2024-04-30T13:48:59.170Z

FuPa Portrait
– Foto: PRIVAT

Paderborn-Schreck auf den Spuren von Harry Potter

Der frühere Rödinghauser Stürmer Lars Lokotsch erzählt über seine beeindruckende Zeit in Schottland. Eine Geschichte vom Wiehen über die Highlands bis ins Erzgebirge.

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Drei ehemalige Spieler des Regionalligisten SV Rödinghausen schafften in der Vergangenheit den Sprung vom Wiehen in die Erstklassigkeit. Marius Bülter spielt inzwischen bei Union Berlin, Fabian Kunze für den DSC Arminia Bielefeld. So weit, so klar. Und der dritte ? Dabei handelt es sich um Lars Lokotsch, der nach seiner Zeit beim SVR in die 1. schottische Liga wechselte. Das allerdings nur für kurze Zeit, denn inzwischen ist er beim sächsischen Drittligisten FSV Zwickau gelandet.

Lokotsch, das Kopfball-Ungeheuer

Wer in Rödinghausen an Lars Lokotsch denkt, dem wird als erstes das Erstrundenspiel im DFB-Pokal der Saison 2019/ 2020 einfallen, als der damals 23-Jährige nach 70 Minuten im Duell gegen den klar favorisierten Bundesliga-Neuling SC Paderborn eingewechselt wurde und innerhalb von fünf Minuten aus einem 1:3-Rückstand mit zwei Kopfballtoren ein 3:3 machte – so ging es im ausverkauften Häcker Wiehenstadion in die Verlängerung, anschließend ins Elfmeterschießen. Das verlor Rödinghausen – auch, weil Lokotsch vom „Punkt“ aus scheiterte. „Das Spiel war trotzdem einer der Höhepunkte meiner Karriere“, sagt er rückblickend und verweist darauf, dass er auch für den Bonner SC im DFB-Pokal vor 10.000 Zuschauern schon einmal ein Tor erzielte, und zwar das 1:0 beim 2:6 gegen Hannover 96.


Video, Probetraining, Celtic-Park

Nach der Rödinghauser Meistersaison verließ der gebürtige Bad Honnefer Ostwestfalen. Ungewöhnlich allerdings war seine nächste Station, denn Lars Lokotsch unterschrieb einen Vertrag beim schottischen Erstligisten FC Livingston. „Die haben mich auf einem Video gesehen und zum Probetraining eingeladen“, erklärt er die Umstände seines Wechsels in den Norden der britischen Inseln. Zuvor war er nie in Schottland gewesen, hatte sich aber jedes Jahr das Old-Firm-Derby zwischen den Glasgow Rangers und Celtic Glasgow im Fernsehen angeschaut. Und plötzlich durfte er selbst im Celtic-Park spielen, wo es für Livingston eine 2:3-Niederlage gab. Für das Team aus der Nähe der schottischen Hauptstadt Edinburgh erzielte der Ex-Rödinghausener immerhin ein Tor: „Im Scottish League-Cup habe ich gegen Edinburgh City getroffen“, berichtet der Stürmer.

– Foto: Noah Wedel


Corona wütet, die Freundin fehlt

Aber Lokotschs Engagement beim Erstligisten stand unter keinem guten Stern, was auch daran lag, dass er zuvor wegen der Corona-Pandemie rund ein halbes Jahr keine Spielpraxis hatte sammeln können. Und so wurde der Deutsche ausgeliehen – es ging zu den Raith Rovers aus der 2. Liga, für die er sieben Meisterschaftsspiele bestritt und ein Tor erzielte. Doch die Umstände waren schwierig, denn die Pandemie wütete im Vereinigten Königreich auch wegen der dort aufgekommenen Mutante noch schlimmer als in Deutschland. Der blonde Stürmer war ganz allein in Schottland, hatte kaum Kontakt zu Freunden und Familie. „Ich habe meine Freundin in der Zeit nur zweimal gesehen“, schildert er die zermürbenden Probleme.


