2024-05-24T11:28:31.627Z

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Der Auftritt gegen Heuchelheim (3:0) vor gut einer Woche war das vorerst letzte Spiel der Spvgg. Leusel in der Fußball-Gruppenliga. Links die Leuseler Matthias Lutz und Leon Hakaj. 	Foto: Luca Raab
Der Auftritt gegen Heuchelheim (3:0) vor gut einer Woche war das vorerst letzte Spiel der Spvgg. Leusel in der Fußball-Gruppenliga. Links die Leuseler Matthias Lutz und Leon Hakaj. Foto: Luca Raab
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»Ich war schon geschockt«

GL: +++ Marco Meier spricht über die Trainingspause in Leusel, finanzielle Sorgen der Vereine und macht Vorschlag für möglichen Re-Start +++

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Leusel. Seit vergangenen Donnerstag hat das Coronavirus auch den lokalen Sport lahmgelegt. Welche Auswirkungen die kompletten Absagen der Spielzeiten – speziell bei den Hallensportarten – beziehungsweise die Saison-Unterbrechungen im Fußball letztlich haben, sind derzeit nicht abzusehen. Gerade die heimischen Vereine müssen jetzt erst einmal mit der neuen, völlig ungewohnten Situation klar kommen.

Der ranghöchste heimische Fußball-Verein, die Sportvereinigung Leusel, hat als erste Maßnahme das Training seiner Gruppenligamannschaft für eine Woche ausgesetzt. Wie es dann weitergeht – das war eines der Themen, über die unsere Sportredaktion mit dem Vereinsvorsitzenden Marco Meier sprach.


Herr Meier, was haben Sie gedacht, als am Donnerstag die Nachricht von der Saison-Unterbrechung kam?

Marco Meier: Ich war schon geschockt. Aber es ist die richtige Entscheidung, wenn jetzt schon so viele Leute infiziert sind und die Dunkelziffer vermutlich ja noch höher ist. Angesichts dieser Tatsache ist diese Entscheidung, so schmerzlich sie auch ist, richtig.

Was haben Sie nach dem ersten Schockmoment getan?

Da unser Trainer Ertac Caliskan zu diesem Zeitpunkt ja noch in der Türkei war (Anm. der Redaktion: Caliskan war wegen eines Todesfalls in der Familie verhindert), habe ich umgehend die verantwortlichen Spieler Marius Eifert und Dominik Götze informiert. Wir haben dann gemeinsam entschieden, das Training erst einmal bis zum kommenden Freitag auszusetzen. Danach wollen wir die Situation neu bewerten und entscheiden, wie es weitergeht. Schließlich gibt es derzeit ja im Grunde täglich neue Nachrichten. Bei uns muss man ja bedenken, dass unsere Spieler nicht nur aus dem Raum Alsfeld kommen. Wir haben Leute, die arbeiten im Raum Frankfurt, andere sind in Gießen oder Marburg unterwegs. Da müssen wir die weitere Entwicklung beobachten und abwarten.

Lässt sich aktuell überhaupt schon absehen, welche finanziellen Auswirkungen die aktuelle Situation für einen Verein wie die Spvgg. Leusel hat, schließlich fallen die Einnahmen aus den Eintrittsgeldern beziehungsweise der gemachte Umsatz rund um ein Heimspiel erst einmal weg?

Das kann man noch gar nicht abschätzen, zumal – das geht ja allen Vereinen so – im ersten Vierteljahr ein vierstelliger Betrag zu entrichten ist, da zum einen Steuern, zum anderen verschiedene Versicherungen zu bezahlen sind. Wenn jetzt die Einnahmen wegfallen, dann trifft das natürlich jeden Verein. Dabei geht es ja nicht nur um die fehlenden Einnahmen bei den Heimspielen, viel schlimmer sind die fehlenden Einnahmen, die der anschließende Besuch im Sportheim bringt. Unser Vereinsheim ist im Grunde immer geöffnet, gerade wenn die Bundesliga spielt, ist da immer Betrieb. Aber ohne Bundesliga wird da jetzt keiner mehr kommen. Das werden wir natürlich merken. Daher sind die Heimspiele schon sehr wichtig und daher hoffe ich natürlich, dass die Liga weitergeht. Es wäre fatal, wenn die Saison nicht weitergeht und abgebrochen werden würde.

Eigentlich laufen – neben dem Spielbetrieb – in diesen Tagen ja auch verstärkt die Planungen für die neue Saison. Wie geht es denn da weiter, wenn keiner weiß, was kommt?

Gute Frage. Aus unserer Sicht ist ja zumindest eines sicher: Wir steigen nicht auf und steigen nicht ab, wir spielen auch nächste Saison in der Gruppenliga. Oberste Priorität hat für uns in dieser Situation, erst einmal unsere heimischen Spieler zu halten. Ich bin überzeugt, dass wir dann auf jeden Fall das Potenzial haben, weiterhin in der Gruppenliga zu bestehen. Aber gerade mit den auswärtigen Spielern ist es jetzt schwer, konkrete Gespräche zu führen. Wir haben zwar schon einmal vorgefühlt, wie die Tendenz bei jedem einzelnen ist, aber es ist eben nicht einfach, jetzt konkrete Aussagen zu treffen, wenn keiner weiß wie es weitergeht. Auf der anderen Seite hat man jetzt ja Zeit, ob in persönlichen Gesprächen oder per Telefonkonferenz, mit den Spielern etwas ausführlicher zu sprechen. Doch die exakten Planungen wird man letztlich auch nach hinten verschieben müssen.

