2024-06-06T14:35:26.441Z

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Ex Präsident Mikhail Ponomarev (r.) gehört zu den Schuldigen für den Absturz des KFC Uerdingen.
Ex Präsident Mikhail Ponomarev (r.) gehört zu den Schuldigen für den Absturz des KFC Uerdingen. – Foto: Heiko van der Velden

KFC Uerdingen: Die Verantwortlichen, die Verlierer, die Gewinner

KFC Uerdingen erhält keine Lizenz für die kommende Saison, Investor Roman Gevorkyan zieht sich zurück. Beide Nachrichten überraschen nicht. Wir nennen die Verantwortlichen, die Verlierer und die Gewinner der Misere.rnrnrn

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Die Entwicklung beim KFC Uerdingen kommt alles andere als überraschend. Sie hat sich seit eineinhalb Jahren abgezeichnet. Dabei hatte der von vielen zum alleinigen Sündenbock abgestempelte Mikhail Ponomarev bereits 2017 gesagt, dass er sich und dem Verein vier Jahre Zeit gebe. Keine Frage, Ponomarev trägt Verantwortung, aber er ist nicht der Allein-Verantwortliche.

Außerdem: Die KFC Uerdingen 05 Fußball GmbH steht vor dem Aus, sie wird abgewickelt; nicht aber der Verein KFC Uerdingen. Er steckt in einer der schwersten Krise seiner 116-jährigen Vereinsgeschichte, die aber zugleich die Chance bietet, sich neu aufzustellen. Zuvor sollte jedoch die Misere analysiert werden.

Die Verantwortlichen für den KFC-Absturz

Mikhail Ponomarev Der russische Geschäftsmann hat viel investiert, sicherlich einen zweistelligen Millionen-Betrag. Sein Ziel, den Aufstieg in die zweite Liga, hat er nicht erreicht. Er hat den Verein aus der fünften in die dritte Liga geführt. Die sportliche Bilanz ist ordentlich – trotz einiger Fehlgriffe wie Kevin Großkreutz, Stefan Effenberg, Jan Kirchhoff und der Trainerwechsel. Dennoch hat er zu viele Fehler gemacht. Sein größter Fehler war, als Alleinherrscher zu regieren. Die Geschäftsführer Niko Weinhart und Frank Strüver waren nur ausführende Organe. Was Ponomarev vor allem fehlte, war das Vertrauen in einen Mitarbeiter, der für ihn am Verhandlungstisch hätten sitzen müssen: in Gesprächen mit der Stadt und Sponsoren. Ein solcher Kommunikationsmanager hätte Konflikte vermeiden und vermittelnd tätig werden müssen. Nachdem es vor rund eineinhalb Jahren zum Bruch mit der Stadt gekommen ist, hat Ponomarev nicht nur die Zügel schleifen lassen, sondern ist finanziellen Verpflichtungen nicht mehr nachgekommen und hatte seinen Kontoauszug im Blick.

Frank Meyer Der Oberbürgermeister hat es versäumt, sich einzubringen. Vielleicht hatte der bekennende KFC-Anhänger die Sorge, ihm werde eine Nähe zum Verein nachgesagt. So aber ist das exakte Gegenteil eingetreten. Das Stadtoberhaupt muss sich den Vorwurf gefallen lassen, die Chancen, die ein Verein im Profifußball für eine Stadt mit sich bringt, nicht erkannt und genutzt zu haben. Dass der KFC in seiner dreijährigen Drittklassigkeit kein einziges Heimspiel austragen konnte, ist ein trauriger Rekord; dass dem Verein keine Trainingsstätte geboten werden kann, ebenfalls einmalig in Deutschland. Die Grotenburg ist ein Sinnbild: Zu oft wird in Krefeld der Mangel verwaltet und zu selten mutig gestaltet. Meyer hat den Machtkampf mit Ponomarev gewonnen – es steht zu befürchten, dass es ein Pyrrhussieg war.

