2024-05-02T16:12:49.858Z

Allgemeines
Oliver Pöstges (links) und Sbastian Nellis.
Oliver Pöstges (links) und Sbastian Nellis.

"Es brodelte die ganze Zeit im Verein"

Großes Doppelinterview mit Oliver Pöstges (Sportlicher Leiter) und Sebastian Nellis (Geschäftsführer) bei der SpVg Odenkirchen 05/07

Es war keine leichte Zeit, die die SpVg Odenkirchen 05/07 im Sommer 2019 erlebte. Fast die gesamte Erste Mannschaft kehrte dem Verein den Rücken, es gab Differenzen im und mit dem Vorstand. Eine neue Truppe mit sieben Vorständen trat an, um den Verein neu aufzustellen. Mit zwei der sieben Organisatoren des Aufschwungs hatte FuPa nun einen ausgiebigen Interview-Termin.
Wenn man einen Neuanfang wagt oder wagen muss, ist dem ja oft etwas vorausgegangen, das weniger erfreulich war. So war es ja auch in Odenkirchen, als im vergangenen Sommer fast die komplette Erste Mannschaft weg war. Wenn man mit einem Verein verbunden ist, tut das doch auch sicherlich weh.

Oliver Pöstges Als sich abzeichnete, dass viele Spieler den Verein verlassen wollten, und man muss da einfach auch feststellen, dass es gewisse Differenzen mit dem alten Vorstand gab, hat sich zumindest die Zweite Mannschaft gleich bereit erklärt, die Erste zu unterstützen, denn mehr als drei oder vier Spieler waren uns ja nicht geblieben. Es brodelte die ganze Zeit im Verein.

Denn da waren ja durchaus auch Spieler dabei, bei denen schon etwas vorgefallen sein muss, wenn sie den Verein verlassen.

Pöstges Ich bin jetzt 28 Jahre im Verein, und man muss schon sagen, dass das Geld hier doch zu oft ein leidiges Thema war. Aus unserer Sicht hat Odenkirchen da auch über seine Verhältnisse gelebt. Etwa die Jungs wie Dragan Kalkan, die es nach Jüchen gezogen hat, haben hier teils unter Tränen den Verein verlassen, den Schritt wegen der Unruhe aber dennoch vollzogen. Deswegen mussten wir dann erst einmal den Schritt gehen, den Spielbetrieb irgendwie aufrecht zu erhalten. Im vorigen September kam es dann zum Bruch im Vorstand, so dass wir einen neuen Vorstand stellen mussten. Den haben wir dann mit Lucio di Battista als Vorsitzendem, Ralf Bremges als Zweitem Vorsitzenden, Sebastian als Geschäftsführer, Volker Topüth als sein Stellvertreter, mit mir als Sportlichem Leiter, Ben Welters als Kassierer und Simon Winkens als Stellvertreter gefunden. Das waren sieben komplett neue Leute. Da wurden wir auch teilweise ins kalte Wasser geworfen, sind die Aufgabe aber mit Herzblut angegangen.

Neu war ja auch die Bezirksliga für viele der Spieler, die dann ja aus der Kreisliga A kamen. Wie habt ihr das erlebt?

Pöstges Das haben die Jungs eigentlich richtig gut gemacht. Aber es war dennoch natürlich nicht leicht, vor allem hat dann ja auch Manni Claßen als Trainer aufgehört.

Irgendwann war für Euch ja klar, dass ihr das Geschenk bekommt, nach der Corona-Krise in der Liga zu bleiben. Welche Punkte standen dann bei der Saisonplanung im Zentrum?

Pöstges Wenn wir einen neuen Trainer suchen würden, dann war für mich von vorne herein klar, dass das Thomas Vaßen sein sollte. Wir kannten uns aus der gesamten Fußballerzeit, sind uns immer wieder über den Weg gelaufen. Wir waren nicht befreundet, haben uns aber immer respektiert. Wir brauchten einen jungen, dynamischen Trainer, der hier mit uns etwas aufbauen will. Das war ein absoluter Glücksgriff, und er lebt jetzt schon für den Verein. Wir sind froh, dass wir diesen Schritt im November schon vor der Corona-Krise vollzogen haben. Wir dürfen jetzt weiter Bezirksliga spielen, und das ist generell hier auch unser Anspruch. Wir wollen, wenn möglich, in dieser Saison mit dem Abstieg nichts zu tun haben. Wir haben die Corona-Pause aber auch dazu genutzt, unseren Seniorenbereich auf gesunde Füße zu stellen. Wir haben neben der Ersten Mannschaft eine ambitionierte Zweite Mannschaft aufstellen können. Und Odenkirchen ohne eine Dritte Mannschaft wäre auch nicht vorstellbar, daher sind wir im Herrenbereich jetzt mit drei Mannschaften gut aufgestellt. Aber auch unser Frauenbereich ist mit einer Mannschaft in der Bezirksliga und einem neuen weiteren Team sehr gut aufgestellt. Und natürlich dürfen wir bei unserem Seniorenbereich unsere Alten Herren nicht vergessen, die auch einen wichtigen Teil unseres Vereins ausmachen.

Wie bist Du dazu gestoßen, Sebastian?

Sebastian Nellis Ich bin vor drei Jahren nach Odenkirchen gezogen und habe dann hier im Verein Anschluss gesucht, habe den hier dann auch schnell gefunden. Ich habe in der Dritten Mannschaft gespielt, und da war der Kontakt zur Zweiten recht eng. Da habe ich schon gemerkt, dass es hier viele Menschen gibt, denen echt etwas an diesem Verein liegt. Die alte Erste war für mich immer etwas weiter weg, davon bekam ich nicht so viel mit. Zudem habe ich auch schnell gemerkt, dass so etwas wie ein Vorstand für mich nicht so präsent war.

