2024-05-24T11:28:31.627Z

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An Schiedsrichtern wie ihm liegt der Mangel in der Vereinigung Dieburg wahrlich nicht: Der Schaafheimer Wolfgang Purschke (hier bei der Leitung eines Testspiels des FSV Groß-Zimmern) pfiff vor Corona kreisweit die meisten Spiele pro Saison.	Foto: Jens Dörr
An Schiedsrichtern wie ihm liegt der Mangel in der Vereinigung Dieburg wahrlich nicht: Der Schaafheimer Wolfgang Purschke (hier bei der Leitung eines Testspiels des FSV Groß-Zimmern) pfiff vor Corona kreisweit die meisten Spiele pro Saison. Foto: Jens Dörr

"Schirivereinigung" Dieburg in Nöten

Nach Corona-Saison 2020/21 pfeift jeder Zehnte nicht weiter / Vor allem Ältere hören auf und nur zwölf Neulinge

Manchmal hat man Glück, manchmal Pech“, konstatiert Florian Tesch. Der 28-Jährige ist Obmann der Kreisschiedsrichter-Vereinigung Dieburg und meint damit, „dass wir im regionalen Vergleich im Fußballkreis Dieburg in Sachen Schiedsrichter in den vergangenen Jahren sehr gut aufgestellt waren“. Nun zeigt sich allerdings mit Wucht, dass auch der politische Altkreis Dieburg keine (Fußball-)Insel der Glückseligen ist: Denn in der Corona-Saison 2020/21 hat die Vereinigung einen starken Einbruch an Unparteiischen zu verzeichnen. Jeder zehnte Referee steht nun nicht mehr zur Verfügung – was Konsequenzen für die anstehende Runde 2021/22 hat.

Tesch kennt das Schiedsrichterwesen aus allen Perspektiven. Der Lehrer, der aus Groß-Zimmern stammt, in Dieburg wohnt und für den SC Hassia Dieburg pfeift, leitet seit fast anderthalb Jahrzehnten Fußballspiele, bis hinauf in die Männer-Hessenliga. Als Assistent ist er gerade in die Regionalliga aufgestiegen. 2018 übernahm Tesch das wichtige und zeitintensive (Ehren-)Amt des Kreisschiedsrichter-Obmanns vom Altheimer Sven Willmann. Schon zuvor hatte er sich in der Vereinigung engagiert. Zudem setzt Tesch die Schiedsrichter seiner Vereinigung auf jene Aktivenspiele an, die von Unparteiischen aus dem Kreis Dieburg geleitet werden sollen. Das sind Spiele in anderen Fußball-Kreisen (oft Darmstadt, Odenwald und Offenbach, aber auch Gelnhausen und Büdingen) bis hinauf zur Kreisoberliga und die eigene D-Liga Dieburg. Höherklassige Spiele werden separat angesetzt. Die Juniorenspiele setzt im Kreis Dieburg Max Schindler (TSV Richen) an.

In den vergangenen Jahren gab es das Personal meist her, dass selbst die Partien der D-Liga fast durchweg von externen Schiedsrichtern gepfiffen wurden, kurzfristige Ausfälle ohne schnellen Ersatz mal ausgenommen. „Das wird in der neuen Saison nicht mehr klappen“, kündigt Tesch schon sechs Wochen vor Rundenbeginn an. „In der D-Liga werden mehr Spiele ohne Schiedsrichter bleiben müssen.“ Was meint: ohne neutrale, aus- und regelmäßig fortgebildete Unparteiische. Fehlt Tesch schlicht das Personal, das er sonntags in die niedrigste Klasse (die sich im Kreis Dieburg durch Neumeldungen gerade wieder von elf auf 15 Teams berappelt hat) schicken kann, müssen sich beide Mannschaften auf einen ungeprüften Spielleiter einigen – beispielsweise einen Betreuer.

Doch woher der Aderlass? Insgesamt hat die Schiedsrichtervereinigung Dieburg derzeit noch einen Pool von 121 (fast durchweg männlichen) Personen. „Einige davon sind aber nur noch passiv dabei und können nicht mehr eingesetzt werden“, sagt Tesch. Probleme machen ihm aber vor allem zwei andere Gruppen. Die erste: „In der Saison 2020/21 haben sich neun Schiedsrichter komplett abgemeldet.“ Die Gründe? „Viele haben gesagt, dass sie sich nach der langen Corona-Pause nicht mehr zutrauten, auf den Platz zu gehen. Manche haben auch festgestellt, dass es ohne Fußball geht.“ Der bundesweit für Wellen sorgende Faustschlag gegen einen Schiedsrichter beim C-Liga-Spiel FSV Münster gegen TV Semd (Herbst 2019) sei hingegen bei keinem die Schlüsselrolle fürs Karriereende gewesen, betont Tesch.

Die zweite Gruppe, die nun fehlt: Weitere vier, fünf Personen stehen bis auf Weiteres nicht zur Verfügung, weil sie sich Sorgen machen, sich im Rahmen ihrer Schiedsrichtertätigkeit mit Corona zu infizieren. Tesch hat dafür Verständnis – die Vereinigung hatte voriges Jahr sogar explizit dazu aufgerufen, mit solchen Sorgen nicht hinter dem Berg zu halten. „Niemand muss sich dafür rechtfertigen, sein Hobby aus gesundheitlichen Gründen ruhen zu lassen.“

Die passiven, abgemeldeten und pausierenden Schiedsrichter sind derweil meist älteren Semesters. „Genau diese Kollegen könnte ich besonders gut in der D-Liga einsetzen“, weiß Tesch. Bei manchen reiche es zwar läuferisch nicht mehr für höhere, schnellere Gefilde; doch Spielleiter mit viel Erfahrung seien in der D-Liga meist die bessere Wahl gegenüber Jungschiedsrichtern. „Einen 16-Jährigen schicken wir lieber in die B-Jugend-Kreisliga als in die zwölfte Liga der Männer“, beschreibt der Obmann die Prioritätensetzung.

Letzter wunder Punkt in der angespannten Personalsituation der Schiedsrichtervereinigung Dieburg nach 16 Monaten Corona und vor der erhofften normalen Spielzeit 2021/22: Erstmals seit vielen Jahren war der Neulingslehrgang nicht ausgebucht. „Normal ist er mit 35 Leuten prall gefüllt“, berichtet Florian Tesch. „Diesmal waren es 13, von denen zwölf bestanden haben.“ Die meisten der Absolventen seien zudem erst zwölf bis 15 Jahre alt und kämen erst in einiger Zeit für ihre ersten Einsätze bei Männerspielen infrage.



Aufrufe: 011.7.2021, 18:12 Uhr
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