Andreas Galland Der Vorsitzende des Verwaltungsrates ist ein großer Versteckspieler. Er hat ein Amt übernommen, ohne gestaltend tätig zu werden, nur um sich darin zu sonnen. Er hat Ponomarev weder kontrolliert noch kritisch begleitet, sondern alles abgenickt. Und er hat nichts für den Verein, seine Jugend und Mitglieder getan. Galland hat alles dafür getan, um nicht wiedergewählt zu werden. Aber es ist auch unwahrscheinlich, dass er sich zur Wiederwahl stellt. Einen letzten Dienst muss er dem Verein allerdings erweisen: schnellstmöglich eine Mitgliederversammlung einzuberufen.

Die Verlierer des KFC-Absturzes

Roman Gevorkyan Mit dem armenischen Geschäftsmann muss man Mitleid haben, wenn er sein Geld selbst erarbeitet hat. Seiner Fehlinvestition in Lettland hat er eine weitere in Deutschland folgen lassen. Er hat Ponomarev Anteile abgekauft und mit einer mittleren sechsstelligen Summe den Spielbetrieb aufrecht erhalten. Er ist wahrscheinlich davon ausgegangen, dass er eine Bürgschaft in Höhe von 1 oder 1,5 Millionen Euro übernehmen muss, um die Lizenz zu erhalten. Als der Deutschen Fußball-Bund (DFB) eine Sicherheitseinzahlung in Höhe von sieben Millionen Euro verlangt hat, hat Gevorkyan die Notbremse gezogen. Und all jene, die nun behaupten, Gevorkyans Ausstieg komme überraschend, hätten durch die Berichterstattung unserer Redaktion gewarnt sein müssen, wo mehrmals darauf hingewiesen wurde, dass es höchst fraglich ist, ob Gevorkyan den Verein in der Regionalliga alimentiert.

Die Fans Nach 13 Jahren kehrte der KFC im Mai 2018 auf die nationale Fußball-Bühne zurück. Drei Jahre lang durfte er im Konzert der 56 Topvereine mitspielen. Doch die Fans sahen kein einziges Heimspiel ihrer Blau-Roten in Krefeld. Ein Rekord, der den Uerdingern so leicht keiner abjagen wird.

Die Unternehmen Auf knapp zehn Millionen Euro hatte sich der Schuldenberg in den vergangenen Monaten angehäuft. Das Insolvenzverfahren stand unmittelbar vor dem Abschluss und die Gläubiger hätten wenigstens noch eine Quote von 16 oder 17 Prozent einstreichen können. Da die Auflagen für die Lizenzerteilung nicht erfüllt werden, hat der KFC keine Zukunft in der Dritten Liga; das hat zur Folge, dass die GmbH abgewickelt wird und die Gläubiger leer ausgehen.

Die Angestellten Sie werden die ausstehenden Zahlungen nicht mehr erhalten, auch ihre Forderungen werden nicht mehr beglichen. Und die Spieler und Trainer, die sich soeben noch über die von Gevorkyan ausgelobte Prämie für den Klassenerhalt in Höhe von 200.000 Euro gefreut hatten, können dieses Trostpflaster abschreiben.

Die Gewinner des KFC-Absturzes

SV Meppen Da der KFC Uerdingen keine Lizenz erhält, wird ein Platz in der Liga frei. Den nimmt laut den Statuten nun der SV Meppen ein. So dürfen sich die sportliche bereits abgestiegenen Emsländer noch über den Klassenerhalt freuen.

DFB Der Deutsche Fußball-Bund hatte die Hürden bewusst hoch gelegt. Das ist aus Sicht des Verbands doppelt verständlich. Er wollte Schlagzeilen von nicht gezahlter Stadionmiete und ausstehenden Gehältern, für die der KFC gesorgt hatte, künftig vermeiden. Deshalb bestand er auf unterzeichnete Sponsorenverträge beziehungsweise eine Sicherheitseinzahlung, die all das abdeckt. Und zugleich hat der DFB ein Exempel statuiert: So kann es einem Verein ergehen, der von einem Investor abhängig ist. Damit suggeriert er den ob der Super-League-Pläne aufgebrachten Fans: wir sind für den Fußball und die Eindämmung des Kommerz.

Aufrufe: 04.6.2021, 19:13 Uhr
RP / Thomas SchulzeAutor