2024-05-17T14:19:24.476Z

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– Foto: Limbach

Ronny Ernst: Ein Gespräch im Büro von Uli Hoeneß

Die Bayern wollten ihn – doch Ronny Ernst ging zu 1860 München, wo er sportlich nicht glücklich wurde.

Der gebürtige Dresdner Ronny Ernst war gerade 13 Jahre alt, als die Mauer fiel. Sein außergewöhnliches fußballerisches Talent war längst erkannt worden. Er kam in den besonderen Genuss, frühzeitig in der Kinder- und Jugendsportschule seiner Heimatstadt gefördert zu werden.

„Diese Schule war einmalig. Von dem Modell hätte sich der Westen gerne eine Scheibe abschneiden können“, schwärmt der inzwischen 44-Jährige, der seit einiger Zeit in Straelen lebt, noch heute. Für seinen Verein Dynamo Dresden spielte er in den höchstmöglichen Jugendklassen.

Als Ronny Ernst dann 1995 in den Seniorenbereich wechselte, war Dynamo Dresden gerade aus der Bundesliga abgestiegen und hatte vom DFB die Lizenz entzogen bekommen, weshalb es runter in die Regionalliga Nordost ging. Der ehemalige DDR-Nationalspieler Hans-Jürgen Kreische wurde bei Dynamo sein Trainer und Förderer. Er machte ihn zum Stammspieler.

Insbesondere in den ostdeutschen Medien sprach man von Ronny Ernst als einem der größten Talente aus der ehemaligen DDR-Eliteschule. Er wurde in den Jahren 1996 und 1997 als einziger Spieler eines drittklassigen Vereins 13 Mal in die U21-Nationalmannschaft unter Trainer Hannes Löhr berufen. Die Bundesliga-Klubs wurden auf ihn aufmerksam, beim TSV 1860 München unterschrieb er einen Vorvertrag.

„Es kamen noch weitere Angebote aus Nürnberg und Bremen. Das Dollste war, als ich bei Uli Hoeneß im Büro saß. Der Vertrag für die Bayern lag da fertig zur Unterschrift.“ Er entschied sich aber für die 60er, weil Trainer Werner Lorant ihn unbedingt haben wollte und er bei den Löwen für sich die besten Chancen sah, sich als Profi in der Bundesliga zu etablieren. Die Ablösesumme: 500.000 Mark. „Ronny Ernst ist der Beste seines Jahrgangs“, sagt Lorant am 12. Juli 1996 in der Berliner Zeitung. Wenn ihn sein Fußballverstand nicht trügen würde, dann würde in Ernst ein Spieler mit besten Aufstiegschancen heranwachsen.

Der Schuss ging nach hinten los. Unter Werner Lorant kam Ronny Ernst in seinem ersten Profijahr nur zu acht Einsätzen. Er wurde in der Saison darauf zur SpVgg. Greuther Fürth in die zweite Liga ausgeliehen. Lorant wollte ihn dann wieder für 1860 München in der Bundesliga haben, doch erneut ließ er ihn auf der Bank versauern.

Es folgte ein Wechsel zu Waldhof Mannheim und der Aufstieg in die zweite Liga. Nach zwei Jahren kam die Ernüchterung. „Ronny, ich plane nicht mehr mit dir“, sagte ihm der damalige Trainer Uwe Rapolder kurz und bündig ins Gesicht.

Der Flügelflitzer erinnerte sich an die gute Zeit in seiner Heimat und schloss sich dem zweiten Verein in der Stadt, dem Dresdner SC an, der in der Dritten Liga unterwegs war. „Und wieder habe ich in zu dieser Zeit alles richtig gemacht“, so Ernst. „Denn im Dorint-Hotel, wo wir uns mit der Mannschaft vor und nach den Spielen immer getroffen haben, habe ich meine spätere Frau Susann kennengelernt. Und ich bin wieder bei meinem ehemaligen Förderer Hans-Jürgen Kreische gelandet. Unter ihm habe ich neues Selbstbewusstsein getankt und bin wieder richtig gut geworden“, sagt Ronny Ernst.

Während eines Ostsee-Urlaubs klingelte dann sein Telefon. Ein Vertreter von Rot-Weiss Essen war am anderen Ende der Leitung. Er solle sofort nach Essen kommen und einen Vertrag für die Dritte Liga unterschreiben, wurde ihm gesagt. Ernst tat es. Drei Jahre blieb er beim Ruhrpott-Klub, stieg mit der Mannschaft auf – und wieder ab. „In der Nachbetrachtung hatte ich in Essen meine beste Zeit als Profi. Die Menschen, die Fans, die Mannschaft, das Umfeld, die Siegprämien – alles passte.“

Harry Pleß, der ihn schon in Essen trainiert hatte, holte ihn zu Rot-Weiß Oberhausen. Das war 2005, für Ronny Ernst sein bestes Jahr überhaupt. Denn er heiratet seine damalige Verlobte – und Sohn Nick kam auf die Welt. Mit RWO stieg er aber ab – und Ernst stand vor einer der für ihn schwersten Entscheidungen. Wohin nun? Eine Rückkehr in den Osten hatte er nie ausgeschlossen. Doch Jörg Scherbe, sein Freund aus der gemeinsamen Oberhausener Zeit, meldete sich bei ihm. Er hatte gerade einen Vertrag beim Oberligisten SV Straelen unterzeichnet. „Ich solle mir das mal am Niederrhein angucken, sagte er zu mir.“

Ernst, der es gewohnt war, häufig in großen Stadien vor ausverkauften Rängen aufzulaufen, konnte sich nur sehr schwer vorstellen, dass man in Straelen „auf so einem kleinen Sportplatz“ Fußball spielen kann. Nach reiflichen Überlegungen entschied sich der dann doch für einen Wechsel zum SVS. Und lief noch bis 2013 an der Römerstraße auf. Nach einem Kreuzbandriss kämpft er sich noch einmal zurück in die Mannschaft und beendete seine Karriere als Oberliga-Kicker beim SV Straelen.

Seine fußballerischen Aktivitäten beschränken sich mittlerweile darauf, eine mögliche Karriere seines fast 15-jährigen Sohnes Nick zu unterstützen. Mehrmals wöchentlich fährt er ihn nach der Arbeit zum Training bei Rot-Weiß Oberhausen, wo der Filius sein erstes Jahr als Stammspieler in der C-Jugend-Regionalliga erfolgreich hinter sich gebracht hat.

Aufrufe: 01.8.2020, 12:00 Uhr
RP / Heinz SpützAutor