2024-05-10T08:19:16.237Z

Interview

„Ich bin halt sehr ehrgeizig. Das ist nicht immer gesund„

Patrick Rossa spricht nach der Trennung vom SC Gatow auch von Druck, der ihm genommen wurde. Derzeit genießt er die „Auszeit“, ist aber auch bereit für eine neue Aufgabe - die möglicherweise schon bald kommt

Ein Interview von Marcel Peters - https://www.facebook.com/AmateurberichterstattungMarcelPeters/ - regelmäßig Berichte über Berliner und Brandenburger Amateurfußballer oder Vereine. Gesprächspartner: Patrick Rossa, #477

Mit etwas Abstand. War der Abschied beim SC Gatow die richtige Entscheidung?
Mit etwas Abstand betrachtet hat es mir auf jeden Fall den Druck genommen. Ich war bei dieser Aufgabe mit Herzblut und viel Leidenschaft dabei, da ich in Gatow auch als Spieler eine schöne Zeit hatte. Mir war immer klar, mit dieser Mannschaft kann mit viel Arbeit und Zeit was gehen, allerdings war auch klar, dass ein Abstieg eingeplant werden muss. Das will der Verein aber versuchen zu verhindern und ich wünsche meinem Nachfolger alles Glück der Welt, dass er den Bock noch umstoßen kann. Auch, wenn es nahezu unmöglich erscheint. Ansonsten glaube ich aber, dass ich der richtige für den Neuaufbau gewesen wäre, aber ich akzeptiere die Entscheidung des Vereins und hoffe, dass das Team weiter zusammenwachsen wird und in Zukunft die Reserve von Gatow wieder eine starke Einheit wird.

Warum ist der sportliche Erfolg in dieser Saison bisher ausgeblieben?
Da gibt es sicherlich mehrere Gründe. Einmal war im Sommer die Vorbereitung nicht einfach, als ich anfing, war der Kader sehr klein, einige Spieler waren sich nicht sicher, ob sie bleiben wollen, oder sogar komplett aufhören. Das hat es schwer gemacht, sich einzuspielen. Wir waren froh zum Saisonstart einen guten Kader mit viel Potenzial zu haben. Der Start war auch in Ordnung, die Ergebnisse waren für den Start okay. Grund dafür war, dass die Mischung gestimmt hat. Man hatte einige erfahrene Spieler wie Ulm, Smolkovic und Schmidt, die unglaublich wichtig für die ganzen jungen Spieler waren um sich zu entwickeln. Das andere Problem war dann das Verletzungspech gerade bei den erfahrenen Spielern, die teils immer noch fehlen. Wenn man z.B. die Niederlage gegen Union 06 sieht, da haben uns 12 Spieler gefehlt und in der Startelf standen gerade mal drei nominelle Stammspieler. Das hat es dann einfach schwer gemacht einen Stamm zu finden, wenn man jede Woche wichtige Positionen neu besetzen musste

Wie denkst du, kann der Bock dann noch umgestoßen werden?
Ich denke nicht, dass die Klasse noch zu halten ist, so realistisch muss man sein. Aber wenn es noch klappen sollte, dann muss dafür schnell ein Erfolgserlebnis her. Dann könnte man in einen Flow kommen, der die nötige Sicherheit bringt. Aber da muss schon viel zusammenkommen.

Wie war die Situation für dich als Trainer - du hast von Druck gesprochen, der dir genommen wurde?
Ja das war eher Druck, den ich mir selber auferlege. Ich will immer das Beste aus den Teams rausholen, mit denen ich arbeite. Ich mache mir immer Gedanken, was man besser machen kann. Ich bin halt sehr ehrgeizig. Und wenn du dann jedes Wochenende eine Enttäuschung nach der anderen erlebst, dann denkt man umso mehr nach und erhöht den Druck auf sich selber. Das ist nicht immer gesund, aber so bin ich halt. Und als die Entscheidung einer Veränderung vom Vorstand und mir gemeinsam getroffen wurde, war das auch irgendwie befreiend und ich genieße gerade etwas die Zeit mit meiner Frau und meiner Tochter und kann auch einfach ohne Stress einfach Spiele besuchen, die mich interessieren oder wo Ex-Spieler von mir spielen

