2024-05-02T16:12:49.858Z

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Bernd Nief ist aktuell Trainer beim FC Germania Rurich.
Bernd Nief ist aktuell Trainer beim FC Germania Rurich. – Foto: Beate Jäckel

"Mister 110 Prozent" ist gelassener geworden

In diesem Jahr feiert Bernd Nief sein silbernes Trainerjubiläum. 1997 begann der heute 55-Jährige seine Trainerlaufbahn in Kuckum – und war seinerzeit noch sehr verbissen. Seine größten Erfolge feierte er mit Gerderath. Aktuell coacht er den B-Ligisten Germania Rurich.

Thomas Portz kann sich noch gut an den Sommer 1997 erinnern. Damals lernte der heutige Vorsitzende und damalige Kapitän des SV Niersquelle Kuckum Bernd Nief ausgiebig kennen – da löste Nief auf seiner ersten Trainerstation den zuvor acht Jahre amtierenden Peter Fliescher als sportlich Verantwortlicher der Niersquell-Kicker ab. Was für etliche Kuckumer einem Kulturschock gleichkam. „Anforderungen und Ton waren bei Bernd einfach ganz anders. Der hat da zunächst schon Verbandsliga-Maßstäbe angelegt, war sehr anspruchsvoll – und das bei uns in der Bezirksliga“, sagt Portz. In lebhafter Erinnerung ist ihm aus jenem Sommer zum Beispiel das legendäre Trainingslager in Brüggen geblieben, als Nief nach einer durchfeierten Nacht dennoch früh am nächsten Morgen unerbittlich zum Waldlauf bat. „Das war schon sehr denkwürdig. Einige von uns haben dabei richtig schlappgemacht, doch Bernd hat das dennoch durchgezogen“, sagt Portz.

Und an noch etwas kann sich Portz aus den beiden gemeinsamen Jahren gut erinnern: „Bernd rief an einem Spieltag gerne auch schon mal um 7.30 Uhr in der Früh bei mir an, um mit mir Taktik und Aufstellung fürs Spiel durchzugehen. Ich war da oft vom Vorabend noch ein wenig lädiert und fragte ihn daher, ob er nicht mal erst um 10 Uhr anrufen könne – dann würde das doch auch noch gehen.“

Das alles kann Nief im Rückblick durchaus nachvollziehen: „Stimmt schon, ich war damals zu verbissen und zu ehrgeizig.“ Knapp 25 Jahre sind seitdem vergangen – in diesem Jahr feiert Nief also sein silbernes Trainerjubiläum. „Ich bin gelassener geworden, kann heute auch mal Fünfe gerade sein lassen – was ich damals noch nicht konnte. Da habe ich stur mein Ding durchgezogen, ohne nach links und rechts zu gucken. Das musste ich im Laufe der Jahre erst lernen“, sagt er.

"Verlässlichkeit, Disziplin und Ordnung stehen für mich immer noch ganz oben"

Was aber nicht heißt, dass aus dem eisernen Bernd Nief nun ein lieber Onkel Bernd Nief geworden ist. „Verlässlichkeit, Disziplin und Ordnung stehen für mich immer noch ganz oben – diesen Anspruch habe ich weiterhin an jeden Spieler“, betont der Trainer-A-Schein-Inhaber, der als Mediaberater beim BVB-Verlag („der hat aber nichts mit Borussia Dortmund zu tun“) seine Brötchen verdient.

Extrem ehrgeizig, bereit, sich für die hochgesteckten Ziele auch selbst richtig zu quälen und deswegen auch hohe Ansprüche an die Mitspieler stellend: So war Nief als Aktiver („ich war kein begnadeter Techniker, musste mir vieles hart erarbeiten“) auch schon bei seiner letzten Spielerstation, dem damaligen Verbandsligisten Oberbrucher BC. Dessen Dauertrainer war in den 90er-Jahren Peter Moll, und der kann sich auch noch gut daran erinnern, wie sein Umfeld reagierte, als er Nief 1993 zum OBC lotste: „Da haben einige zu mir gesagt: Was willst du denn mit dem? Der bringt dir doch die ganze Mannschaft durcheinander. Das hat mich aber nicht abgehalten. Ich hatte zuvor schließlich auch schon einige andere als schwierig geltende Charaktere hingekriegt.“

Nief wurde in Oberbruch zu "Mister 110 Prozent"

Nief und Oberbruch – das wurde dann tatsächlich eine vierjährige Erfolgsgeschichte. Dank seiner Einstellung erwarb sich Nief dort schnell den Ruf des „Mister 110 Prozent“, reifte nach vorherigen Wanderjahren bei den Bröökern zu einer allseits anerkannten Spielerpersönlichkeit, hielt als Libero den Laden hinten zusammen. Dazu avancierte er auch schnell zu einem meinungsfreudigen Wortführer im Team, der schon damals im Grunde wie ein Trainer dachte und nach schlechten Spielen auch vor schonungsloser Kritik („blanker Hohn, was wir heute gespielt haben“) nicht zurückschreckte.

