2024-04-30T13:48:59.170Z

Interview
Seit 2017 steht Gerald Huber auf der Kommandobrücke der SpVgg Hankofen.
Seit 2017 steht Gerald Huber auf der Kommandobrücke der SpVgg Hankofen. – Foto: Paul Hofer

Gerry Huber: »Immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort«

Trainer, die man kennt (50): Hankofens Chefanweiser feierte mit dem RSV Ittling, Jahn Regensburg und der SG Post Kagers feucht-fröhliche Aufstiege und führte die SpVgg Hankofen bereits zweimal zum Klassenerhalt in der Bayernliga

Die Corona-Pandemie hat den Spielbetrieb im Amateurfußball aus den Fugen gehoben. FuPa nutzt die spielfreie Zeit, um einen Blick in die Vergangenheit zu werfen. Nach der erfolgreichen Portrait-Serie über ehemalige Spielergrößen des niederbayerischen Fußballs nehmen wir nun bekannte Übungsleiter unter die Lupe. Im 50. und letzten Teil berichtet Gerald Huber (54), warum er sich mit Grausen an sein erstes Torwarttraining erinnert und was die Geburt seiner Tochter mit Markus Weinzierl und dem Aufstieg des RSV Ittling zu tun hat.
Schönste Saison Deiner Trainer-Laufbahn?
Eine Saison herauszugreifen ist eigentlich unmöglich, vielmehr möchte ich hier Zeiträume nennen. Die vergangenen drei Jahre in Hankofen waren für mich persönlich schon unglaublich emotional. In der ersten Saison haben wir uns am vorletzten Spieltag mit einem 2:1-Sieg beim TSV 1860 München II auf dem Trainingsgelände an der Grünwalder Straße den Klassenerhalt gesichert. Letzte Saison haben wir dann sogar erst am letzten Spieltag in Dachau mit 5:0 gewonnen und sind somit auf den letzten Drücker noch auf einen Nichtabstiegsplatz gesprungen. Aber auch die Jahre beim Jahn Regensburg mit dem Aufstieg in die 2. Liga werde ich nie vergessen, damals ist die ganze Stadt durchgedreht.

"Unglaublich emotional" war der Hankofener Klassenerhalt am letzten Spieltag der vergangenen Saison. Mit einem 5:0 in Dachau schafften die "Dorfbuam" den Ligaverbleib.
"Unglaublich emotional" war der Hankofener Klassenerhalt am letzten Spieltag der vergangenen Saison. Mit einem 5:0 in Dachau schafften die "Dorfbuam" den Ligaverbleib. – Foto: Paul Hofer


Welcher Spieler hat dich in Deiner Zeit als Übungsleiter besonders beeindruckt? Solche Spieler gab es eigentlich bei jedem meiner Vereine. In Ittling damals waren mehrere Spieler dabei, die jahrelang in der A- und Kreisklasse gespielt haben, aber locker mindestens Bezirksliga hätten spielen können, wie Ludwig "Lugge" Obermeier oder die Pöschl-Brüder. Bei Post Kagers waren natürlich die Aman-Brüder Ivica und Josip herausragende Kicker.

Bei welchem Verein hattest Du Deine schönste Zeit?
Überall. Ich war bei jedem Verein meistens länger und sowas macht man nur, wenn es einem gefällt. Ich hatte schon das Glück, immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Bei meiner ersten Trainerstation beim RSV Ittling sind wir gleich auf Anhieb in die Kreisliga aufgestiegen. Ich habe noch nie eine Mannschaft gesehen, die so lange einen Aufstieg gefeiert hat. (lacht) Gefühlt waren die Jungs zwei Wochen lang durchgehend im Vereinsheim. Überhaupt war das alles sehr speziell: es war meine erste Trainerstation, ich bin ein Ittlinger, bin Postbote dort und kenne alle Leute. Im Jahr darauf sind wir dann sogar in die Bezirksliga aufgestiegen und hatten immer wahnsinnig viele Zuschauer. Seitdem besteht zum gesamten RSV schon eine sehr besondere Verbindung.

Aber auch die 30 Jahre beim Postsportverein bzw. später der SG Post Kagers sind unvergesslich, nicht zuletzt durch den Aufstieg in die Kreisliga, wo wir dann sogar lange um den Aufstieg in die Bezirksliga mitgespielt haben. Insgesamt muss ich sagen, dass ich nie bei Vereinen war, bei denen ein Aufstieg selbstverständlich war. Dennoch hatte ich immer das Glück, zwischendurch mal wieder einen Aufstieg feiern zu dürfen. Für mich macht es schon einen gewissen Reiz aus, aus wenig Mitteln gefühlt unglaublich viel rauszuholen. Mit der richtigen Zielsetzung freut man sich jedes Jahr, wenn es klappt. So wie jetzt in Hankofen, wo jeder Klassenerhalt in der Bayernliga wie ein Aufstieg gefeiert wird.

