2024-05-02T16:12:49.858Z

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Viele muslimische Amateursportler zelebrieren seit dem 02.April den Fastenmonat Ramadan.
Viele muslimische Amateursportler zelebrieren seit dem 02.April den Fastenmonat Ramadan. – Foto: dpa

Ramadan und der Fußball - "Der Glaube macht uns stärker"

Welche Wege muslimische Amateurkicker aus der Region finden, um ihren Glauben und den Sport zu verbinden

Region. Millionen Muslime fasten zurzeit auf der ganzen Welt. Auch im Amateurfußball findet man schnell muslimisch-gläubige Spieler und Verantwortliche, die während des Fastenmonats Ramadan von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang auf Nahrung, Getränke, Rauchen und Sex verzichten. Die meisten haben in den letzten Jahren einen persönlichen Umgang mit dem Fasten und der sportlichen Leistung gefunden.

Keine großen Einschränkungen

Der erste Gedanke eines jeden Sportlers sind die Einschränkungen, die ein ambitionierter Spieler durch den Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit erleiden dürfte. Doch der erste Eindruck ist in diesem Fall nicht vollständig zutreffend. Die meisten Sportler, wie Bilal Marzouki vom FC Maroc Wiesbaden, fühlen sich durch den Glauben und das damit verbundene Fasten stärker. "Solange du es nicht erlebt hast, weißt du nicht wie es sich anfühlt, Hunger und Durst zu haben", erklärt der 30-Jährige die Größe der Herausforderungen. Doch das Ziel des Ramadans sei größer als der bloße Verzicht. "Mich beeinträchtigt das nicht", erzählt Marzouki seine persönliche Wahrnehmung während des Fastenmonats. "Klar, sind die ersten drei Tage schwieriger, da der Mensch ein Gewohnheitstier ist, aber im Großen und Ganzen gibt uns der Glaube mehr Kraft." Marzouki sieht das Fasten als eine Art Reinigungskur, die den Körper entgiftet und fühlt sich nach dem Monat gesünder und fitter als davor. Die Worte Herausforderung und Einschränkung findet der Wiesbadener daher eher unpassend. "Der Glaube ist wichtiger als der Sport, wichtiger als die Arbeit, einfach wichtiger als alles", beschreibt Marzouki seine persönliche Bedeutung des Ramadans.

Ramadan im April gestaltet das Fasten einfacher

Ein Vorteil des diesjährigen Fastenmonats ist die terminliche Konstellation. Der Beginn des Ramadan war in diesem Jahr am 2.April und das Ende des Fastenmonats ist dreißig Tage später am Abend des 2.Mai. Jeden Tag verschiebt sich der Zeitpunkt des Fastenbrechens, der Iftar, um wenige Minuten nach hinten, denn dieser ist an den Sonnenuntergang gebunden. Bedeutet: Weil die Sonne jeden Tag ein paar Minuten später untergeht, müssen die Muslime hierzulande immer ein Stückchen länger aushalten. Mithilfe Kalendern oder Apps können Muslime auf der ganzen Welt den genauen Zeitpunkt ermitteln, sodass sie pünktlich ab diesem Moment wieder Nahrung und Flüssigkeit konsumieren können. Bei den meisten Amateursportlern fällt der Zeitpunkt des Sonnenuntergangs genau in die Trainingszeit. Daher pausieren viele betroffene Spieler, sobald die Zeit des Sonnenuntergangs gekommen ist, für einen kurzen Moment das Training. Die fastenden Spieler bekommen die Möglichkeit, einen Schluck Wasser und einen kleinen Snack zu sich zu nehmen. Danach geht es sofort weiter mit dem Training. Der Iftar wird bei den meisten Spielern wie Bilal Marzouki erst richtig im Anschluss an die Trainingseinheit mit den Eltern und der Familie gefeiert.

Auch im Spielbetrieb wird in der Region auf die Bedürfnisse der muslimischen Spieler Rücksicht genommen. So wurde das Spiel in der Kreisliga B Main-Taunus zwischen Fortuna Höchst gegen den TV Wallau zehn Minuten später angepfiffen, damit das fast ausschließlich aus Muslimen bestehende Fortuna-Team vor Spielbeginn noch einen Schluck Wasser zu sich nehmen konnten. Ein zweites Beispiel: Die B-Liga Partie im Rheingau-Taunus zwischen Türk Spor Bad Schwalbach und Germania Rüdesheim wurde in der 13. Spielminute unterbrochen, damit muslimische Akteure beider Mannschaften eine Trinkpause machen konnten.

