2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
Julian Ceesay überzeugt auf dem Platz u.a. durch seine Kopfballstärke, neben dem Platz als reflektierter Mensch
Julian Ceesay überzeugt auf dem Platz u.a. durch seine Kopfballstärke, neben dem Platz als reflektierter Mensch – Foto: Mario Wiedel

Oben auf

Julian Ceesay ist Spielführer bei der DJK Gebenbach - und ein Mensch, der einen gesunden Blick auf das Große und Ganze hat.

Dieser Mann ist oben auf. Als Spieler gilt Julian Ceesay als zweikampfstarker, intelligenter Defensivmann mit Stärken in der Luft. Als Mensch ist der 30-Jährige jemand, der sich seiner Stärke bewusst ist - ohne das in ein überhebliches Licht rücken zu wollen. Im Gegenteil. Der Bankkaufmann ist vielmehr jemand, der einen gesunden Blick auf das Große und Ganze hat, der sich in der Selbstreflexion sehr kritisch sieht - was man ja durchaus als Stärke bezeichnen kann. Im FuPa-Interview spricht der Kaptiän von Bayernligist Gebenbach über Verantwortung, flache Hierarchien und über das Meistern von Krisensituationen.

Julian, was zeichnet Deiner Meinung nach einen Führungsspieler bzw. Kapitän aus?
Ein guter Draht, ein guter Zugang zu allen Spielern ist zunächst einmal Grundvoraussetzung. Genauso wichtig ist Glaubwürdigkeit. Zudem soll ein Kapitän immer in der Lage sein, Drucksituationen zu ertragen, eine gewisse Standhaftigkeit haben.

Kann jeder dieses Amt übernehmen?
Ob jemand fahig ist, das Kapitänsamt zu übernehmen, ist eine Charakterfrage. Persönlich kann man sich aber mit Erfahrung und Alter dahingehend weiterentwickeln, weshalb wohl jeder Spieler Spielführer werden kann.

Warum, glaubst Du, bist Du der ideale Spielführer für die DJK Gebenbach?
Ich traue es mir einfach zu. Speziell bei uns in Gebenbach gibt es aber noch 2,3 andere Spieler, die eine ähnliche Rolle wie ich einnehmen - dazu zähle ich Oliver Gorgiev oder Kai Hempel. Ich würde mir nicht anmaßen, dass ich besser geeignet wäre als diese Spieler.


Warum die schwächere Saison nicht unbedingt schlecht sein muss

Du schreibst das "neue" Bild einer Mannschaft mit einer flacheren Hierarchie als früher?
Richtig.

Wie versuchst Du Deine Führungsrolle beim Bayernligisten zu interpretieren? Trainer Faruk Maloku beispielsweise wünscht sich, dass Du noch mehr Einfluss auf das Spiel nimmst.
Wie man als Kapitän auftritt ist auch eine Frage der jeweiligen Persönlichkeit. Es gibt die lauten, extrovertierten Typen. Es gibt aber auch die, die eher ruhig sind. Als Spielführer will man Sprachrohr sein der Mannschaft, man will Kritik von außen von der Mannschaft in gewissem Maße abfangen können, man will aber auch einige Dinge klar ansprechen. Wie man das macht, ist jedem selbst überlassen. Ich würde mich nichtsdestotrotz eher als ruhigerer Vertreter einordnen.

Einen wildrumschreienden Julian Ceesay sieht man also nie?
Eher weniger - wobei dies eher situationsgebunden ist (schmunzelt).

Welche Rolle kann ein Kapitän generell im Mannschaftsgefüge einnehmen? Kann ein guter Spielführer im Alleingang dafür sorgen, dass es innerhalb einer Mannschaft läuft?
Nein, sicherlich nicht. Wie schon vorher kurz angeschnitten, verlangt die heutige Zeit gar nicht mehr nach Alleinbestimmern. Es sind eher die flachen Hierarchien gefragt. Eine Entwicklung, die ich befürworte, denn so steht jeder Spieler zu einem gewissen Maße in der Verantwortung. Stimmt hier das Zusammenspiel, kann die Entwicklung einer Mannschaft schneller voranschreiten.

Julian Ceesay wurde von Trainer Faruk Maloku zum Kapitän bestimmt.
Julian Ceesay wurde von Trainer Faruk Maloku zum Kapitän bestimmt. – Foto: @PresseFoto Evans/EvRy

Du bist nun das dritte Jahr in Gebenbach, zwei davon lief es hervorragend - nun erlebst Du die erste Leistungsdelle mit. Wie beurteilst Du die aktuelle Lage?
Es hört sich zwar komisch an, aber die aktuelle Lage ist positiv für den Verein. Ich bin davon überzeugt, dass uns diese kleine Krise stärker werden hat lassen. Es ist doch klar, dass es nicht nur in eine Richtung gehen kann. Die zwei vergangenen Jahre zu toppen, war fast nicht möglich. Ob etwas gut oder schlecht läuft, darf man darüber hinaus nicht immer mit dem Tabellenplatz bemessen. Und das Vergangene zählt im Fußball ohnehin nur wenig. Genauso wie wir uns an den Erfolgen zuletzt nicht berauschen lassen dürfen, darf uns auch die schwächere Phase nicht zu sehr belasten.

