2024-04-29T14:34:45.518Z

Interview der Woche

"Sau wichtig, dass jeder Verantwortung übernimmt"

Nachspielzeit mit Santiago Ballabriga +++ Spieler des FC Inter Mainz 05 über den Traum vom Aufstieg, Integration, den Fair-Play-Gedanken und wie alle einen Teil zur Besserung der pandemischen Lage beitragen können +++ Trainerin Beate Kiss passt "perfekt zu uns"

In unserer Interview-Rubrik "Nachspielzeit" befragen wir wöchentlich in lockerem Rahmen interessante Spieler, Trainer oder Persönlichkeiten der Region über ihren Verein und ihre persönlichen Ziele. Heute zu Gast: Santiago Ballabriga. Der 33-jährige Argentinier spielte lange Zeit für den FC livingroom, hat vor drei Jahren aber den Weg zum FC Inter Mainz 05 gefunden. Seit 2005 gibt es den Club, der sich vor allem mit der Absicht gründete, Neuankömmlingen aus dem Ausland eine Anlaufstelle zu sein. Heute spielen hauptsächlich Latinos für die Mainzer, die auf der Bezirkssportanlage in Bretzenheim beheimatet sind. In der C-Klasse Mainz-Bingen Mitte II peilt Inter die Aufstiegsrunde an, hat aber fernab des Sportlichen viele spannende Geschichten zu erzählen: So berichtet unser Gesprächspartner neben den Saisonzielen auch vom Fair-Play-Gedanken und der Entwicklung des Vereins, erklärt aber auch, warum Trainerin Beate Kiss perfekt zum Verein passt.

Santi, aktuell steht ihr auf Platz fünf und habt vier Punkte Rückstand auf das erste Ticket zur Aufstiegsrunde. Was geht trotzdem noch für euch in dieser Saison?

Natürlich sind wir jetzt auch auf die Ergebnisse der Gegner angewiesen, aber einige direkte Konkurrenten spielen noch gegeneinander. Wir hoffen darauf, dass sich daraus ein Vorteil für uns ergibt, weil sie sich die Punkte gegenseitig wegnehmen. Leider haben wir viele machbare Spiele nicht für uns entschieden, wodurch wir uns selbst in diese Situation gebracht haben.

Woher kommen eure Ambitionen, den Aufstieg als Ziel auszugeben?

Vorweg muss man sagen, dass die ursprüngliche Idee des Vereins in der Begegnung und Gemeinschaft liegt. Daran wird sich auch nichts ändern. 2019 und 2020 sind wir jeweils Dritter geworden, was die besten Platzierungen in der Vereinsgeschichte waren. Dadurch kam dieses ambitionierte Ziel, der Traum vom Aufstieg, bei uns auf. Vergangene Saison haben wir es selbst verbockt: gegen die Guten gewonnen und gegen die Schwächeren verloren. Aber ich bin fest davon überzeugt, dass das Potenzial dazu absolut da ist. Wir müssen nur daran glauben…

…und dann könnte es tatsächlich klappen mit dem ganz großen Wurf?

Die Aufstiegsrelegation zu spielen, wäre für den Verein ein echt geiles Ereignis. Ich habe es mit livingroom ja schon erlebt und es war echt einmalig. Aufstiegsspiele mit einem Schiedsrichtergespannt und vielen Zuschauern, das wäre für uns die Krönung. Aber soweit dürfen wir noch nicht denken und müssen realistisch bleiben.

Wenn man einen Blick auf euren Kader wirft, findet man Spieler aus zahlreichen Nationen bei euch. Wie setzt sich euer Team zusammen?

Wir sind wirklich bunt zusammengewürfelt. Die Mehrheit sind Latinos, etwa aus Kolumbien, Peru, Chile oder Argentinien. Eigentlich haben wir aus ganz Lateinamerika Spieler dabei. Dazu sind mittlerweile aber auch viele Europäer gekommen, auch Asiaten hatten wir bereits. Über Freundschaften und den Bekanntenkreis spielen auch einige Deutsche bei uns.

