2024-04-29T14:34:45.518Z

Interview
Robert Weinert. F: Bock
Robert Weinert. F: Bock

"Fußball ist nicht immer nur Geld verdienen"

Robert Weinert, Abwehrchef vom TSV Schlieben, im FuPa Brandenburg-Interview

Nach dem Aufstieg in die Landesliga Süd kämpft der TSV Schlieben um den Klassenerhalt. FuPa Brandenburg sprach mit Abwehrchef Robert Weinert, der unter anderem auch schon beim FSV Union Fürstenwalde höherklassige Erfahrungen in der Oberliga sammelte, über die schwierige Saison.

Herr Weinert, am Samstag gelang ein Punktgewinn gegen den direkten Konkurrenten 1. FC Guben. Anhand des Spielverlaufs war der Zähler aber zu wenig, oder?

Viel zu wenig. Wir haben Guben für unsere Verhältnisse dominiert. Bis auf einen Angriff in der ersten Halbzeit, wo man eventuell hätte Elfmeter pfeifen können, hatte Guben keine gefährlichen Aktionen. Wir waren klar überlegen. Aber wir hatten keinen gefährlichen Torabschluss, das muss man auch sagen. Nach der Vorwoche, wo wir in der Nachspielzeit eigentlich hätten gewinnen müssen gegen Brieske, ist es enorm ärgerlich, gegen den FC nur einen Punkt zu holen. Man hat es auch in der Kabine gemerkt: Alle sind total niedergeschlagen, weil es jetzt schon schwieriger wird. Aber wir haben nichts zu verlieren und glauben noch an den Klassenerhalt.

Welches Quäntchen fehlt im Moment?

Aktuell haben wir das Spielglück nicht auf unserer Seite. Der Ball geht nicht rein, oder auch der Nachschuss wird vergeben. Dann hast du im Sturm Zweikampfsituationen im Eins-gegen-eins und diese wichtigen Duell verlierst du. Jeder reißt sich den Arsch auf. Wir müssen jetzt darauf aufbauen, dass wir zwei Wochen hintereinander nicht verloren und stark gespielt haben. In der Hinserie haben wir es schon gezeigt, als wir gegen Fürstenwalde II oder Miersdorf gewonnen haben: Wir können auch mit den anderen Mannschaften mithalten. Natürlich muss man gegen Guben oder Wildau die Punkte sicher holen. Aber man kann auch woanders noch punkten. Wir wollen auf jeden Fall drin bleiben. Wenn wir an die Leistungen gegen Guben und Brieske anknüpfen, bin ich mir zu 80 Prozent sicher, dass wir nächstes Wochenende mit drei Punkten aus Eisenhüttenstadt zurückkehren. Wir müssen dort ein Feuerwerk abbrennen und das Tor erzwingen.

Ist das eine Situation, wo Sie mit ihrer höherklassigen Erfahrung der Mannschaft helfen können?

Definitiv, ich gehe hier voran. Bei mir ist es etwas schwierig, weil ich beruflich viel in Berlin unterwegs bin und auch dort wohne, regelmäßig zum Training zu kommen. Wir versuchen es mindestens ein Mal die Woche zu realisieren, dass wir drei oder vier Berliner wenigstens Donnerstags zum Training kommen. Auf dem Platz dirigiere ich viel, das ist meine Spielweise. Die Jungs sagen mir auch, dass es ihnen ungemein hilft, wenn ich sie anweise. Von daher gehe ich natürlich voran. Ich bin auch ein lockerer Typ und bringe Lockerheit in die Mannschaft. Es ist gerade in so einer Phase wichtig, auch mal ein Späßchen zu machen, gerade wenn du unten drin stehst. Vor allem den jungen Leuten versuche ich immer etwas mitzugeben.

Es sind die Jungs, mit denen ich früher in meiner Jugend zusammen gespielt habe. Von daher ist es ein extremer Zusammenhalt untereinander. Wir gewinnen zusammen und verlieren zusammen. Das ist das besondere an der Truppe. Auch die Fans sind immer dabei und unterstützen uns. Wir wissen, dass wir die anderen Mannschaft nicht fussballerisch auseinander nehmen werden. Aber wir müssen jeden Zweikampf annehmen, Leidenschaft auf den Platz bringen und dadurch den Gegner verunsichern.

Kommt diese Spielweise Ihnen entgegen?

Auf jeden Fall. Wir spielen noch mit letztem Mann und Manndeckern, weil wir die Viererkette nicht können. Wir brauchen es auch nicht einstudieren, weil wir dazu zu unregelmäßig im Training sind. Wir haben unser System, mit dem wir letzte Saison aufgestiegen sind. Und dieses System versuchen wir jede Woche auf den Platz zu bekommen. Leidenschaft, giftige Zweikämpfe: Das ist genau meins. Ich liebe diese Spielweise. Von daher macht es mir auch unglaublichen Spaß.

