2024-05-02T16:12:49.858Z

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Können die Sindelfinger Zweitliga-Frauen bald in der Bundesliga jubeln? Foto (Archiv): Eibner
Können die Sindelfinger Zweitliga-Frauen bald in der Bundesliga jubeln? Foto (Archiv): Eibner

Heißer Tanz auf der Rasierklinge

Scheinbar über Nacht öffnet sich für die Sindelfinger Frauenmannschaft das Tor zur Bundesliga

Die Zweitliga-Fußballerinnen des VfLSindelfingen setzen zum Sprung in die Erste Bundesliga an, aber die Hindernisse sind riesig. Auf die Unterstützung des Württembergischen Fußballverbands können sie dabei zählen. "Ging es Sindelfingen gut, ging es dem Verband gut", bringt es der Geschäftsführende Vizepräsident des WFV, Michael Hurler, auf den Punkt.


Das Problem in Kürze: Bis zum 15. März muss der VfL Sindelfingen die Bundesliga-Lizenz beantragen. Der Deutsche Fußballbund (DFB) verlangt dafür stabile Strukturen in den Vereinen. Aber beim VfL Sindelfingen wird die Frauen-Abteilung derzeit nur von einer Person - von Sascha Bührer zudem nur kommissarisch - geführt. Zwar steht der Hauptverein hinter seiner erfolgreichen Abteilung, will aber keinen Präzedenzfall schaffen und deshalb das operative Geschäft nicht in die Hand nehmen. Die Lösung könnte ein Verein im Verein sein, der bis Mitte diesen Monats beim Amtsgericht beantragt werden müsste.

"Gefühlter Zweiter"

Die Sindelfinger Zweitliga-Trainer Saban Uzun und Alexander Schick basteln an der Mannschaft und wollen Anlauf nehmen fürs nächste Jahr, in dem es ernst werden sollte. Platz sechs würde zum Erreichen der neuen eingleisigen Zweiten Bundesliga reichen, die der DFB fürs Spieljahr 2018/19 einführt. Aber alles könnte viel schneller gehen. Denn derzeit belegt das Sindelfinger Team in der zweiten Liga Platz drei. Und Spitzenreiter TSG Hoffenheim II kann genauso wenig aufsteigen wie die zweiten Mannschaften von Bayern München und des 1. FFC Frankfurt. Somit steht Sindelfingen als "gefühlter Zweiter" hinter Hessen Wetzlar kurz hinter dem sicheren Aufstiegsrang.

"Enormer Ansporn" für die Spielerinnen

Die Perspektiven sind laut Bührer "riesig". Jetzt aufzusteigen würde nicht nur schon ab dem kommenden Jahr die ganz großen Namen der Fußballszene wie Lena Lotzen oder Simone Laudehr und alte Bekannte wie die Dongus-Zwillinge oder Leonie Maier zurück ins Floschenstadion bringen. Der Sprung nach oben würde auch dann Planungssicherheit geben, falls das Abenteuer Bundesliga nach nur einem Jahr enden sollte. Denn selbst dann wäre der VfL dort, wo er ursprünglich hin wollte: in der eingleisigen Zweiten Bundesliga. Sascha Bührer: „Das wäre ein enormer Ansporn für uns alle, vor allem auch für die Spielerinnen.“

Doch die Zeit arbeitet nicht gerade für den VfL Sindelfingen. Die Fußballfrauen haben keinen Abteilungsleiter und sind dahinter zwar mit einem Team aufgestellt, das ehrenamtlich viel bewegt, aber insgesamt zu klein ist, um die organisatorischen Aufgaben in der Ersten Bundesliga zu stemmen. Beantragt der VfL gegenüber dem DFB die Lizenz für die Bundesliga, muss eine schlagkräftige Organisation benannt werden. Diese muss, so verlangt es der Verband, deutlich tiefer und regelmäßiger Konzepte und Zahlen vorlegen als bisher. „Wir brauchend dringend Verstärkung, sonst verpufft diese Chance“, sagt VfL-Vorsitzender Dr. Heinrich Reidelbach. Die Lizenzen für die nächste Spielzeit müssen bis zum 15. März beantragt werden. Vor allem müssen die Strukturen vom Sicherheitskonzept bis zum Haushaltsplan stimmen. Außerdem brauchen die Fußballerinnen dann auch einen hauptamtlichen Geschäftsführer. Der Hauptverein möchte von seiner Grundphilosophie nicht abweichen. „Der operative Bereich muss in den Abteilungen bleiben“, sagt Reidelbach. Damit will er vermeiden, dass die anderen Abteilungen betroffen wären. Ein Beispiel: Nicht nur die Fußballerinnen, sondern alle Abteilungen müssten bis zum 15. März Pläne vorlegen. „Das wäre dann also das Ganze mal 28. Das haut nicht hin, und das wollen wir niemanden zumuten“, sagt VfL-Geschäftsführer Roland Medinger.