Akcay: Fitte Spieler sollten besser durch den Ramadan kommen

Im Gegensatz zu vergangenen Jahren sind die Temperaturen im aktuellen Zeitraum angenehmer als beispielsweise im Sommer, sodass der Verzicht auf die Zunahme von Flüssigkeiten einem leichter fällt. Hakan Akcay, sportlicher Leiter des SKC Barbaros Mainz, erkennt die Vorteile des Aprils ebenfalls deutlich: "Es ist keineswegs nur das Nicht-Essen. Selbst bei diesen Temperaturen hat man schon einen trockenen Hals, aber es ist besser als bei 30 Grad". Eine Möglichkeit problemloser durch den Ramadan zu kommen, sieht der sportliche Leiter in einer guten Fitness und einem gesunden und durchtrainierten Körper. Durch gutes Training könne ein Spieler besser mit den Umständen umgehen und trotz des Mangels an Wasser und Nahrung auf dem Platz sein Bestes geben. "Bei mir hat sich noch nie ein Spieler wegen dem Fasten beschwert", sagt Akcay, "die Kraft des Glaubens ist größer als der Hunger und der Durst."

Besondere Situationen erfordern besondere Lösungen

Burak Tasci, Mittelfeldspieler bei Hassia Bingen, hat sich zusammen mit seinen Teamkameraden Baris Yakut, Yusuf Ürel, Ilker Yüksel und Bahri Bayir dazu entschieden, an den Spieltagen nicht zu fasten. Dafür möchte er die Tage im Nachhinein an den Fastenmonat dranhängen. "Wir fünf sind alle gleich eingestellt", schildert Tasci die Ramadan-Situation bei der Hassia, "in unserer momentanen Situation wollen wir 100 Prozent da sein." Unabhängig von der aktuellen Lage bei der Hassia freue sich der Verteidiger jedes Jahr auf den besonderen Monat Ramadan. Die Besonderheit des Monats sieht Burak Tasci in der gemeinsamen Zeit mit Freunden und Familie. "Nach jedem Training setzen wir fünf uns kurz zusammen. Wir bringen uns Datteln mit, um den Iftar gemeinsam zu feiern, bevor wir dann zu unseren Familien nach Hause fahren." Für ihn stehe der Fastenmonat vor allem für den Zusammenhalt und die Verbindung zwischen den Gläubigen. "Es verbindet unglaublich", sagt Tasci glücklich, "jeder freut sich auf besondere Momente mit der ganzen Familie." Noch einen Tick besonderer seien die Momente in einer Mannschaft, wenn das ganze Team fastet und gemeinsam das Fasten bricht. Der Binger erinnert sich an seine Zeit bei Karadeniz Bad Kreuznach, in der es üblich war, eine große Feier aller Vereinsmitglieder und den Familien zu feiern.

Vereinsfeiern stärken den Zusammenhalt

Auch in diesem Jahr findet eine solches gemeinsames Fastenbrechen bei Karadeniz Bad Kreuznach statt. Die 30 Tage Fasten bringen den Verein noch ein Stück enger zusammen. Auch der aktuelle Karadeniz-Trainer Matthias Mahr spürt das sofort: "Dieser Monat schweißt uns unheimlich zusammen." Der Trainer, der einzige Christ in der Mannschaft, findet es angemessen sich kollegial mit allen Spielern zu zeigen. "Ich stelle mich nicht mit einer Wasserflasche vor die Mannschaft", erklärt der Trainer, "an einem Spieltag kann auch ich zwei Stunden ohne Wasser aushalten." Im Großen und Ganzen ändere sich sonst nicht viel für den Trainingsalltag. "Bei uns meckert keiner", schildert Mahr den Trainingsalltag schmunzelnd, "aus Trainersicht ist es vielleicht gar nicht so schlecht für den einen oder anderen, denn die Spieler sind nach dem Monat ein bis zwei Kilos leichter und somit fitter."

"Vorbilder gibt es genug"

Ob gläubiger Sportler oder gläubiger Arbeiter, die Herausforderungen sind für einige Muslime größer als für andere. Einen Vergleich mit muslimischen Weltklasse-Profis wie Mohamed Salah oder Sadio Mané vom FC Liverpool wollen Amateurfußballer wie Burak Tasci nicht ziehen. "Ich mache das für mich und für niemand anderes", sagt Tasci entschlossen, "ich gehe davon aus, dass Spieler wie Mané oder Salah auch auf dieser großen Bühne ihren Weg gefunden haben, mit dem Druck umzugehen. Inwiefern sie fasten, beschäftigt mich persönlich jedoch nicht." Abschließend bleiben eher Stärke und Kraft des Glaubens hängen, als Herausforderungen durch den Ramadan.

Aufrufe: 013.4.2022, 18:00 Uhr
Karim MathisAutor