Trotzdem stelle ich es mir schwierig vor, wenn man nicht regelmäßig gemeinsam trainiert.

Definitiv. Bei Fürstenwalde hatten wir sieben oder acht Mal in der Woche Training. Das ist schon etwas anderes, wenn man nicht genug Training hat und es schwierig ist, Pass- oder Laufwege einzustudieren. Das macht man sonst jedes Training, aber hier kann man es in der Art und Weise nicht trainieren. Klar ist das schade. Aber Schlieben spielt Landesliga, höher wird es wahrscheinlich auch erstmal nicht gehen. Das war unser Ziel, wir wollten unbedingt alle hoch. Und wir haben auch alle gesagt, dass wir unsere Chance nutzen werden. Jeder aus der Truppe möchte in der Liga bleiben und weiter Gas geben.

Sie könnten aber auch sagen: Ich wohne in Berlin und suche mir dort etwas mit kürzen Wegen.

Na klar, ich könnte in Berlin eventuell sogar noch Geld damit verdienen. Aber in Berlin spielt man noch regelmäßig auf Kunstrasen, was gar nicht mein Fall ist. Wenn es nur das Spiel wäre, wäre es ok, aber man trainiert ja auch auf Kunstrasen. Das ist für mich nichts, weil ich jemand bin, der die Zweikämpfe sucht. Ich grätsche mir jede Woche die Beine auf. Deswegen habe ich mir auch in der Vergangenheit schon immer Rand-Berliner Mannschaften gesucht, um auf Rasen spielen zu können. Wir werden versuchen, die Klasse zu halten. Und wenn das nicht der Fall ist, dann werden wir sehen, wie es weitergeht. Das wissen auch alle.

Es könnte also sein, dass Sie den Gang in die Landesklasse nicht nochmal mit antreten?

Das ist eine persönliche Frage. Ich würde es wahrscheinlich doch machen, weil ich ein Mensch bin, der sich nicht mit einem Abstieg verabschieden kann. Das könnte ich moralisch den Jungs nicht verkaufen. Ich fühle mich superwohl beim TSV und bin im Sommer mit meiner Ausbildung fertig. Dann bin ich regelmäßig arbeiten und habe auch meinen Führerschein, den ich gerade ebenfalls noch mache. Dann wird es für mich leichter zu pendeln, weil ich nicht mehr auf andere angewiesen bin. Aktuell bin ich das noch, deswegen ist es schwierig. Aber es war schon länger mein Wunsch, wieder hier zu spielen. Ich habe mit den Jungs in der Jugend gespielt und immer noch Kontakt zu allen. Fußball ist nicht immer nur Geld verdienen und höherklassig spielen. Ich habe es lange genug gemacht und die Erfahrungen in der Sportschule in Cottbus, danach bei Fürstenwalde dreieinhalb Jahre in der Oberliga bis zum Regionalligaaufstieg und auch bei Waltersdorf in der Brandenburgliga gesammelt. Ich möchte aber ein anderes Leben führen, mehr Freizeit haben, denn man opfert schon viel dem Fußball. Aber ich möchte auf jeden Fall auch weiter spielen, und aktuell ist Schlieben die beste Option. Natürlich muss man im Sommer schauen, denn ich möchte auch eine Entwicklung im Verein sehen, ob es Neuzugänge gibt, die die Mannschaft individuell verstärken und den Weg des TSV mitgehen wollen. Aber das weiß der Verein auch, dass er daran weiter arbeiten muss und es wird schon viel gemacht.

Werden Sie als Führungsspieler da mit eingebunden?

Wir haben einen Mannschaftsrat, zu dem ich aber noch nicht gehöre, weil ich einfach nicht regelmäßig beim Training dabei bin. Ich bin ein Mensch, der so eine Rolle wie im Mannschaftsrat oder als Kapitän nicht braucht, um Verantwortung zu übernehmen. Das gehört für mich dazu. Ich bin jemand, der meinem Trainer oder auch auf dem Platz immer seine Meinung sagt. Wenn ich es anders sehe oder denke, kann man sich immer zusammensetzen und darüber reden. Man kann sich immer mit einbringen. Das mache ich auf jeden Fall und werde es auch weiterhin tun. Der Verein ist nicht so aufgestellt, dass wir Leute haben, die sich zum Beispiel nur um Transfers kümmern. Natürlich schauen wir uns als Spieler auch um und erkundigen uns, ob wir jemanden hierher holen können. Und versuchen ihn von dem super Weg zu überzeugen, den Schlieben geht. Es ist eine eingeschworene Truppe. Und wenn man wirklich noch zwei oder drei Zugänge hat, auf die man sich verlassen kann, die regelmäßig da sind und in die Gruppe mit integriert, dann haben wir sehr gute Chancen, die Klasse auch langfristig zu halten.

Mit Robert Weinert sprach Sven Bock.

Aufrufe: 013.3.2019, 14:31 Uhr
Sven BockAutor