2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
Lübecks Routinier Stefan Richter schwitzt im Trainingslager im Kraftraum.
Lübecks Routinier Stefan Richter schwitzt im Trainingslager im Kraftraum.

"Ich denke, ich kann der Mannschaft noch helfen"

VfB Lübeck: Stefan Richter im Gespräch

Er ist der älteste Spieler im Kader des VfB Lübeck. In der kommenden Woche wird Stefan Richter, den alle nur „Hosch“ rufen, 32 Jahre alt. Hinter dem Stürmer liegt eine wegen einer Verletzung eher durchwachsene Vorrunde. Im Trainingslager will der eingefleischte Grün-Weiße, der schon 2004/05, 2009 bis 2011 in Lübeck spielte und erneut seit 2013 das VfB-Trikot trägt, deshalb noch einmal voll angreifen – auch, um sich für einen neuen Vertrag zu empfehlen. Wir sprachen mit dem Stürmer über das Trainingslager, seine aktuelle Rolle und die Zukunft.

Stefan Richter, für Sie ist es nicht das erste Trainingslager. Ist Ihre Rolle in der Mannschaft inzwischen eine andere als der Routinier im Kader?
Auf dem Feld nicht unbedingt, aber drumherum vielleicht schon. Zwar habe auch ich noch nicht so viele Trainingslager im Ausland mitgemacht, sodass das auch für mich noch etwas Besonderes ist. Aber ich kenne natürlich die Abläufe und kann den einen oder anderen Tip geben. Vor allem, was das Verhalten neben dem Platz betrifft. Wir laufen hier für alle sichtbar mit dem Logo und dem Schriftzug des Vereins rum. Da sollten wir uns auch positiv präsentieren. Dazu gehört dann eben zum Beispiel, dass die Musik hier nicht so laut läuft wie daheim in der Kabine.

Was wird der Mannschaft dieses Trainingslager am Ende gebracht haben?
Wir können die Zeit hier wirklich hervorragend nutzen. Wir haben viele Einheiten und können in allen Bereichen gut arbeiten. Vor allem können wir taktische Dinge einstudieren, was bei den Wetterbedingungen in Deutschland schwieriger wäre. Außerdem ist es einfach auch wichtig für uns als Mannschaft, Zeit miteinander zu verbringen. Das ist für uns ja auch nicht alltäglich.

Daheim ist das in der Tat schwieriger. Sie arbeiten wie ein halbes Dutzend andere Spieler noch in Vollzeit, andere sind aber auch Profis, was es in den Vorjahren kaum gab. Ist das schwierig für die Mannschaft und den Verein?
Ich glaube nicht, dass uns das als Mannschaft bisher belastet hat. Im Team herrscht eine gute Stimmung. Aber es ist und bleibt eine Gratwanderung. Nicht jeder kann aufgrund seiner beruflichen Belastungen so viel Zeit für den Fußball und für die Mannschaft investieren, wie er es vielleicht selbst gerne möchte und wie es optimal wäre. Aber das wissen alle und können es einordnen. Aber genau deswegen ist es so wichtig, dass wir hier mal alle zusammen sind und keiner irgendwelchen anderen Druck hat.

Wie würden Sie denn die Veränderungen im Verein zuletzt beschreiben?
Es ist alles professioneller geworden. Das zeigt sich ja schon allein in der Person des Trainers, der einfach viel mehr Zeit hat. Es wird sich allgemein mehr auf den Fußball konzentriert, vorher war es ja teilweise auch für den Verein wichtig, dass man noch nebenbei einen Beruf hatte.

Mit Rolf Landerl haben Sie bereits zusammen gespielt, und auch privat können Sie gut miteinander. Macht es das für Sie leichter oder schwieriger, mit seinen Entscheidungen als Trainer umzugehen?
Weder noch. Ich kann auf ihn als Trainer genauso sauer sein wie auf einen anderen, wenn er mich beispielsweise nicht aufstellt. Aber das wird nie dazu führen, dass das die andere Ebene belastet. Das eine ist Fußball, das andere ist privat. Das können wir beide gut trennen.