Highlands und Ben Nevis bestiegen

Und dennoch: „Es war eine sehr schöne Erfahrung“, umschreibt der 1,90-Meter-Mann sein internationales Engagement. Gerade das sehr nahe gelegene Edinburgh begeisterte ihn: „Eine der schönsten Städte überhaupt“, urteilt Lars Lokotsch über die schottische Metropole. Aber er schaute sich in dem Land, das für viele Menschen als Sehnsuchtsort gilt, auch noch mehr um: Es gab einen Abstecher nach Glasgow, dann ging es am Loch Lomond entlang in die Highlands, in Glenfinnan wurde der Dampfzug beobachtet, der im Film einst Harry Potter nach Hogwarts brachte. Und der Ben Nevis, der höchste Berg des Königreichs, wurde bestiegen. „Ich habe sehr viel gesehen, und ich will zu 100 Prozent noch einmal nach Schottland – aber ohne Corona!“, betont der Profifußballer.

– Foto: Noah Wedel


Whiskey, Dialekt und das Nationalgericht

Was gefiel dem jungen Stürmer in diesem rauen Land so gut ? „Die Menschen sind liebenswert, die Landschaft ist beeindruckend und auch der Fußball mit den vielen Zweikämpfen etwas Besonderes“, erzählt Lokotsch. Aus seinem BWL-Studium mit Schwerpunkt Accounting und Taxation brachte er sehr gute Englisch-Kenntnisse mit auf die Insel – und dennoch: „Die Menschen in Glasgow sind kaum zu verstehen“, berichtet er von Schwierigkeiten mit dem Dialekt, den auch Engländer kaum mit ihrer Sprache in Einklang bringen. Und dann hat das Land der Bravehearts ja noch einige kulinarische Besonderheiten: „Ich habe mich nicht getraut, Haggis zu essen“, gibt Lars Lokotsch lachend zu. Haggis – das ist Schafsmagen, gefüllt mit Innereien vom gleichen Tier sowie mit Zwiebeln und Hafermehl – das schottische Nationalgericht. Dafür aber, erzählt der junge Deutsche, sei der eine oder andere Whiskey probiert worden.


14 Spiele mit einem Treffer für Zwickau

Das ungewöhnlichste halbe Jahr in seiner bisherigen Karriere fand sein Ende, als plötzlich die Chance bestand, in der 3. Liga in Deutschland zu spielen. Schon im vergangenen Sommer hatte es Gespräche mit dem FSV Zwickau gegeben, die nun konkreter wurden. Inzwischen hat der ehemalige Rödinghauser 14 Spiele für die Sachsen bestritten, dabei ein Tor erzielt und zwei Vorlagen zu Treffern geliefert. Und wieder einmal stehen Besichtigungstouren für ihn an: „Ich war schon in Weimar, Dresden und Leipzig – das sind alles schöne Orte. Und es ist einfach fantastisch, das durch den Fußball alles sehen zu können.“ Ein Problem übrigens gleicht dem in Schottland: „Der Dialekt im Erzgebirge ist schon hart. Aber es ist kein Vergleich zum Glaswegian“, lacht er.


Alle Rödinghauser Ergebnisse im Blick

In Zwickau hat der bald 25-jährige Stürmer noch einen Vertrag bis zum Saisonende. Die weitere Zukunft ist offen. „Ich möchte aber gern weiter ambitioniert Fußball spielen“, kündigt Lars Lokotsch an. Eine Rückkehr nach Rödinghausen scheint in diesem Zusammenhang eher unwahrscheinlich, auch wenn noch einige Kontakte zum Regionalligisten vom Wiehen bestehen. „Da gibt es regelmäßig gegenseitige Gratulationen“, grinst der Stürmer, der selbstverständlich auch den Ausgang des anstehenden Spitzenspiels zwischen Rödinghausen und Tabellenführer Borussia Dortmund U23 am Samstag verfolgen werde. Auch ein SVR-Spiel im Wiehenstadion würde sich Lokotsch gern noch einmal ansehen. Das aber ist wohl erst nach dem Ende der Pandemie möglich. „Ich gucke auch jedes Mal nach, wie Rödinghausen gespielt hat“, macht der Paderborn-Schreck von damals deutlich, dass auch die Zeit im Kreis Herford eine beeindruckende für ihn war – auch wenn das Wiehengebirge nicht so ganz mit den Highlands mithalten könne.

Aufrufe: 06.5.2021, 11:30 Uhr
Dirk KrögerAutor