Mit welchem Abteilungsleiter/Manager hast Du besonders gerne zusammengearbeitet?
Da gibt es nur eine Antwort: Richard Maierhofer. Er ist menschlich eine Granate und eine absolute Koryphäe in allen Belangen, sei es im organisatorischen Bereich oder auch im Scouten von Spielern. Er kennt sich überall aus und vor allem macht er seinen Job ohne großes Brimborium, was in der heutigen Zeit immer seltener wird. Er stellt sich nicht in den Vordergrund, im Gegensatz zu vielen Blendern, die nur so tun als ob. Ritsch hat allerhöchstes Niveau und ist für mich längst ein Freund geworden.

Ein erfolgreiches Duo: Gerry Huber und Richard Maierhofer (rechts).
Ein erfolgreiches Duo: Gerry Huber und Richard Maierhofer (rechts). – Foto: Florian Würthele
Welcher Trainer hat Dich in Deiner aktiven Zeit besonders geprägt?
In meiner aktiven Zeit hatte ich das nötige und seltene Glück, immer den richtigen Trainer zu haben. Vom ersten Tag an hatte ich Trainer, die immer irgendetwas in mir gesehen haben, auf mich gebaut und sich auch im zwischenmenschlichen Bereich um mich gekümmert haben, damit ich mich im sportlichen Bereich entwickeln konnte. In meinen ersten Jahren bei den Senioren sind wir mit dem Post-SV aus der Kreisklasse abgestiegen und ich war der schlechteste Torwart der Liga. Trotzdem hat unser Coach auf mich gebaut und ein paar Jahre später sind wir dann wieder aufgestiegen.

Wenn ich jemanden herausheben müsste, dann wäre es Alfred Steinkirchner. Ihm habe ich alles zu verdanken. Er hat mich damals zum SC Rain in die Bezirksoberliga geholt, wo ich mein allererstes Torwarttraining überhaupt absolvierte. Nach zehn Minuten Training mit dem besten Torwarttrainer Horst Seidl bin ich zum Duschen gegangen, weil ich keine Luft mehr bekommen habe. Ich war so eine Intensität einfach nicht gewohnt. Aber auch später hatte ich mit Heribert Ketterl beim TSV Straubing, der kurioserweise mittlerweile ein Freund und mein Co-Trainer ist, oder Sepp Beller beim ASV Cham hervorragende Trainer, von denen allen ich profitiert habe.

Hast Du irgendetwas in deiner Laufbahn bereut?
Eigentlich nicht. Wenn überhaupt dann das kurze Intermezzo beim damaligen Bezirksoberligisten FC Wallersdorf, bei dem ich nach meiner erfolgreichen Ittlinger Zeit den nächsten Schritt machen wollte. Nach wenigen Wochen habe ich aber gemerkt, dass ich da gar nicht hinpasse, was aber auch gar nicht schlimm war, weil ich anderweitig dazugelernt habe. Wir sind dann auch keinesfalls im Streit auseinander gegangen, aber beide Seiten haben einfach festgestellt, dass es so besser ist. Mir war immer klar, dass man weder als Spieler noch als Trainer fehlerfrei durch seine Laufbahn kommt. Wichtig ist nur, dass man sich selber keinen Vorwurf machen kann.



Gibt es ein Spiel, das Du nie vergessen wirst?
Das Spielende in Dachau letzte Saison ist unvergesslich, als wir trotz schlechter Ausgangslage mit einem 5:0-Sieg die Liga gehalten haben. Besonders erinnere ich mich natürlich auch noch an die zwei Relegationsspiele mit dem Jahn um den Zweitligaaufstieg gegen den Karlsruher SC. Beim Rückspiel konnte ich beruflich bedingt nicht dabei sein und habe es dann mit unserem Co-Trainer Wolfgang Beller, der zu dieser Zeit im Krankenhaus lag, im Fernsehen angeschaut. Beim Ausgleich hat sich wahrscheinlich das ganze Krankenhaus gedacht, was jetzt los ist. (lacht)

Überhaupt waren aber alle meine Aufstiege relativ spannend. Mit Ittling sind wir am letzten Spieltag in die Kreisliga aufgestiegen, das war der 29. Mai 2004. Einen Tag vorher wurde meine Tochter Emma geboren, dann haben wir mit einem 2:1-Sieg gegen Feldkirchen den Aufstieg perfekt gemacht und sind Meister geworden. Dazu hat an diesem Tag auch noch Markus Weinzierl, einer meiner besten Freunde, geheiratet. Dieses Wochenende ist dann extrem ausgeartet. (schmunzelt) Am nächsten Tag bin ich irgendwann mittags aus dem Vereinsheim raus und quasi direkt ins Krankenhaus zu meiner Familie. Das war ein Wochenende, das ich definitiv nie vergessen werde.

