Die 72. Minute im ersten Heimspiel für den 1. FC Monheim wird Roberto Guirino zum Verhängnis. Im Derby der Oberliga gegen den VfB Hilden geht der Zugang vom Lokalrivalen Sportfreunde Baumberg in einer kleinen Rudelbildung dazwischen, die nach einem Foul erst an Guirino und dann durch Tobias Lippold ausgelöst worden war.
Am 3. Oktober gibt Guirino sein Comeback – es wird ein fulminantes: Vier Tore erzielt er beim 6:0-Sieg beim Cronenberger SC, als wollte er in einer Partie alles aufholen, was er in den Wochen zuvor verpasst hat. Vergangenen Sonntag traf er zum 3:1 beim 4:1-Sieg beim SC Düsseldorf-West und schraubte so seine Quote auf fünf Tore in ebenso vielen Spielen für seinen neuen Verein. Das war gleichzeitig der dritte Erfolg in Serie für den FCM, der ohne Guirino nur einen Sieg, zwei Unentschieden und eine Niederlage verbucht hatte. Mit ihm haben sich die Monheimer von Rang 14 auf fünf katapultiert. Es scheint so, dass es mit Guirino besser läuft als ohne ihn.
Davon können die Sportfreunde Baumberg ebenfalls berichten. Der Abgang des offensiven Mittelfeldspielers ausgerechnet zum großen Rivalen war schmerzhaft, und nach der 2:4-Niederlage am Sonntag gegen Ratingen 04/19 steht das Team von Salah El Halimi als Drittletzter da. Routinier Kosi Saka hatte danach im Gespräch mit unserer Redaktion einen „Qualitätsverlust“ im Vergleich zu den Vorjahren bemängelt und auf sieben Abgänge verwiesen – Guirino ist dabei ein wesentlicher.
El Halimi macht vor dem Derby am Samstag (16 Uhr) zwischen dem FCM und seinen Sportfreunden auch keinen Hehl daraus, dass er den langjährigen Regionalliga-Spieler gerne weiter in den eigenen Reihen gesehen hätte: „Aber er hat sich im Sommer zum Wechsel entschieden. Das müssen wir akzeptieren, auch wenn ich es natürlich schade finde. Abgesehen von dieser Partie wünsche ich ihm auch weiterhin viel Erfolg.“
Dass Guirino inzwischen einer der torgefährlichsten Offensivkräfte der Liga ist, hat er zu großen Teilen seinem ehemaligen Coach zu verdanken. Der hatte ihn 2016 nach dem Wechsel vom Bonner SC an die Sandstraße vom Verteidiger zum offensiven Mittelfeldspieler umgeschult. „Er hat das, was nicht viele Spieler haben: Eine Nase für Situationen und wo der Ball hinkommen kann. Hinzu kommt, dass er noch stärker im Abschluss geworden ist.“ Dass sich die Lokalkonkurrenten daher um Guirino bemüht haben, verwundert El Halimi nicht. „Sie haben seine Qualitäten erkannt.“
Auch FCM-Trainer Dennis Ruess weiß um die Stärken des gebürtigen Leverkuseners, darum hat er ihn vor der Saison schließlich auch angesprochen, ob er sich einen Wechsel vorstellen kann. „Es war nicht unser Ziel, Baumberg zu schwächen, sondern ihn bei uns zu haben“, betont Ruess und ergänzt: „Seine sportliche Qualität kannte ich ja, aber nach dem ersten Telefonat und dem ersten Treffen war ich absolut überzeugt. Roberto ist ein cooler Mensch mit guten Ansichten und Werten. Alles, was ich mir von ihm versprochen habe, ist eingetreten.“
Präzise: „Da ist das Sportliche: Wenn er im Ball ist, dann passiert gefühlt immer etwas, er hat immer eine richtig gute Idee. Er ist so facettenreich mit seiner Technik, ist beidfüßig und griffig gegen den Ball“, zählt Ruess auf und fügt an: „Roberto bringt aber auch menschlich so viel ein, auf dem Platz, vor und nach dem Spiel oder bei Unterbrechungen während des Trainings. Da gibt er jungen Spielern Hilfestellungen und ist im Team komplett anerkannt, weil alle Dinge Hand und Fuß haben – was er auf dem Platz macht und das, was er sagt.“ Für Ruess ist klar: „Sicher ist das am Samstag ein besonderes Spiel für ihn, aber er ist da ganz cool und fein damit. Er freut sich auf das Spiel.“
Elf Punkte liegt der FCM in der Tabelle bei derzeit einer absolvierten Partie mehr vor den Sportfreunden. Für El Halimi ist daher auch klar, wer als Favorit in das Spiel geht. „Wir treffen auf eine ganz andere Monheimer Mannschaft als in den Vorjahren“, sagt der 45-Jährige. „Sie haben in Bahadir Incilli, Tim Kosmala, Sebastian Spinrath, Philipp Hombach, Philip Lehnert, Tobias Lippold und natürlich auch Roberto Guirino viele sehr erfahrene Spieler dabei.“ Mit einem Punktgewinn im „Baumberger Süden“ könnte sich El Halimi daher schon anfreunden.
