2024-06-06T14:35:26.441Z

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Wird in der Grotenburg nochmal Fußball gespielt? Der KFC Uerdingen steht vor dem Aus.
Wird in der Grotenburg nochmal Fußball gespielt? Der KFC Uerdingen steht vor dem Aus. – Foto: Marcel Eichholz

Fassungslosigkeit über den Absturz des KFC Uerdingen

Mit Entsetzen und Enttäuschung haben Fans und Vertreter der Krefelder Politik auf den drohenden Absturz des KFC Uerdingen in die völlige Bedeutungslosigkeit reagiert. Die Politik will neu über die Sanierung der Grotenburg beraten.

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Der KFC Uerdingen steht vor dem endgültigen Aus. Der Verein bzw. die KFC Uerdingen Fußball GmbH kann die für die Erteilung zur Lizenz zur 3. Liga die geforderte Bürgschaft in Millionenhöhe nicht hinterlegen - nach Informationen unserer Redaktion sollen es sieben Millionen Euro sein. Somit steht der Zwangsabstieg in die Regionalliga West fest.

Damit nicht genug: Investor Roman Gevorkyan bzw. die Noah Group, die Hauptanteilseigner an der KFC Uerdingen GmbH ist, wird diesen Schritt zurück in die Vierte Liga nicht mitmachen - obschon es laut KFC zunächst eine Übereinkunft gab, auch bei einem Abstieg in die vierthöchste deutsche Spielklasse den Weg gemeinsam weiter zu gehen. Das bedeutet: Der Club steht ohne Lizenz für die Dritte Liga und ohne Hauptgeldgeber für sämtliche Ligen darunter dar – und somit kann der mit dem Gläubigern vereinbarte Insolvenzplan nicht mehr umgesetzt werden.

Oberbürgermeister Frank Meyer (SPD), selbst bekennender KFC-Fan und Mitglied des Fanclubs „Ost-Groten“, zeigte sich tief enttäuscht: „Die Nachricht hat mich völlig überrascht und enttäuscht. Nachdem der KFC den Klassenerhalt am letzten Spieltag erkämpft hatte und nach harten Zeiten ein echter Neustart möglich schien, ist dieser Tiefschlag für die Fans extrem bitter. Obwohl die Situation sehr schwierig, beinahe ausweglos scheint, werde ich Kontakt zu den Verantwortlichen aufnehmen und natürlich meine Unterstützung anbieten.“

Politiker sind entsetzt

Philibert Reuters, CDU-Fraktionschef, erklärte: „Diese Nachricht ist vor allem ein Schlag ins Gesicht für die vielen treuen KFC-Fans, die ohnehin im letzten Jahr schon eine Achterbahnfahrt der besonderen Art hinter sich gebracht haben. Wir werden uns in den folgenden Tagen im Hinblick auf diese Entwicklung sachkundig machen und mögliche Handlungsoptionen beraten.“

Für die FDP-Fraktion erklärte Paul Hoffmann: „Für den KFC und für Krefeld ist das sportlich eine Katastrophe. Die Mannschaft hat sich in den vergangenen Wochen den Klassenerhalt erkämpft, und jetzt steigen wir aus wirtschaftlichen Gründen ab. Das ist bitter. Aber so ist Profi-Fußball; er unterliegt strengen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Für die Grotenburg heißt das, dass wir die Sanierung überdenken müssen. Müssen wir jetzt noch 16,5 bis 20 Millionen Euro plus ausgeben, oder kriegen wir die Spieltauglichkeit auch für unter zehn Millionen hin? Es stellt sich schon die Frage, ob das im Lichte der neuen Entwicklung nicht ausreichen würde.“

SPD-Fraktionsvorsitzender Benedikt Winzen sagte: „Heute ist ein bitterer Tag für die Menschen, die diesem Verein über Jahrzehnte, gerade auch in sehr schwierigen Zeiten, die Treue gehalten haben. Es ist ein bitterer Tag für den Krefelder Sport. Dieser Tag muss aber kein Ende darstellen, sondern kann auch ein Anfang für etwas Neues sein. Es muss jetzt also zunächst darum gehen, Informationen zusammen zu tragen und Optionen zu prüfen. Dies aber mit aller Sorgfalt. Die Beschlüsse zur Grotenburg sind ohne Ligazugehörigkeit gefasst worden und haben dadurch weiterhin Bestand.“