Ihre persönliche Vorrunde war eher durchwachsen. Sie waren verletzt, danach mal in der Startelf, aber auch öfter mal auf der Bank. Wie würden Sie bilanzieren?
Die Verletzung eine Woche vor dem ersten Saisonspiel hat mich schon zurückgeworfen. Ich war in der Vorbereitung gut drauf. Und dann konnte ich fünfeinhalb Wochen lang gar nichts machen. Das war keine leichte Zeit. Von daher hatte ich auch nichts daran auszusetzen, dass ich danach nicht immer von Beginn an gespielt habe. Ich habe gespürt, dass die Physis für mein Spiel besonders wichtig ist. Ich kam immer über das Laufen, über den Einsatz. Von daher hoffe ich, dass diese Vorbereitung mir noch einmal gut tut und es wirklich mit der Verletzung und nicht mit dem Alter zu tun hatte, dass ich nicht bei 100 Prozent war.

Für Sie geht es auch um einen neuen Vertrag. Machen Sie sich Gedanken darüber?
Ich bin in Lübeck, beziehungsweise in Ratekau, sesshaft geworden und will hier nicht mehr weg. Ich werde sicher nicht mehr innerhalb der Regionalliga den Verein wechseln. Ich hoffe, dass ich auch weiterhin gebraucht werde, auch wenn ich vielleicht nicht mehr jede Saison 34 Spiele mache. Ich denke schon, dass ich der Mannschaft auch in Zukunft mit meiner Art noch helfen kann. Die ersten losen Gespräche habe ich auch als positiv empfunden.

Sie arbeiten parallel auch noch in Vollzeit beim Internationalen Bund in der Erziehungshilfe. Sind Sie für die Kinder und Jugendlichen der Fußballer, der da zur Betreuung kommt? Und belastet der Job beim Fußball?
Es gab teilweise schon Jugendamtsmitarbeiter, die wussten, dass ich Fußballer bin und die mich speziell für Jugendliche eingeteilt haben, die fußballinteressiert sind. Aber ich habe derzeit beispielsweise sieben Fälle, um die ich mich zu kümmern habe. Da sind auch einige dabei, die wissen gar nicht, dass ich Fußball spiele. So oder so muss man versuchen, die teilweise schwierigen familiären Situationen aus dem Kopf zu bekommen, um sich dann auf den Fußball zu konzentrieren. Teilweise hat man im Training auch die Möglichkeit, etwas rauszulassen.

Was geht denn für den Verein noch in dieser Saison?
Wir sollten jetzt gar nicht irgendwelche Ziele ausgeben, sondern sehen, dass wir unsere Spiele gewinnen. Dann wird man sehen, ob nach oben noch etwas möglich ist. Wir hatten in dieser Saison auch schon mal zwölf Punkte Rückstand, jetzt sind es noch neun. Aber es wird natürlich schwieriger, je weniger Spiele noch bleiben.

Der Verein hat sich in den kommenden Jahren die 3. Liga als Ziel gesetzt. Was trägt Stefan Richter noch dazu bei?
Es ist mein Ziel, dass wir den Aufstieg schaffen, so lange ich noch spiele. Wann das dann genau ist, ist dann für mich eher Nebensache. Ich hoffe, dass ich durch meine Leistungen dann noch einen Teil dazu beitragen konnte.

Und nehmen die Lübecker Zuschauer das dann auch irgendwann an? Die Resonanz auf die bislang guten Leistungen war ja doch eher enttäuschend.
Ich hoffe das natürlich. Vor einigen Jahren, als wir unter Peter Schubert schon mal überraschend um den Aufstieg mitgespielt haben, waren im Top-Spiel gegen Chemnitz dann ja auch 5000 Zuschauer da. Aber insgesamt hat sich der Fußball für die Zuschauer einfach komplett verändert. Es gibt jeden Tag irgendwo Fußball im Fernsehen. Vielleicht auch deshalb ist die Zuschauerbasis bei uns noch weitgehend die gleiche wie in der Schleswig-Holstein-Liga. Aber in den DFB-Pokal-Spielen – nicht nur jetzt gegen St. Pauli, auch letzte Saison gegen Paderborn – sieht man, dass das Potenzial noch da ist. Von daher hoffe ich, dass wir diese Leute auch irgendwann wieder regelmäßig ins Stadion locken.
Aufrufe: 025.1.2017, 13:30 Uhr
SHZ / Interview: Christian JessenAutor