbst nicht mehr wissen, wo es lang geht, gerade im Gastronomiebereich. Es ist in den letzten Wochen nicht alles optimal gelaufen, aber jetzt habe ich für zwei Spiele das Coaching übernommen und will noch zwei Spiele auf der Bank bleiben. Wir sind in Gesprächen mit Trainern, wollen uns aber nicht unter Druck setzen, denn jetzt muss es einfach passen.

Mit Ihnen als Interimscoach gelang vor einer Woche der erste Saisonsieg in Oberrad und am Mittwoch verlor Ihr Team nur 1:2 beim Tabellenführer JSK Rodgau – warum bleiben Sie nicht?

Es ist nicht meine Ambition, Trainer zu sein. Ich habe das die letzten Jahre gemacht, aber es ist sehr anstrengend und zeitaufwendig. Ich verantworte eine relativ große Mietwagenstation in Frankfurt und wollte auch deshalb Sportlicher Leiter sein, damit ich nicht bei jedem Training pünktlich auf dem Platz stehen muss.

Sind Sie mit den vier Punkten aus fünf Spielen angesichts der Umstände zufrieden?

Ja. Ich hätte gerne zwei Punkte mehr, aber alles in allem muss man zufrieden sein. Wir hatten auch Verletzungspech. Einige Leistungsträger wie Torwart Volkan Tekin fehlen. Man darf auch nicht vergessen, dass die meisten Spieler aus der Kreisoberliga nach oben kamen, und dann hatten wir acht Monate Lockdown-Pause. Wenn wir unsere beiden Nachholspiele gewinnen, sind wir im Mittelfeld. Und das gelingt, wenn wir über die harte Arbeit zum Fußballspielen kommen und nicht Fußball zelebrieren wollen, ohne zu arbeiten.

Was lief schon gut und was muss besser werden?

Einsatz und Wille sind top, da kann ich niemandem einen Vorwurf machen. Noch passieren zu viele Fehler, aber die Mannschaft ist jung und darf Fehler machen. Sie muss lernen, sich zu opfern, um Fehler der Mitspieler auszubügeln. Aber ich bin optimistisch: In Oberrad muss man erst einmal gewinnen und in Rodgau wäre ein Remis nicht unverdient gewesen.

Der Kader ist verbandsligatauglich?

Ja, auf jeden Fall. Wir haben in der Vorbereitung gegen Hessenligist Viktoria Griesheim gut mitgehalten. Das System haben wir auf ein 4-1-4-1 umgestellt, da fühlt sich die Mannschaft wohl. Es läuft noch nicht alles rund, aber wir arbeiten uns langsam nach oben.

Wo sehen Sie die SG am Ende der Saison?

Auf einem gesicherten Mittelfeldplatz. Und ich hoffe, dass wir dann unsere Strukturen verbessert haben. Wenn wir einen Trainer gefunden haben, werde ich mich darum kümmern.

Was heißt das?

Die Ansprüche, die ich stelle, um in der Verbandsliga zu spielen, können wir derzeit nicht erfüllen. Da muss mehr vom Gesamtverein kommen, denn wir spielen immerhin in der zweithöchsten Amateurklasse Hessens. Der Sportplatz hat nur zwei Kabinen, das geht gar nicht. Das Stadion kann nicht bei jedem Wetter genutzt werden – auch keine optimale Lösung. Die Strukturen müssen mitwachsen, aber die Verantwortlichen werden sich zeitnah an einen Tisch setzen und hoffentlich Lösungen finden. Wir müssen ein felsenfestes Fundament schaffen, um dauerhaft Verbandsliga spielen zu können. Es ist vergleichsweise leicht, aufzusteigen, in der Liga zu bleiben – das ist die Kunst.

Das Interview führte Heiko Weissinger.



Zur Person

Ertan Tarakci (48) ist seit dieser Saison Sportlicher Leiter des Fußball-Verbandsligisten SG Rüsselsheim- Der Filialleiter einer Autovermietung wohnt in Griesheim und war bei der dortigen Viktoria zuletzt Jugendtrainer und -leiter. Das Fußballspielen lernte er beim TSV Pfungstadt.

Aufrufe: 021.9.2021, 15:00 Uhr
Heiko WeissingerAutor