Sein Gegenüber sieht dagegen keinen Favoriten: „Ich erwarte kein Spiel Fünfter gegen Drittletzter, sondern dass die Baumberger mit Beinahe-Bestbesetzung bei uns auflaufen“, sagt Ruess und ergänzt: „Und dann ist das eine ganz andere Qualität im Vergleich zu ihrem Tabellenplatz oder zu dem, was sie in den letzten Wochen auf dem Platz hatten. Wenn sie auf Level sind, gehören sie zu den Top Fünf der Liga.“ Allerdings findet Ruess auch: „Wir werden uns auch nicht kleiner oder größer machen als wir sind. Wir waren zuletzt gut unterwegs mit unserer Mini-Serie und können die Sportart auch ein bisschen.“
Dass es sich beim Nachbarschaftsduell um keine normale Partie handelt, ist für El Halimi derweil unbestreitbar. „Ein Derby ist ein Derby, das ist nicht vergleichbar. Von den 22 Hinrundenspielen ist das für jeden Spieler die brisanteste Partie, allein schon wegen der Kulisse.“ Er erwartet von seinem Team, dass es die 90 Minuten wie ein Pokalfinale angeht. „Es geht um alles. Kampfgeist, Leidenschaft, Herz und Engagement sind das, was zählt. Ich will sehen, dass meine Mannschaft alles investiert. Sollte es dann nicht reichen, würde ich ihr niemals einen Vorwurf machen.“
Aufseiten der SFB werden Tim Knetsch, Ali Daour, Enis Vila, Baris Sarikaya und Dominik Cikac verletzt ausfallen, auch Robin Hömig und Louis Klotz sind angeschlagen. Bei Letztgenannten besteht aber zumindest Hoffnung, dass sie rechtzeitig fit werden. Ruess findet: „Das ganze Verletzten-Thema wird Samstag keine Rolle spielen. Ich kenne Louis ja auch ein bisschen – der wird gegen uns auch mit einem Bein auflaufen.“
Für den FCM-Trainer ist das Spiel vor allem aus einem Grund besonders: „Wir haben zum ersten Mal seit zwei Jahren wieder das Vergnügen, es zu Hause zu haben. In den letzten zwei Jahren waren die Hinspiele in Baumberg, die Rückspiele fanden ja wegen Corona nicht mehr statt.“ Ruess betont: „Ich weiß, dass es ein Derby ist, aber ich hänge das nicht so hoch wie andere. Meine Saisonplanung hängt nicht vom Derby ab – wenn ich das gewinne und die anderen 21 Spiele verliere, steigen wir ab. Tabellenplätze sind in dieser Liga sekundär – es geht nur um die Punktzahlen. Und da hängt uns das blöde Niederwenigern-Spiel noch ein bisschen hinterher. Das könnten wir jetzt zumindest ausgleichen.“ Das 0:1 am vierten Spieltag war die Niederlage, als Guirino fehlte.
Roberto Guirino wurde am 22. Januar 1992 in Leverkusen geboren. Der Mittelfeldmann hat 75 Spiele in der Regionalliga, vornehmlich für Rot-Weiss Essen, absolviert. Im März 2017 kam er zu den Sportfreunden Baumberg, für die er 25 Tore in 73 Oberliga-Spielen schoss.
Aktuelle Saison Für den 1. FC Monheim hat er in der Oberliga in fünf Spielen fünf Tore erzielt – allein vier beim 6:0 beim Cronenberger SC. Zudem hat er zwei Treffer vorbereitet und fehlte in vier Partien rotgesperrt.