2024-05-29T12:18:09.228Z

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Trotz Fastenzeit kein Durst während des Spiels: Nick Günaydin (l.) von Vatanspor Freising.
Trotz Fastenzeit kein Durst während des Spiels: Nick Günaydin (l.) von Vatanspor Freising. – Foto: lehmann

Ramadan: Türkische Spieler berichten von erstaunlichen Fitness-Erfahrungen während der Fastenzeit

„Das ist Kopfsache“

Viele Profispiele in den letzten Wochen wurden unterbrochen, damit muslimische Spieler auf dem Platz das Fasten brechen können. Auch in der Kreisklasse verzichten einige Kicker aufs Essen und Trinken.

Freising - Am Osterwochenende endet für Christen die Fastenzeit. Muslime allerdings stecken noch mittendrin. Seit dem 1. April bis zum 2. Mai begehen sie in diesem Jahr den muslimischen Fastenmonat Ramadan. Auch in der Kreisklasse laufen deshalb Kicker 90 Minuten dem Ball hinterher, ohne von Sonnen–auf- bis Untergang etwas gegessen, geschweige denn getrunken zu haben. Einer von ihnen ist Badreddine Dars. Der 37-jährige Mittelfeldspieler vom SC Freising ist gläubiger Muslim und fastet schon, seit er 14 Jahre alt ist. „Religion ist sehr wichtig für mich, und Beten und Fasten sind da die entscheidenden Dinge.“ Vom Fußballspielen abgehalten hat ihn seine Religion dabei nie. Er habe stets 90 Minuten durchgespielt, auch am Sonntag beim Sieg gegen Gammelsdorf: „Der Trainer wollte mich rausnehmen, aber ich habe ihm gesagt: Das ist kein Problem“ Der rechnet ihm das hoch an: „Bad–reddine ist bestimmt acht bis zehn Kilometer gelaufen, aber hat auf die Zähne gebissen“, erzählt SCF-Coach Sezgin Gül. „Das Fasten macht mir quasi nichts aus“, meint Dars. „Das ist Kopfsache.“ Mehr Probleme als der Wasser- macht ihm der Schlafmangel, seit sein Kind auf der Welt ist.

Auch Nick Gunaydin von Vatanspor Freising verzichtet momentan tagsüber auf Essen und Trinken. Auch er kommt erstaunlich gut mit dem Verzicht klar: „Ich fühle mich nicht besonders eingeschränkt. Man verliert schneller Energie, aber während des Spiels habe ich nie Durst. Erst danach ist der Mund sehr trocken.“ Einen Einfluss darauf, wie gut man mit dem Verzicht zurecht kommt, habe aber natürlich auch das Wetter: „Im Juni ist das natürlich härter.“ Aber auch das Niveau spiele eine Rolle: „Aber Kreisklasse steck ich noch weg“, meint Gunaydin.

Trotzdem ist das Fasten eine Herausforderung für Trainer wie Erhan Masat, Coach von Vatanspor Freising, der mindestens fünf Spieler im Kader hat: „Man merkt es zum Beispiel, wenn wir wie am Sonntag gegen Vötting nur zu zehnt sind, dass schnell Kraft und Konzentration weggehen.“ Masat nimmt deshalb immer Rücksicht auf die Fastenden, sei es durch kurze Verschnaufpausen oder eine Abkühlung. Seine Philosophie: „Fußball ist unser Hobby. Familie, Gesundheit und Religion gehen da vor.“ Bei Problemen könnten seine Spieler deshalb immer Bescheid geben. Dass es aber tatsächlich mal dazu kommt, hat noch keiner miterlebt, im Gegenteil: „Ich habe sogar oft besser gespielt“, erzählt Masat aus seiner aktiven Zeit, und auch Dars meint: „Ich fühle mich während des Ramadans fitter und schneller.“ Das klingt wie Einbildung, tatsächlich hat das Gefühl einen physiologi–schen Hintergrund, erklärt Dr. Sascha Aleksic, Allgemeinarzt aus Freising: „Verdauung ist auch eine Leistung des Körpers. Und wenn die beim Fasten wegfällt, hat der Körper weniger zu tun. Dann kann es sein, dass man etwas leistungsfähiger ist.“ Logisch: Mit vollem Magen fällt das Sporteln schwerer. Bei perfekten Bedingungen, mit ausreichendem Wasser von der letzten Nacht und angenehmen Temperaturen, könnte das Fasten also tatsächlich leistungsfördernd seien. Allgemein habe es auch bei sportlicher Belastung kaum langfristige Folgen auf die Gesundheit. Trotzdem gilt es natürlich, auf Warnsignale zu vertrauen: „Wenn es draußen heiß ist, kann durch die Erschöpfung eine Dehydration auftreten. Angefangen mit leichtem, schleichenden Kraftverlust bis zur Ohnmacht ist die ganze Palette möglich.“

Größere Schäden aber bleiben aus. Deshalb funktioniert das Fasten bei den Kreisklassen-Kickern auch wunderbar. „Und der Moment, wenn man dann bei Sonnenuntergang endlich etwas trinkt, ist der Wahnsinn“, erzählt Gunaydin. In diesen Momenten könnte man, wie bei Profispielen, die Partie kurz unterbrechen. „Das wäre ein tolles Zeichen der Wertschätzung“, meint Gunaydin. (Sebastian Bergsteiner)

Aufrufe: 016.4.2022, 11:26 Uhr
Redaktion FreisingAutor