Früher war im Fußball alles besser - wie denkst Du über diese heutzutage gerne aufgestellte Behauptung?
Besser nicht, aber anders. Die guten Fußballer von früher würden sich heute auch durchsetzen, weil Qualität bleibt Qualität. Insgesamt ist alles viel athletischer und dynamischer geworden. Ich habe noch als Spieler die Umstellung von Libero bzw. Manndeckern auf Viererkette mitgemacht und später in Ittling 2003 auch als Spielertrainer die Viererkette eingeführt. Damals musste ich gegen viele Windmühlen kämpfen, mittlerweile ist das alles Gang und Gäbe. Entscheidend ist, dass die Spieler das auch wollen.

Gerry Huber (rechts) mit Schwaben Augsburgs Ex-Coach Halil Altintop.
Gerry Huber (rechts) mit Schwaben Augsburgs Ex-Coach Halil Altintop. – Foto: Paul Hofer


Welche Art der Mannschaftsführung favorisiert Du?
Es gab komischerweise eine Zeit, in der Leute von mir behauptet haben, dass ich ein harter Hund sei - aber das stimmt gar nicht. Ich fordere einfach viel ein von meinen Spielern und möchte, dass sie sich darüber Gedanken machen, was man sich unter der Woche im Training erarbeitet und das dann auch im Spiel umsetzen. Wenn dann Spieler dabei sind, die glauben, sie brauchen das nicht, dann lasse ich mir das nicht gefallen. So etwas ist nicht nur unfair dem Trainer gegenüber, sondern auch den Mitspielern und in dieser Hinsicht kann ich dann schon ein harter Hund sein.

An sich bin ich der Letzte, der keinen Spaß versteht, weil ich selbst auch ein lustiger Typ bin. Auf dem Platz können aber auch mal harte Worte fallen, da kann man nicht immer alle nur streicheln. Grundsätzlich gilt für mich: ich bin Trainer und kein Betreuer. Ich bin der Erste, der kommt und der Letzte, der geht. Fehler zu machen ist das Normalste der Welt, aber man kann alles dafür tun, so wenige wie möglich zu machen. So habe ich als Spieler gearbeitet und so arbeite ich jetzt auch als Trainer.

Wie kann Dich ein Spieler auf die Palme bringen können?

Wenn einzelne Spieler den Erfolg der Mannschaft gefährden. In so einem Fall ist die Qualität für mich absolut zweitrangig und im schlimmsten Fall musst du dich dann auch mal von so einem Spieler trennen. Solche Fälle hatte ich bei meinen Stationen immer wieder. Es gibt einfach einige Spieler, die sich jedes Recht rausnehmen, zum Beispiel in den Urlaub fahren wie sie wollen und dann aber auch noch Ansprüche stellen. Für mich ist es nur logisch, dass man da sauer wird. Ich denke, das geht aber jedem Trainer so. Im Grunde komme ich mit allen Spielern gut aus, solange sie machen was ich sage. (lacht)

Gibt es im Profibereich einen Trainer, den Du richtig gut findest?
Markus Weinzierl. Er ist nicht nur ein sehr guter Freund von mir, durch ihn konnte ich auch ein bisschen in das Profigeschäft hineinschnuppern. Das ist wirklich eine andere Welt, wenn man sieht, wie dort der Fußball in seine Einzelteile zerlegt wird. Für jeden Bereich gibt es einen Spezialisten, da steckt aber auch enorm viel Geld dahinter. Auch Julian Nagelsmann, Jürgen Klopp oder Thomas Tuchel gefallen mir sehr gut. Überhaupt gilt aber: wer in diesem Bereich als Trainer tätig ist, hat ein extrem hohes Niveau.

An der Seite seines langjährigen Freunds Markus Weinzierl (rechts) fungierte Gerry Huber beim SSV Jahn Regensburg als Torwarttrainer.
An der Seite seines langjährigen Freunds Markus Weinzierl (rechts) fungierte Gerry Huber beim SSV Jahn Regensburg als Torwarttrainer.