Hat sich der Druck auch (negativ) auf das Team ausgewirkt?
Nein, das denke ich nicht. Ich hab den Druck, den ich mir selbst auferlegt habe, nicht an die Spieler herangelassen. Ich habe gerade den jungen Spielern, die sich selber spürbar unter Druck gesetzt haben, mit vielen Gesprächen den Druck genommen und versucht den Jungs klarzumachen das wir nur Fußball spielen und das da der Spaß nicht verloren gehen darf. Aber wie gesagt, auch durch viele Verletzungen im Team mussten gerade die jungen Spieler, die einfach Zeit brauchen, sofort funktionieren. Ich denke, die Jungs haben das toll gemacht und man merkt ihnen immer mehr an, das sie sich an alles gewöhnen, was man braucht, um auch wieder erfolgreich Fußball zu spielen.

Jetzt genießt du die Auszeit - aber zur kommenden Saison… schon etwas Neues in Aussicht?
Ich hab erstmal für mich gesagt mal runter zu kommen, ja. Ich bin aber in guten Gesprächen bereits und ich habe auch wirklich viele Anfragen bekommen, was mich auch wirklich gefreut hat und ich kann nur jedem Danken der an mich denkt, das ehrt mich wirklich. Ich habe auch niemanden abgesagt, sondern höre mir alles an und werde das diese Woche finalisieren. Ich denke, man wird in nicht allzu ferner Zukunft erfahren was als Nächstes kommt. Und man hat natürlich auch seinen Favoriten und ich würde mich freuen, wenn da eine Zusammenarbeit zustande kommt.

Das geht ja dann doch schon relativ schnell. Greifst du dann schon in dieser Saison wieder an?
Könnte passieren, ja. Sonntag hab ich bei meinem Favoriten die wohl finalen Gespräche.

Was macht für dich den Reiz aus, eine Mannschaft zu trainieren, den (positiven) Druck auf dich zu nehmen?
Ich liebe einfach diesen Sport und es macht einfach Spaß, mit meist jungen Leuten zu arbeiten und sie so gut es geht weiterzuentwickeln, damit sie ihre Ziele beim Fußball erreichen können. Zudem ist es eine schöne Abwechslung zum Arbeitsalltag und man lernt auch immer wieder neue Leute kennen. Das macht den Sport so reizvoll und daher kann man mit dem Druck auch leben.

Ist es ärgerlich, dass Vereine den Trainer häufig in sportlich nicht guten Situationen „schnell“ abschrieben und austauschen?
Am Ende ist leider oft der Trainer schuld. Oder manchmal fehlt den Vereinen einfach die Geduld etwas aufzubauen, wie leider meine letzte Station zeigt. Das fehlt mir manchmal, aber das ist heutzutage so, egal ob im Profibereich und in der Kreisliga.

Was möchtest du als Trainer noch erreichen?
Was meine eigenen Ziele betrifft, bin ich offen. Man will natürlich immer so hoch wie möglich spielen und trainieren, aber ich finde die Perspektive, die ein Verein aufzeigt und das Potenzial was im Umfeld steckt wichtiger, als irgendwo ganz oben zu trainieren. Aber klar, mal ein Landesliga- oder Berlinliga-Team zu führen reizt auch. Am liebsten würde ich mich mit einem Team von weiter unten nach oben arbeiten.

Was sind die schönsten Momente, an die du dich als Trainer erinnern kannst?
Meine schönste Erinnerung als Trainer ist meine Zeit beim SC Siemensstadt, als ich da anfing war die Fußballabteilung am Ende und die Erste Herren nicht wirklich konkurrenzfähig und das in der Kreisliga C. Mir und Kai Möbius, der eigentlich dort Spieler war, aber sich kurz bevor ich übernommen habe schwer verletzt hat und den ich dann mit als Trainer ins Boot geholt habe, weil er genauso so fußballverrückt ist wie ich, ist es gelungen nach und nach das Team sowohl mit guten Spielern zu verstärken als auch die vorhandenen zu verbessern. Wir hätten sogar fast den Aufstieg im ersten Jahr geschafft, obwohl das Team in der Hinrunde wirklich nicht sonderlich stark war. Aber wir hatten einfach einen gewissen Spirit im Team und der hat uns dann in der zweiten Saison in die B Klasse geführt.
Es hat da einfach alles gepasst. Kai und ich haben hervorragend harmoniert und das Team hat mitgezogen und war immer fleißig und lernwillig.

Aufrufe: 024.2.2022, 10:17 Uhr
Marcel PetersAutor