Und das zeigt ja schon ein strukturelles Problem, oder?

Nellis Sicherlich. Irgendwann hat mich dann mein Schwiegervater Ralf Bremges angerufen, der schon seit 50 Jahren im Verein ist, und fragte mich, ob ich nicht Geschäftsführer werden wolle. Ich habe zwar ehrenamtlich eigentlich schon genug zu tun, fühle mich hier aber wohl, und ich wollte dafür auch etwas zurückgeben. Bei dem einen Brief pro Jahr, mit dem ich angeblich nur zur Jahreshauptversammlung einladen müsse, ist es dann nicht ganz geblieben. Und zudem trainiere ich ja mit Oliver zusammen noch die Dritte. Und wir haben gemerkt, dass hier über eine Nachfolge innerhalb des Vorstandes vorher nie richtig nachgedacht worden ist.

Lagen denn da gewisse Felder brach?

Nellis Das war schon so. Um einmal ein Beispiel zu nennen: Wir haben etwa schnell festgestellt, dass für uns nicht nur die Sponsorensuche, sondern auch die Sponsorenpflege sehr wichtig ist. Es bleibt niemand am Ball, weil er einmal im Jahr einen Brief erhält, in dem er zur Zahlung aufgefordert wird. Am Ende muss das auch einen Mehrwert für den Sponsoren haben. Ohne irgendeinen Vorwurf an irgendwen richten zu wollen, gab es hier einfach Sachen, die wir anpacken mussten. Da haben wir zu Beginn auch Fehler gemacht, es gab da auch Dinge, die ich einfach nicht wusste.

Was ist grundlegend neu an Eurem Ansatz?

Nellis Wir wollen endgültig davon weg, dass hier ein Spieler ein Festgehalt bekommt. Deshalb gibt es das gar nicht mehr. Wir wollen das Vereinsleben nach vorne bringen und im Seniorenbereich geschlossen auftreten. Das müssen nicht nur Odenkirchener sein, aber Spieler, die das hier mit tragen wollen und sich mit dem Verein identifizieren.

Pöstges Es gibt nur noch Punktprämien, und die sind für alle Spieler gleich. Es gibt keine Ausnahmen mehr. Das soll das Teamgefüge stärken. Wir haben zu oft gesehen, was das Geld auch anrichten kann. Das heißt aber nicht, dass wir die Mannschaft nicht doch so aufstellen wollen, dass sie perspektivisch wieder eine vernünftige Rolle in der Bezirksliga spielen kann. Ganz wichtig ist auch, dass wir das zu 100 Prozent halten können, was wir den Spielern versprechen. Wir haben kalkuliert, was möglich ist, und das dann so kommuniziert. In jüngerer Vergangenheit haben wir einige starke Partner gewinnen können. Aber wir wollen nicht mehr über dem Limit leben.

Wie ist es um die Jugend in Odenkirchen bestellt? Denn das dürfte bei einem solchen Konzept ja ein wichtiger Faktor sein.

Pöstges Wir haben aktuell keine A-Jugend, das ist natürlich mit dem Blick auf die Senioren nicht gut, das muss man klar sagen. Auch insgesamt hat die Jugend deutlich gelitten, und da müssen wir als Verein auch insgesamt enger zusammenrücken. Grundsätzlich sind wir absolut gewillt, auch im kommenden Jahr wieder eine A-Jugend zu stellen. Das ist eines der obersten Ziele. Das hätten wir gerne jetzt schon gemacht, aber es war bedingt durch Corona nicht leicht, weil viele Spieler ihren Verein jetzt nicht verlassen wollten.

Sebastian, welche Beziehung hast Du ansonsten noch zum Fußball?

Nellis Ich komme ursprünglich aus Krefeld, lebe aber schon zehn Jahre in Mönchengladbach, ich bin seit vielen Jahren "Allesfahrer" in der aktiven Fanszene von Borussia Mönchengladbach aktiv. Der Fußball hat letztlich sehr viele Dinge in meinem Leben geprägt. Durch den Fußball habe ich meine Frau kennengelernt, durch den Fußball bin ich nach Odenkirchen gekommen. Corona hat mich allerdings ein wenig vom Profifußball distanziert, weil ich mich dann schon irgendwann gefragt habe, ob wirklich Fußball gespielt werden muss, wenn parallel die Kindergärten geschlossen haben. Bei allem Verständnis dafür, dass die großen Vereine natürlich heute Wirtschaftsunternehmen sind.

Ihr scheint Euch hier gut zusammengefunden zu haben.

Nellis Das passt in der tat alles sehr gut. Meine Frau sagt schon immer, dass Oliver jetzt eine Art "Zweitfrau" für mich ist (lacht).

Pöstges Wir kannten uns zwar auch vorher, aber inzwischen kann ich sagen, dass wir echte Freunde geworden sind. Der Verein ist für mich eine Herzensangelegenheit, ich habe hier alles durchgemacht.

Wenn ihr Euch zum Saisonabschluss eine Schlagzeile über dem Artikel zur Ersten Mannschaft wünschen dürftet, wie würde die lauten?

Nellis Dann sollte etwas von souveränem Klassenverbleib drin stehen.

Pöstges Wenn in der Schlagzeile nichts von Abstieg steht, dann haben wir für die Situation, in der wir das hier vorgefunden haben, eine sehr gute Saison gespielt.
Aufrufe: 023.9.2020, 12:00 Uhr
Sascha KöppenAutor