Größte Enttäuschung Deiner Karriere?
Sportlich gibt es da gar keine, außer dass ich in meiner aktiven Zeit etwas zu oft verletzt war. Aber auch da habe ich mich immer wieder rausgekämpft. Ich bin noch nie abgestiegen und das soll auch so bleiben. Natürlich gab es immer wieder mal Spieler, die dich auf menschlicher Ebene enttäuschen, aber das ist auch irgendwo normal und damit kann ich leben. Insgesamt hatte und habe ich mit dem Fußball eine sehr glückliche Zeit. Seit ich sechs Jahre alt bin spiele ich Fußball und für mich ist dieser Sport mehr als nur das Geschehen auf dem Platz. Dazu gehört auch das ganze Drumherum, das Diskutieren nach dem Spiel. Der Fußball als Mannschaftssport hat mir in meinem Leben sehr stark geholfen, der Mensch zu werden, der ich heute bin.

Was hältst Du von dem Trend, dass immer mehr Vereine auf sehr junge Spielertrainer setzen?
Wir sind in einer schwierigen Zeit, nicht erst seit Corona. In allen Ligen haben Vereine Probleme, genügend Personal zu finden, überhaupt gibt es in allen Sportarten zu wenig Nachwuchs. Früher hat man über den Freundeskreis neue Spieler dazugewonnen, gewechselt ist man eigentlich wenn dann nur zu einem höherklassigen Verein. Heute bekommst du neue Spieler größtenteils nur mit Geld und wenn du diese dann als Trainer ausgibst, kannst du das als Verein halt rechtfertigen.

Wenn einer Mannschaft ein Stürmer fehlt, hole ich eben einen als Spielertrainer und dazu noch einen offensiven Co-Spielertrainer. Das ist eben die Masche heutzutage, aber das birgt natürlich auch Gefahren. Ich kann nur an alle Vereine appellieren, gut zu arbeiten und sich anderweitig um Neuzugänge umzuschauen. Das ist natürlich mit viel Aufwand verbunden, den nicht mehr viele betreiben wollen. Das ist in gewisser Weise auch der Lauf der Zeit und damit müssen wir uns wohl arrangieren. Ob das alles gut oder schlecht ist, weiß ich nicht. Ich gehe aber einfach mal davon aus, dass jeder Vorstand das Beste für seinen Verein will.


Zur Person:
Gerald Huber startete seine Trainerkarriere 2003 beim Kreisklassisten RSV Ittling, mit dem er auf Anhieb als Meister in die Kreisliga aufstieg und im Folgejahr sogar in die Bezirksliga durchmarschierte. Nach zwei missglückten Kurzzeit-Engagements beim Bezirksoberligisten FC Wallersdorf und dem TSV Straubing wurde der frühere Klassekeeper, der neben dem TSV unter anderem auch für Post/Süd Regensburg und den ASV Cham zwischen den Pfosten stand, zur Winterpause der Saison 2008/09 von seinem Freund Markus Weinzierl als Torwarttrainer zum SSV Jahn Regensburg geholt. Beim damaligen Drittligisten hatte Huber unter anderem Michael Hofmann unter seinen Fittichen und war mit Ausnahme einer kurzen krankheitsbedingten Pause bis 2012 bei den Oberpfälzern tätig. Nach dem Aufstieg in die 2. Liga musste der Ittlinger sein Amt aus beruflichen Gründen jedoch niederlegen.

Danach widmete er sich voll seiner Trainertätigkeit bei der SG Post Kagers, die er bereits seit 2011 parallel zu seinem Job beim Jahn betreute. 2014 führte er die Gäubodenstädter zur Meisterschaft in der Kreisklasse und damit ins Kreisoberhaus, wo er mit seinem Heimatverein 2017 sogar ans Tor zur Bezirksliga klopfte. Nach internen Unruhen trennten sich die Wege beider Seiten nach erfolgreichen sechs Jahren aber kurz vor Saisonende vorzeitig und Huber übernahm zur darauffolgenden Spielzeit die SpVgg Hankofen. Mit den "Dorfbuam" schaffte er zweimal auf dramatische Art und Weise den Klassenerhalt in der Bayernliga und will sich im kommenden Sommer mit dem erneuten Ligaverbleib aus Hankofen verabschieden.

Aufrufe: 019.8.2020, 08:20 Uhr
Tobias WittenzellnerAutor