Auch die Trainer-Konstellation ist eine Besondere, denn seit Sommer 2019 werdet ihr von Beate Kiss trainiert. Wie kam das zustande?

Soweit ich richtig in Erinnerung habe, wurde Beate von unserem Sportlichen Leiter Manuel Echeverria King angesprochen und hat zum Glück zugesagt. Es ist einfach großartig, wie viel Erfahrung sie mitbringt.

Und dass euch eine Frau trainiert, funktioniert ohne Weiteres?

Auf jeden Fall, das hat ja auch etwas mit Respekt zu tun. Ganz egal, ob ein Mann oder eine Frau an der Seitenlinie steht. Und speziell Beate weiß mehr über Fußball, wie wir alle zusammen, weil sie schon so viel erlebt hat in ihrem Leben. Sie ist eine tolle Trainerin, nimmt Rücksicht auf alle und passt das Training immer genau an uns an.

Obwohl es die unterste Liga ist, geht es in der C-Klasse immer sehr emotional zur Sache. Auch die Latinos sind ja für ihr Temperament bekannt. Wenn man aber ein Blick auf die Fairness-Tabelle wirft, scheint ihr das echt gut im Griff zu haben. Wie gelingt euch das?

Man muss wirklich sagen, dass wir uns in den letzten Jahren stetig gebessert haben. Das liegt aber auch daran, das sich lange Zeit keiner darum gekümmert hat. Nun sind wir auf einem richtig guten Weg, auch weil wir sehr offen darüber reden. In den letzten Wochen und Monaten sind auf den Fußballplätzen viele unschöne Dinge passiert. Skandale, die man in Zukunft einfach vermeiden muss. Man kann hart am Ball spielen, muss aber immer Fair zum Gegner bleiben. Beides kann und muss man seinen Spielern vermitteln.

Wie läuft das bei euch ab?

Für uns gilt, dass wir ruhig und fair bleiben, unabhängig davon, wie andere mit uns umgehen oder was auf dem Platz passiert. Eine wichtige Rolle nimmt dabei unser Kapitän ein, er ist ein Vorbild und alle hören auf ihn.

Du sprichst von einem respektvollen Umgang mit dem Gegner und dem Schiedsrichter. Gerade die Regelhüter sehen sich immer öfter Anfeindungen gegenüber. Wie siehst du dieses Thema?

Es kann meiner Meinung nach nicht sein, dass immer weniger Leute eine Schiedsrichter-Ausbildung machen wollen oder in den C-Klassen nicht mehr pfeifen wollen, weil sie dort angeschrieben und beleidigt werden. Da müssen sich die Spieler, Trainer und Zuschauer einfach zurückhalten. Schließlich machen es alle hobbymäßig und die Fehlerquote ist bei den Schiedsrichtern genauso da, wie bei den Spielern. Das sollte man einfach respektieren, sondern besser ruhig durchatmen, bis zehn zählen und sich solche Kommentare verkneifen. Damit wäre allen geholfen.

Zum Abschluss noch eine Frage, die sich viele Vereine derzeit stellen. Weihnachtsfeier in Corona-Hochzeiten, ja oder nein?

Wir werden nach unserem letzten Spiel eine Weihnachtsfeier machen, aber nur im Kreise der Mannschaft, ohne Familie und Freunde. Schließlich wollen wir alle unseren Teil dazu beitragen, dass die Zahlen nicht weiter steigen. Das ist sau wichtig, denn weder du noch ich haben Lust auf einen weiteren Lockdown. Dass die Situation sich bessert, dafür trägt Jeder eine Mitverantwortung. Daher haben wir auch intern schon Maßnahmen festgelegt, beispielsweise Duschen wir zuhause und benutzen die Kabine nur in festen Fünfergruppen und mit Maske.

Aufrufe: 024.11.2021, 10:45 Uhr
Martin ImruckAutor