2024-05-02T16:12:49.858Z

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Kniffliger Fall: Die Kreisspruchkammer des Fußball-Kreises Olpe tagte in der Besetzung Hubertus Epe, Winfried Alterauge, Wilhelm Middel, Andreas Hesse, Hermann-Josef Bielefeld, Klaus Schneider und Hüseyn Ayhan (von links). 	Foto: leem
Kniffliger Fall: Die Kreisspruchkammer des Fußball-Kreises Olpe tagte in der Besetzung Hubertus Epe, Winfried Alterauge, Wilhelm Middel, Andreas Hesse, Hermann-Josef Bielefeld, Klaus Schneider und Hüseyn Ayhan (von links). Foto: leem

KSK sorgte für Schockstarre bei Rot-Weiß Hünsborn

Aussagen von Verein und Schiedsrichter waren widersprüchlich - Zweites Verfahren wurde eingestellt

Es war spät am Montagabend, als sich im Gasthof Schnütgen in Kirchveischede eine Handvoll Männer fassungslos anschauten. Keine Gespräche, kein Wortwechsel, keine Gestik – sie waren sprach- und ratlos. Alle! Als sich der Uhrzeiger langsam in Richtung Mitternacht näherte, herrschte in dem Gastraum eine gespenstige Stille.

Nach ein paar Minuten der inneren Ruhe atmete schließlich Manfred Arns, der 1. Vorsitzende des Landesligisten Rot-Weiß Hünsborn, tief durch und meinte: „Darüber muss ich erst einmal zwei, drei Tage schlafen.“

Für die kollektive Schockstarre hatte die Olper Kreisspruchkammer (KSK) gesorgt, die den Klub nach den Vorfällen beim Pokal-Viertelfinale gegen die SpVg Olpe (3:4 nach Verlängerung) mit einer Gesamtgeldstrafe von 1500 Euro belegte (FuPa Südwestfalen berichtete).

Die zweite Verlängerung außerhalb des Spielfeldes endete für die Rot-Weißen mit einer schmerzhaften Niederlage. 1500 Euro Strafe für „fünf Fälle des unsportlichen Verhaltens in Tateinheit mit unzureichendem Schutz der Schiedsrichter“, wie KSK-Vorsitzender Andreas Hesse begründete.

Im Einzelnen: 1000 Euro wegen Stoßens gegen Linienrichter Peter Rau und Schulterklopfens gegen seinen Sohn und zweiten Linienrichter Jannik Rau; 300 Euro gegen Mario Arns, der Jannik Rau auf die Schulter geklopft hatte; 200 Euro, weil Fans die Schiedsrichter beim Verlassen des Spielfeldes behindert hatten; 200 Euro, weil zwei Zuschauer Zweitliga-Schiedsrichter Thorben Siewer, der dem am Boden liegenden Peter Rau eine Decke holen wollte, den Weg versperrten und 100 Euro wegen unsportlichen Verhaltens der Zuschauer (Schmährufe, üble Beleidigungen). Macht in der Summe 1800 Euro.

Die KSK, die in der Besetzung Andreas Hesse (Oberveischede), Hermann-Josef Bielefeld (Kirchhundem), Hubertus Epe (Kirchveischede), Wilhelm Middel (Olpe), Klaus Schneider (Lennestadt), Hüseyn Ayhan (Meggen) und Winfried Alterauge (Drolshagen) tagte, berücksichtigte jedoch zu Gunsten von Hünsborn, dass der Klub noch nie sportstrafrechtlich in Erscheinung getreten war und bei der Aufklärung der Vorkommnisse geholfen habe. Deshalb wurde die Strafe um 300 auf 1500 Euro reduziert.

Alles drehte sich bei der knapp dreistündigen Sitzung um die Frage, ob Linienrichter Peter Rau nach dem Pokal-Viertelfinale tätlich angegriffen wurde und sich dann beim Sturz auf den Boden den Kopf aufschlug oder ob er Opfer der Schwerkraft geworden war?

Rau wurde jedenfalls mit einem Schädel-Hirn-Trauma in einem Rettungswagen in das Weidenauer Krankenhaus transportiert. Nachdem in der ersten Verhandlung Schiedsrichter Ahmed Schrage von einem Stoß vor die Brust von Rau sprach und der anwesende Zweitliga-Schiedsrichter Thorben Siewer eine Hand in Richtung des Linienrichters gesehen haben will, trat nun Rot-Weiß Hünsborn mit fünf Zeugen und Rechtsanwalt Werner Stahl (Kreuztal) vor die Kammer.

Ergebnis der Zeugenbefragungen: Peter Rau ist ohne Einwirkung einer zweiten Person gestürzt. Ansgar Arns, Trainer der zweiten Hünsborner Mannschaft: „Er geht in die Knie und fällt seitlich in den Türrahmen. Es war niemand in der Nähe.“ Marco Stock: „Ihm sind die Beine weggesackt. Da war kein Stoßen.“ Oder Meinolf Koch: „Der ganze Körper sackte zusammen. Mein erster Gedanke war: Er hat einen Herzinfarkt.“

Peter Rau selbst, der in der ersten Verhandlung wegen eines Krankenhausaufenthaltes fehlte, beteuerte vor den Sportrichtern: „Ich kriege einen Stoß und bin auf den Hinterkopf gefallen. Der Stoß war so heftig, dass ich das Gleichgewicht verloren habe.“ Der Linienrichter sagte aber auch: „Ich habe immer gerne in Hünsborn gepfiffen.“

Wie auch immer: Die KSK musste sich mit einem der spektakulärsten und kniffligsten Sachverhalte der letzten Jahrzehnte beschäftigen. Zwei Parteien, zwei Meinungen. Aussage gegen Aussage. Die Kammer folgte den Schiedsrichtern. „Es gibt für uns keine plausible Erkenntnis, warum er zusammengebrochen ist“, erklärte Andreas Hesse.

Bei aller Brisanz des Falls: Auch nach dem zweiten und vorerst letzten Verhandlungstag – Rot-Weiß Hünsborn kann gegen das Urteil Einspruch einlegen – blieben Ungereimtheiten nicht nur bei der Rekonstruktion der Ereignisse um die Verletzung von Peter Rau.

In diesem Zusammenhang seien zwei Fragen erlaubt: Warum wurden mit Jannik und Peter Rau (beide Wenden) sowie Ahmed Schrage (Olpe) Schieds- und Linienrichter aus der unmittelbaren Nähe der beiden Pokalgegner angesetzt? Und warum hat Zweitliga-Schiedsrichter Thorben Siewer, der ohnehin anwesend war, nicht das Schlagerspiel geleitet?


Mit einer Einstellung endete das zweite Sportstrafverfahren an diesem Abend. Nach dem Punktspiel der Kreisliga A zwischen Rot-Weiß Hünsborn 2. und dem FSV Helden (1:2) soll ein Fan einen FSV-Spieler tätlich angegriffen haben, nachdem der Heldener einen Hünsborner Spieler während der Partie angespuckt haben soll.

Weder die vermeintliche Tätlichkeit noch die Spuckaktion konnte vor der Kammer konkretisiert und bewiesen werden. Auch von einem unsportlichen Verhalten konnte nicht die Rede sein.

Deshalb: Einstellung des Verfahrens. Die Kosten dieser Angelegenheit teilen sich Hünsborn und Helden zu gleichen Teilen. Das Urteil ist rechtskräftig.

Aufrufe: 08.11.2016, 15:03 Uhr
Werner LeemreizeAutor