„Oberbruch war meine schönste Zeit als Aktiver. Obwohl wir so hoch gespielt haben, war der Zusammenhalt enorm, haben wir auch außerhalb von Training und Spiel eine Menge gemeinsam unternommen – ungewöhnlich für eine derartige Klasse.“ Als Nief 1993 nach Oberbruch kam, war die Verbandsliga quasi die 4. Liga – 3. Liga und Regionalliga gab es damals noch nicht. 1994 wurde als neue 4. Liga dann die damalige Regionalliga West/Südwest aus der Taufe gehoben – die 3. Liga wurde erst 2008 eingeführt.

Es folgten nach Kuckum viele Trainerstationen: Seine erfolgreichste Zeit war dabei sicherlich die bei Sparta Gerderath, wo er aus bescheidenen Möglichkeiten enorm viel machte, mit dem Team von der Kreisliga bis in die Landesliga aufstieg (2014 war das der Fall). „Sparta war sicherlich meine schönste Zeit als Trainer, da stimmte alles – von der Mannschaft über den Vorstand bis zu den Zuschauern.“

Als Nief 2009 bei den Grün-Weißen einstieg, setzte er zunächst mal ein Verbot für Trainingsabsagen via SMS durch – die Trainingsbeteiligung war bei den Spartanern damals recht mau. „Die Hemmschwelle, mir bei einem persönlichen Anruf mitzuteilen, nicht zum Training zu kommen, ist nun mal höher als bei einer Absage per SMS“, erläutert Nief – eine Maßnahme, die sehr fruchten sollte.

Das weiß auch Pascal „Kalle“ Wilms nur zu genau. Gerderaths Urgestein wurde in den vielen gemeinsamen Jahren zu Niefs verlängertem Arm auf dem Spielfeld. „Als wir hörten, dass Bernd unser Trainer werden sollte, mussten einige von uns aber erst mal ein wenig schlucken. Bernd eilte schließlich ein gewisser Ruf voraus“, räumt Wilms ein. „Doch bei uns hat er einen bemerkenswerten Wandel hingelegt, ist menschlicher geworden, ohne von seiner grundsätzlichen Linie abzuweichen. Authentisch, ehrlich und ehrgeizig ist er auch bei uns geblieben.“

Weg der kleinen Schritte in Rurich

Zwei spezielle Dinge hebt Wilms auch noch hervor: „Zum einen hat er in der Vorbereitung immer alle Läufe voll mitgemacht – der ist ja auch noch richtig fit. Und zum anderen hat er es gehasst, wenn wir mit dem Schiedsrichter diskutieren wollten. Der Schiri war für ihn immer tabu.“ In lebhafter Erinnerung sind ihm zudem die vielen ausgiebigen Telefonate mit Nief geblieben: „Jeden Montag haben wir da bestimmt eine Stunde über das Spiel vom Sonntag gesprochen. Bernd hat hier nie eine One-Man-Show veranstaltet, sondern hat sich immer auch die Meinungen von anderen angehört. Keine Frage, er war für uns ein Glücksfall.“

Über diesen Glücksfall freut sich nun B-Kreisligist FC Germania Rurich. Im vergangenen Sommer ist Nief dort ein wenig überraschend Trainer geworden. „Germanias Vorstand hat zunächst nicht geglaubt, dass ich das wirklich machen würde“, sagt er selbst. Ein starkes Argument war für ihn die räumliche Nähe – mit seiner Familie wohnt Nief in Rurich. „Ich bin ein absoluter Familienmensch, möchte meine beiden Kinder groß werden sehen, viel Zeit mit ihnen verbringen. Das kann ich mit der Tätigkeit bei der Germania gut in Einklang bringen. Dort streben wir an, in kleinen Schritten auf und außerhalb des Spielfeldes zu wachsen.“

In der Hinrunde klappte das schon mal ganz passabel – mit 16 Punkten aus zehn Spielen belegt die Germania aktuell Rang sechs. „Der ordentlichen Hinrunde wollen wir nun eine sehr gute Rückrunde folgen lassen“, sagt Nief. Nicht verbissen – aber dennoch ehrgeizig. So wie es für Bernd Nief typisch ist.

Aufrufe: 02.3.2022, 17:00 Uhr
Mario EmondsAutor