Zuschuss von 280 000 Euro

Die Fußballerinnen arbeiten daran, einen Verein im Verein zu gründen. Sieben Personen müssten dafür einen Antrag beim Amtsgericht unterschreiben, dazu auch die Verantwortlichen des Hauptvereins. Hintergrund ist, dass es etwa vier Wochen dauert, bis die Genehmigung durch ist.
Der VfL hat über Dr. Oliver Wengert, Rechtsanwalt und Vorstandsmitglied, den kurzen Draht zu WFV-Justiziar Frank Thumm aufgenommen, um die Formalien gemeinsam vorzubereiten. Als Blaupause dient der Vorgang beim 1. FC Nürnberg, der zuletzt einen ähnlichen Weg gegangen ist. Die etwa 9000 Mitglieder und die Delegierten der Abteilungen müssten laut Dr. Heinrich Reidelbach nicht zustimmen, es wären also keine außerordentlichen Versammlungen notwendig.
Zudem lohnt ein Blick auf die Finanzen: Derzeit bewegen sich die Umsätze der Fußballerinnen im unteren, sechsstelligen Bereich. Durch die Auflagen vom Sicherheitsdienst über die VIP-Lounge, die hauptamtliche Geschäftsführung bis zu den Fahrtstrecken in der ersten Liga würden die Ausgaben zwar deutlich steigen. Aber es gäbe dann auch einen satten Zuschuss von DFB und Ligasponsor Allianz in Höhe von 280 000 Euro. Dr. Heinrich Reidelbach: „Die erste Liga würde sich deutlich einfacher rechnen als die zweite.“

Der "Leuchtturm in der Region"

Unterstützung hat der Verein vom Württembergischen Fußballverband (WFV). Sascha Bührer: „Sindelfingen ist nun einmal der Leuchtturm in der Region Stuttgart/Sindelfingen im Frauenfußball und verhindert, dass die Talente nach Freiburg oder Hoffenheim abziehen. Das ist ganz im Sinne des Verbands.“ Das bekräftigt auch der Geschäftsführende Vizepräsident des WFV, Michael Hurler: "Als Verband ist es uns ein ganz großes Anliegen, dass es in Sindelfingen weiter geht, und das möglichst hochklassig. Sindelfingen war mal ein Frauen-Erstligist, davon haben wir wechselseitig profitiert. Ging es Sindelfingen gut, ging es dem Verband gut.“

Talente gehen verloren

Nach dem Abstieg vor zwei Jahren gingen auch dem Landesverband einige talentierte Spielerinnen verloren. Hurler: "Zuletzt waren das Ivana Fuso und Greta Stegemann, die von der SV Böblingen nach Freiburg gingen, obwohl wir mit dem Verband in unserem Förderkonzept alles für sie vorbereitet hatten.
Wir verlieren ein großes Potenzial an Spielerinnen. Die beiden Dongus-Zwillinge gehören dazu. Torhüterin Lisa Hartmann hat früher bei meinem Heimatverein in Neu-Ulm gespielt und ist jetzt in Nürnberg – was für ein 17-jähriges Mädchen natürlich toll ist. Oder nehmen wir Kristin Kögel, die ebenfalls aus Neu-Ulm stammt und dann von Alberweiler nach Sindelfingen kam. Sie war bei der U-17-WM dabei, solche Namen müssen wir als Vorbilder für unsere jungen Talente halten.“

WFV-Präsident Matthias Schöck (links) und Geschäftsführer Michael Hurler haben ihre Unterstützung zugesagt Foto (Archiv): WFV
WFV-Präsident Matthias Schöck (links) und Geschäftsführer Michael Hurler haben ihre Unterstützung zugesagt Foto (Archiv): WFV
WFV-Präsident Matthias Schöck (links) und Gechäftsführer Michael Hurler haben dem VfL Sindelfingen ihre Unterstützung zugesagt Foto (Archiv): WFV

"Der VfL braucht eine starke Hand"

In einem Gespräch hat Hurler erst vor rund einer Woche dem VfL-Geschäftsführer Roland Medinger vor Augen geführt, wie gut die Chancen für den VfL auf die Bundesliga sind und was der DFB-Lizenzierungstermin mit sich bringt. Hurler: "Danach haben wir gemeinsam mit WFV-Präsident Matthias Schöck die Köpfe zusammen gesteckt. Wir haben besprochen, was in der heißen Phase bis zur Lizenzvergabe zu tun ist und die volle Hilfestellung zugesagt. Der VfL braucht einen starke Hand, die die Sache anpackt. Egal welchen Weg Sindelfingen geht, ob er ausgliedert, eine Spielbetriebs GmbH gründet oder den Verein im Verein – es muss jemand da sein, der den Hut auf hat.“

Weitere News auf der Liga-Seite

Inzwischen haben die Sindelfinger Frauen auch einen Aufruf zur Mithilfe herausgegeben. Die Pressemitteilung gibt es im Wortlaut auf der Liga-Seite der Zweiten Bundesliga der Frauen. Hier geht's direkt auf die Seite.

Aufrufe: 03.2.2017, 10:54 Uhr
GäuboteAutor