2024-05-17T14:19:24.476Z

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Matti Grahle macht täglich 90 einbeinige Kniebeugen auf seinem selbstgezimmerten Brett.
Matti Grahle macht täglich 90 einbeinige Kniebeugen auf seinem selbstgezimmerten Brett.
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Matti Grahle: Der lange Weg zurück in den D/A-Kader

Auf dem Weg zurück baut der 23-Jährige auf ein ganz gewisses Utensil +++ Spiel gegen den SV Meppen

Der Drochterser Fußballer Matti Grahle kämpft seit fünf Monaten für sein Comeback auf dem Rasen. Grahle macht Fortschritte. Mittlerweile kann er sogar 30 Minuten am Stück laufen. Auf dem Weg zurück baut der 23-Jährige auf ein ganz gewisses Utensil.

Seine Teamkollegen machen sich schon lustig, wenn Matti Grahle mit seinem Holzbrett in der Hand das Trainingsgelände des Kehdinger Stadions betritt. Der am Knie verletzte Defensivspieler des Fußball-Regionalligisten SV Drochtersen/Assel hat sich dieses Brett selbst gezimmert. Die einfache Konstruktion ist Grahles ständiger Begleiter auf dem Weg zurück in den Kader.

An zwei gegenüberliegenden Kanten des Holzbrettes befinden sich jeweils zwei schmale Latten, die versetzt mit dem Brett verschraubt sind. Auf die Erde gelegt, entsteht so eine schiefe Ebene. Matti Grahle stellt seinen linken Fuß auf die mit einem blauen Teppich überzogene Fläche. Die Fußspitzen zeigen nach unten. Der Hacken liegt ein wenig höher. Für die einbeinigen Kniebeugen entsteht so der perfekte Winkel im Kniegelenk. 45 Mal drückt sich Grahle auf dem Schrägbrett am Morgen nach vorne. 45 Mal am Abend, dann meistens im Rahmen des Mannschaftstrainings. Wenn die anderen Spielzüge einüben und aufs Tor schießen, steht Grahle am Rand auf der Tartanbahn und absolviert fleißig seine Hausaufgaben.

Anfang April stand Grahle das vorerst letzte Mal auf dem Fußballplatz. Nach dem 1:0-Sieg in der Rückrunde der vergangenen Saison beim TSV Havelse begann die lange Leidenszeit. Vier bis sechs Monate benötigen Sportler in der Regel, um solch eine tückische Patellasehnen-Reizung im Knie auszukurieren. Grahles Sehne im linken Knie war am Anfang anderthalb Mal dicker, als die im rechten. Oberhalb der Kniescheibe spürt er die Reizung am meisten. Das ist eigentlich unüblich.

Schon lange vor dem Havelse-Spiel begannen damals die Schmerzen. Doch Grahle ignorierte sie, weil er und die Mannschaft nur die Qualifikation für den DFB-Pokal im Kopf hatten. Ihm persönlich hat die geglückte Qualifikation mit dem Sieg im Landespokal nichts gebracht. Während des DFB-Pokalknallers gegen Borussia Mönchengladbach saß Grahle schon längst verletzt auf der Tribüne.

Grahle kann den Verlauf seiner Verletzung, die Gründe und die Auswirkungen haargenau erklären. Er besucht in Hamburg mehrmals in der Woche den Physiotherapeuten seines Vertrauens und steht bei einem Spezialisten in Hannover in Behandlung, der bereits Nationalspieler wieder fit gemacht hat. Grahles Wissen, das sich in den vergangenen Monaten angehäuft hat, gleicht dem eines Studenten der Sportmedizin. „Ich könnte darüber eine Bachelorarbeit schreiben“, sagt Grahle.

Die schwere Verletzung hat Grahle noch reifer gemacht. Er hat gelernt, dass er sich keine Ziele für den Zeitpunkt setzen sollte, an dem er seine sportliche Karriere auskuriert hat und schmerzfrei fortsetzen kann. „Ich muss wissen, dass es Rückschläge gibt“, sagt er. Dreizehn Tage lang war er einmal ohne Schmerzen und fühlte sich wohl. Am vierzehnten Tag machte das Knie Probleme und er hatte einen Arzttermin. Grahle erklärte dem Arzt, dass es ihm schlecht ginge. Der Arzt empfahl, den Gesamtverlauf der Genesung zu betrachten und nicht jeden einzelnen Tag. Seitdem kann Grahle auch mit kleineren Rückschlägen besser umgehen. Vielleicht kann Grahle noch vor der Winterpause wieder auf dem Fußballplatz stehen.

Heute läuft Matti Grahle 30 Minuten am Stück. Vor einigen Wochen schmerzte ihm das Knie nach fünf Minuten. Die Übungen auf dem Schrägbrett sorgen dafür, dass sich mit jeder Kniebeuge die Sehnenstruktur erneuert. Fast jeden Tag trainiert Grahle allein im Fitnessstudio. Langsam spürt er die Entzugserscheinungen, wenn er seine Jungs von D/A in der Liga spielen sieht.

„Ich sehne den Tag herbei, an dem Matti wieder für uns spielen kann“, sagt D/A-Trainer Enrico Maaßen. Der Verein gebe dem 23-Jährigen aber alle Zeit der Welt, um wieder fit zu werden. Grahle sei nicht ersetzbar, sagt Maaßen. Er sei eine Persönlichkeit, „der aggressivste Spieler, mit dem ich als Trainer jemals zusammengearbeitet habe“. Er führe die Zweikämpfe hart, aber immer fair und verfüge über ein hohes Maß an Eigenmotivation.

Das erklärt vielleicht, warum Grahle seit der Verletzung kein Spiel seiner Mannschaft verpasst hat. Am Freitag fährt er selbstverständlich mit zum SV Meppen in die Hänsch Arena. Die Jungs brauchen ihn.


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Aufrufe: 016.9.2016, 09:00 Uhr
Tageblatt / Daniel BerlinAutor