„Die Nachricht hat uns kalt erwischt. Nach dem erfolgreichen Klassenerhalt haben wir wie viele KFC Fans auf einen Neustart gehofft“, sagte Grünen-Fraktionsvorsitzender Thorsten Hansen. „Wenn die Zahl eines siebenstelligen Betrages als Sicherheitsforderung vom DFB stimmt, dann ist das schon bemerkenswert. In einer aufgrund von Corona sowieso schwierigen Situation, ist so eine Forderungen unverhältnismäßig“, so Hansen weiter. Die Sanierung der Grotenburg müsse im Lichte der neuen Entwicklungen beim KFC neu bewertet werden. „Eine Drittliga-taugliche Sanierung ist erstmal nicht notwendig, und es steht auch die Frage im Raum, ob die zugesagten Fördermittel des Bundes weiter zur Verfügung stehen. Von der Verwaltung erwarten wir Vorschläge, wie es mit der Grotenburg weitergeht und welche finanzielle Auswirkungen die veränderte Situation hat“, forderte Hansen. „Die KFC Fußball GmbH ist erstmal Geschichte, und wir Grünen werden die sportliche Planung des Vereins KFC Uerdingen im Rahmen der Möglichkeiten unterstützen. Für die KFC Fans und viele Krefelder*innen ist dies ein schwarzer Tag und wir hoffen auf einen Neustart in einer der Amateurligen.“

„Ich bin entsetzt und schockiert,“ kommentierte UWG/WUZ-Ratsherr Andreas Drabben die Nachricht. „Die traditionsreiche Geschichte des Krefelder Fußballs soll so plötzlich beendet werden? Die langen und zähen Gespräche und Planungen zeigten eigentlich in eine positive Richtung. Das Projekt KFC Uerdingen und Grotenburg sollten endlich wieder zu einem Aushängeschild werden.“ Ratsherr Ralf Krings sieht sich in seiner Auffassung bestätigt, dass der KFC ein eigenes Trainingsgelände benötigt. Jetzt biete sich erneut die Gelegenheit, dem KFC zu helfen. Für einen seriösen Neuanfang sei ein eigenes Trainingsgelände wichtiger als ein Stadion mit 15.000 Sitzplätzen.

KFC Uerdingen Fußball GmbH wird abgewickelt - Verträge nicht mehr gültig

Wie und ob es nun beim KFC sportlich weitergeht, steht in den berühmten Sternen. Die KFC Uerdingen Fußball GmbH wird nun abgewickelt und existiert dann nicht mehr, sagt Insolvenzverwalter Dr. Claus-Peter Kruth. Da die Spieler bei der GmbH angestellt sind, sind im Falle der Abwicklung sämtliche Verträge nicht mehr gültig - im Rahmen des Insolvenzverfahrens waren mit einer Ausnahme ohnehin alle Verträge entweder von Vereins- oder von Spielerseite gekündigt. Das bedeutet, dass aktuell auch keine Spieler mehr zur Verfügung stehen. Allerdings bleibt der Stammverein, der KFC Uerdingen e.V., bestehen – und er hat es nun in der Hand zu entscheiden, ob der Spielbetrieb in der Regionalliga fortgesetzt werden kann (und die dortigen Voraussetzungen erfüllen kann) oder ob es womöglich noch tiefer hinab geht. Theoretisch ist nun auch ein vollständiger Rückzug möglich und ein Neustart in der untersten Spielklasse - das wäre die Kreisliga C.

Auch in der Fan-Szene ist das Entsetzen groß. „Mir fehlen gerade einfach die Worte. Ich möchte nichts sagen“, sagt beispielsweise Daniel Staude, führendes Mitglied der Krefelder Ultraszene, seit 1991 dabei und sonst für gewöhnlich selten sprachlos.

Restchance auf Regional- oder Oberliga?

Christian Emmerich, KFC-Fan seit 1968, hofft, dass es vielleicht doch noch weiter geht. „Zunächst ist die Enttäuschung, nachdem gezittert, gebangt und gehofft wurde, riesengroß. Ich bin sehr verwundert über die Noah-Gruppe, die in Vorgesprächen auch die Regionalliga als eine Option dargestellt hat. Unabhängig davon, dass die für die 3. Liga geforderten sieben Millionen eine sehr hohe Bürde sind. Vom Verwaltungsrat und der Vereinsführung erwarte ich schnellstmöglich eine Antwort auf die Frage, wie man die Restchance für die Regional- oder Oberliga wahrnehmen kann. Das, was in Uerdingen passiert ist, sollte Warnung sein, zu sehr oder ausschließlich auf Investoren zu setzen. Die Stadt kann jetzt zeigen, dass sie doch höherklassigen Fußball will.“

Vielleicht gibt es tatsächlich noch Hoffnung für den Traditionsverein: Nach Informationen unserer Redaktion stellt sich im Hintergrund des Clubs eine Initiative auf, die sich zumindest für eine Fortsetzung des Spielbetriebs einsetzen will - in einer finanziell bezahlbaren Liga, hieß es aus dem unmittelbaren Umkreis der Hauptakteure.

Aufrufe: 03.6.2021, 10:40 Uhr
RP / Heinrich Löhr, Oliver Schaulandt & Jens VossAutor