FuPa: Der Amateurfußball ist erneut in die Zwangspause geschickt worden. Wie geht ihr damit um?
Hamza Boutakhrit (27): Aus sportlicher Sicht ist es natürlich schade, dass wir wieder eine Vollbremsung hinlegen mussten, weil`s für uns sehr gut gelaufen ist im Herbst. Wir konnten unsere vier Ligaspiele alle gewinnen. Toll! Ich persönlich halte den Lockdown aber für notwendig. Wir haben im Moment größere Probleme, als dass wir Amateurfußballer kreuz und quer durch Bayern gondeln.
Jihad Boutakhrit (20): Ich muss es akzeptieren und bin einer Meinung mit Hamza, dass es in Anbetracht der wieder dramatisch gestiegenen Zahlen schon notwendig ist. Sportlich natürlich bitter, weil Fußball ein großer Bestandteil meines Lebens ist.
Anders als in der Regionalliga Bayern, wo die unterbrochene Saison fortgesetzt wurde, ist in der Regionalliga Südwest eine neue Spielzeit gestartet worden - mit sage und schreibe 22 Teams! Während die Regionalliga Bayern sich schon in der Winterpause befindet, soll`s in der Regionalliga Südwest im Dezember weitergehen.
Jihad Boutakhrit: Es ist sportlich wie mental eine Herausforderung. Seit September haben wir elf Spieltage absolviert, darunter einige Englische Wochen. Zunächst lief es für uns als Underdog richtig gut. Wir wurden und werden als Abstiegskandidat gehandelt, konnten aber nach dem Re-Start das Gegenteil beweisen. Zuletzt hatten wir eine schwache Phase, vielleicht tut es uns als Mannschaft ganz gut, durchpusten zu können. Hoffentlich geht`s aber im Dezember weiter, denn klar ist auch: Wir haben bis zum Juni noch 31 Partien zu absolvieren. Da ist schon ordentlich Termindruck vorhanden.
Hamza, der Blick auf die Tabelle wird dir trotz schwieriger Zeiten wohl ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Die Viktoria überwintert überraschend auf Tabellenplatz eins der Regionalliga Bayern.
Hamza Boutakhrit: Absolut. Es ist schon ein wenig überraschend, dass wir als Tabellenführer in die Winterpause gehen dürfen. Freilich war auch ein wenig Glück dabei, aber es zeigt doch, wie gut im Verein gearbeitet wird. Man darf nie vergessen: Mit Björn Schnitzer und Pasqual Verkamp haben uns im Sommer zwei Leistungsträger verlassen, die zusammen bis dato an 32 Toren in der Saison 2019/20 direkt beteiligt waren.
Vervollständige bitte folgenden Satz: Wer zur Winterpause ganz oben steht, der...
Hamza Boutakhrit: Ist das eine Fangfrage? (lacht) Na gut, ich probiere es mal und vervollständige: Wer zur Winterpause ganz oben steht, der will auch am Schluss vorne sein. (schmunzelt)
Jihad, nach elf Partien hast du vier Treffer auf dem Konto - und damit schon doppelt so viele wie in der Vorsaison. Eine sehr ordentliche Quote für einen jungen Stürmer. Was willst du in deiner Karriere erreichen?
Jihad Boutakhrit: Ich kann mit der Ausbeute bisher zufrieden sein. Mit Alzenau will ich es allen beweisen, dass wir mehr sein können als ein Underdog. Und natürlich ist es irgendwo auch ein Ziel, vielleicht den Sprung in die Profibereich zu schaffen. Im Moment konzentriere ich mich aber in erster Linie darauf, mein Abitur zu machen.
Besucht ihr ab und zu die Spiele des Bruders?
Jihad Boutakhrit: Wie schon vorher erwähnt, unser Spielplan ist extrem dicht getaktet. Aber wenn tatsächlich mal die die Möglichkeit besteht, dann schaue ich Hamza gerne zu.
Hamza Boutakhrit: Geht mir genau so. Es kommt nicht oft vor, aber wir begegnen uns dafür immer wieder auf dem Platz, auch wenn wir in zwei verschiedenen Ligen spielen. Aschaffenburg und Alzenau sind die beiden bekanntesten Klubs im Landkreis und sozusagen Lokalrivalen. In jeder Vorbereitung bestreiten wir Testspiele.
Sieben Jahre Altersunterschied trennen euch beide. Jungs, Hand aufs Herz, träumt ihr davon, eines Tages in der gleichen Mannschaft zu spielen?
Jihad Boutakhrit: Klar wäre es mal schön, mit Hamza in einer Mannschaft zu spielen. Aber mein Fokus liegt jetzt nicht primär darauf, unbedingt in einem Team mit meinem Bruder zu spielen.
Hamza Boutakhrit: Ja, würde mich auch freuen, wenn sich das tatsächlich mal realisieren lassen würde. Bisher haben wir eigentlich immer nur im Garten unserer Eltern zusammengespielt. (lacht) Aber bedingt durch den Altersunterschied agieren wir unter anderen Vorzeichen. Jihad soll weiter Gas geben und seinen Weg machen. Bei mir ist die Situation ein wenig anders. Ich bin Unternehmensberater, arbeite in Frankfurt. Da stehen mittlerweile andere Dinge im Vordergrund.
Zum Abschluss: Was hättet ihr gerne jeweils vom anderen?
Jihad Boutakhrit: Ich mache mal den Anfang. Ich bewundere den unbedingten Willen von Hamza, jeden Ball ablaufen oder abgrätschen zu wollen. Und dann hätte ich gerne seine Wucht im Kopfballspiel. Dann würde ich pro Saison zehn Tore mehr machen. (lacht)
Hamza Boutakhrit: Das glaube ich nicht, wir reden schließlich nur von Defensivkopfbällen. (lacht) Mir gefällt bei Jihad seine Unbeschwertheit, mit der er in die Spiele geht. Er macht sich einfach keinen großen Kopf, was vielleicht alles nicht klappen könnte. Er geht mit seiner technischen Finesse halt auch mal gegen drei Leute ins Dribbling. Ich mag einfach diesen Bolzplatzcharakter. (lacht)
Das Interview führte Mathias Willmerdinger.