Worin siehst Du die Gründe für den kleinen Leistungseinbruch?
Die Liga ist definitiv stark, stärker als in den vergangenen Jahren. Es kann in jeder Partie in die ein oder die andere Richtung gehen. In der Saison 2018/19 hatten wir vielleicht auch einige Spiele, in denen das Glück auf unserer Seite war - das uns jetzt leider gefehlt hat. Ingesamt ist diese Frage nur schwer zu beantworten.


Verstärkte Kommunikation? "Gar nicht nötig"

Das negative Highlight in der bisherigen Spielzeit waren die fünf Niederlagen am Stück im Herbst 2019. Fühlt man sich in solchen Phase als Kapitän hilflos? Wie hast Du in dieser Phase versucht, die Mannschaft wieder aufzubauen?
Egal ob Erfolg oder Misserfolg, als Fußballmannschaft erfolgt man immer einen Plan. Man weiß, was man nach einem Sieg oder einer Niederlage die Woche drauf machen muss. Natürlich ändert man in schwächeren Phasen bewusst etwas, um wieder in die Spur zu finden. Generell ist es aber so, dass gerade in solchen Situation Gewohntes sehr wichtig ist, um sich wieder orientieren zu können. Selbst nach Niederlagenserien muss man einen klaren Kopf bewahren.

Kümmert man sich in sportlich eher schwierigen Zeiten vermehrt um jüngere Spiele wie Bastian Freisinger oder Fabian Pirner?
(lacht)
Schlechte Beispiele - weil gerade diese beiden für ihr Alter schon sehr weit sind (lacht). Auf den gesamten Kader bezogen lässt sich feststellen, dass wir allgemein eine sehr gute Kommunikation haben und deshalb ein verstärkter Fokus gar nicht möglich und nötig ist.

Und wie wirkst Du in der aktuellen Zwangspause auf die Mannschaft ein?
Natürlich trainieren auch wir nur noch individuell. Aber wie schon vorher gesagt: in unserer Mannschaft stimmt's, deshalb sind keine besonderen Aktionen nötig.

Julian Ceesay gilt als guter Zweikämpfer mit starkem Stellungsspiel und einer feinen Spieleröffnung.
Julian Ceesay gilt als guter Zweikämpfer mit starkem Stellungsspiel und einer feinen Spieleröffnung. – Foto: Mario Wiedel

Wann hast Du als Spielführer mehr Arbeit? Wenn es gut läuft und Du die Teamkollegen am Boden halten musst – oder wenn es schlecht läuft und Du die Kameraden aufbauen musst?
Ich denke, man hat immer diesselbe Aufgabe. Selbst wenn zum Beispiel ein Spiel super gelaufen ist und man gewinnt, gibt es irgendwelche enttäuschte und frustrierte Mitspieler. Egal, welche Situation: es gibt immer jemanden, um den man sich kümmern muss.

Als Innenverteidiger hast Du das komplette Spiel vor Dir, hast - neben dem Torwart - den besten Überblick. Ist Deine Position ideal für einen Kapitän - oder ist das eher zweitrangig?
Kurze und knappe Antwort: Die Position ist für einen Kapitän nebensächlich. Es gibt auch viel zu viele positive Beispiele, die zeigen, dass man nicht unbedingt zentral spielen muss, um Einfluss aufs Spiel nehmen zu können.


Trainer Faruk Maloku lobt die positive Entwicklung

Bodenständig, zuverlässig, gleichzeitig aggressiv - so lässt sich Dein Spielstil wohl am besten beschreiben. Spiegelt das auch Deinen Charakter wieder? Bist Du auf dem Platz genauso wie neben dem Spielfeld?
Im Groben - ja. Im Privatem muss man vielleicht das Thema Aggression etwas anders definieren - hier trifft es vielleicht die Eigenschaft "Zielstrebigkeit" besser. Ansonsten bin ich auf dem Platz derselbe Julian wie abseits des Spielfeldes.

Dein Trainer Faruk Maloku lobt generell Deine Entwicklung in den vergangenen Jahren. Wie arbeitest Du - fußballerisch und in Sachen Persönlichkeit - an Dir?
Das ist keine bewusste Sache. Ich denke, diese Entwicklung hängt mit der Erfahrung und dem Alter zusammen. Aber es freut mich, wenn Faruk das so sieht.

Vielen Dank für das Interview - und alles Gute für die Zukunft.

Aufrufe: 02.4.2020, 14:10 Uhr
RedaktionAutor