Sie sind Vorsitzender der Spvgg. Leusel, immer ganz nah an der Mannschaft, dazu Jugendtrainer beim Jugendförderverein Alsfeld und Fan des FC Bayern München. Kurz, sie sind eigentlich am Wochenende fast rund um die Uhr in Sachen Fußball unterwegs. Was machen Sie denn jetzt so ganz ohne Fußball?

In der Tat. Leusel wäre am Wochenende ja ohnehin spielfrei gewesen und so wollten wir uns am Samstag das Regionalliga-Heimspiel des FC Gießen anschauen, nachher im Vereinsheim die Bundesliga verfolgen. Aber daraus wurde ja nichts. Ich werde mich jetzt in erster Linie um Frau und Kinder kümmern, da die Familie ja sonst immer zu kurz kommt. Fußball ist zwar die schönste Nebensache der Welt, aber die Gesundheit geht nun einmal vor.

Wie geht es in ihrer Funktion als Jugendtrainer weiter und wie gehen die Nachwuchskicker mit dieser Situation um?

Der Jugendförderverein Alsfeld hat das Training bis zum 10. April eingestellt. Ich habe auch mit anderen Jugendtrainern gesprochen, auch die anderen Vereine setzten das Training aus, keiner will hier irgendein Risiko eingehen. Die Kinder haben jetzt auch viel Zeit, da die Schule ausfällt. Mein Sohn freut sich, dass er nicht zur Schule muss, meine Tochter ist todtraurig, da sie wahnsinnig gerne in die Schule geht. Mit meinem Sohn werde ich jetzt erst einmal vermehrt im Garten Fußballspielen.

Glauben Sie, dass die Saison noch regulär zu Ende gespielt werden kann?

Ich hoffe es. Man muss eben erst einmal abwarten, ob es tatsächlich gelingt, die Verbreitung des Coronavirus zu verlangsamen. Aber natürlich habe ich mir auch Gedanken gemacht, wie es weitergehen könnte.

Und wie wäre Ihr Vorschlag?

Vorausgesetzt man könnte tatsächlich Mitte April den Spielbetrieb wieder aufnehmen, dann wäre ich für eine Saisonverlängerung bis in den Juni hinein. Dann müsste man eben den Rahmenterminplan für die Saison 2020/21 anpassen, sprich die Sommerpause verlängern und erst im August mit der neuen Saison starten. Die klassische Sommer-Reisezeit dürfte es in diesem Jahr wohl auch nicht geben. Mit Doppel-Spieltagen im September und Oktober könnte man die Spieltage nachholen, die Ende Juli/Anfang August nicht stattgefunden haben. Ab 2021 könnte dann wieder alles normal laufen.

Das hört sich nach einem vernünftigen Plan an. Aber wie soll der Re-Start im April funktionieren? Sollten Vereine bis zum 10. April mit dem Training aussetzen, könnte man ja kaum am 11. April den Spielbetrieb wieder aufnehmen.

Das ist in der Tat ein Riesenproblem und darüber habe ich mit unserem Trainer Ertac Caliskan auch schon gesprochen. Aktuell bin ich davon überzeugt, dass unsere Jungs sich ihre Grundfitness auch ohne gemeinsames Training, durch individuelle Einheiten erhalten. Aber soll es am 11. April wieder losgehen, werden wir sicherlich schon vorher wieder ins Training einsteigen müssen, sonst wird das kaum klappen. Aber diese Problematik haben ja nicht nur wir.

Angenommen die Saison kann nicht zu Ende gespielt werden, was passiert dann? Auf Auf- und Absteiger verzichten und quasi im Sommer 2020 auf dem Stand von 2019 neu beginnen oder – wie es jetzt die Handballer gemacht haben – die aktuellen Tabellen als Abschlusstabellen werten?

Dann hätten wir in der Tat ein riesiges Problem. Wenn ich mal oben anfange: Werder Bremen würde aus der Bundesliga absteigen, womöglich nur, da es ein Spiel weniger als die Konkurrenz ausgetragen hat. Stadtallendorf und Hessen Kassel wollen aus der Hessenliga in die Regionalliga aufsteigen. Die haben beste Chancen und würden um diese gebracht. Oder wenn ich auf Kreis-Ebene schaue: Da haben Teams eine tolle Saison gespielt und werden – wenn diese Spielzeit annulliert wird – um die Chance gebracht, aufzusteigen. Wenn du jetzt die Chance hast, willst du sie auch nutzen, denn zu weißt nicht, ob du sie in der nächsten Spielzeit wieder bekommst. Und wenn ich in die B-Liga schaue: Alsfeld/Eifa liegt derzeit auf Rang zwei, da es zwei Spiele weniger als Appenrod/Maulbach ausgetragen hat. Ist das fair, Appenrod aufsteigen zu lassen, Alsfeld aber nicht?

Eine faire Lösung wird es – bei einem Abbruch – so oder so nicht geben.

Das stimmt, es ist eben eine ganz, ganz schwierige Situation, mit der der Verband auch sehr sensibel umgehen muss. Verbandsspielwart Jürgen Radeck hat ja schon angekündigt, dass auch er die Lage beobachten und täglich neu beurteilen will. Anders wird es nicht gehen.



Aufrufe: 018.3.2020, 08:00 Uhr
Volker LehrAutor