2024-04-25T14:35:39.956Z

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Alberto Méndez coacht zukünftig die TSG 08 Roth.
Alberto Méndez coacht zukünftig die TSG 08 Roth. – Foto: Meier

Er kickte einst für Arsenal - jetzt coacht er Roth

Alberto Méndez (45) wollte sich nie wieder im Amateurbereich engagieren, nun will er einen Bezirksligisten trainieren. Wie kam es zum Sinneswandel?

Ex-Premier-League-Profi Alberto Méndez trainiert künftig, sobald es wieder möglich ist, den Bezirksligisten TSG 08 Roth. Eigentlich wollte der 45-Jährige, der 1997 beim englischen Premier Club FC Arsenal London einen Sechs-Jahres-Vertrag unterschrieb und mit Arsenal Pokalsieger und Meister wurde, nie wieder im Amateurbereich anfangen.
"Das habe ich damals 2013 gesagt. Grund ist, weil das Schmerzensgeld im Amateurbereich, das man bei einem Rauswurf als Trainer bekommt, zu niedrig ist." Das bedeutet aber nicht, dass Méndez ein Großverdiener ist. Er wollte sich das einfach nicht mehr antun. Doch nun ist Méndez doch wieder im Amateurfußball gelandet und zwar in der siebten Liga beim abstiegsbedrohten Bezirksligisten TSG 08 Roth.

Méndez hat zuletzt für englische Software-Analysten gearbeitet.

In den letzten sieben Jahren hat Méndez, der in Katzwang wohnt, im Profibereich gearbeitet. Bald nach seiner Entlassung beim damaligen Bayernligisten FC Amberg an seiner letzten Amateur-Station stieg Méndez bei einem englischen Dienstleister ein, der eine Analyse-Software für deutsche Profivereine anbot: "Ich war in dieser Zeit der Ansprechpartner für Erst- und Zweitligisten aus Deutschland, die mit dieser Software gearbeitet haben. Ich habe da auch mit dem österreichischen Fußballverband zu tun gehabt und mit Klubs aus Österreich." 2018 hörte Méndez dort auf und stieg als Scout beim Zweitligisten FC St. Pauli ein, wo er einen Zwei-Jahres-Vertrag unterschrieb. Der Nürnberger war für den Bereich Iberische Halbinsel zuständig. "Ich habe aber auch mal, wenn ich keine Spiele in Spanien oder Portugal hatte, in Tschechien oder in Österreich Spiele angeschaut", erzählt der Deutsch-Spanier. Doch bei St. Pauli lief vieles schief. Die angebotenen Talente wurden nicht verpflichtet. "Ich habe daher 2019 um eine vorzeitige Vertragsauflösung gebeten", so Méndez, der in den letzten neun Monaten eine Pause eingelegt hat.

"Da hatte ich dann mal Zeit, Spiele von meinem Sohn Nico anzusehen." Der 15-Jährige spielt in der B-Jugend beim TSV Katzwang. Neben Nico gibt es in der Familie Méndez noch die Tochter Noelia (8). Nun greift der frühere Spielgestalter in der Bezirksliga als Trainer an und das kam so: Bei der TSG 08 Roth soll Nico Gelev, ehemaliger Spieler des 1. SC Feucht, neuer Abteilungsleiter werden: "Wir kennen uns, haben vor 23 Jahren zusammen in Feucht gespielt. Er hat mich angesprochen, dass er einen Trainer für Roth sucht. Das hat sich dann alles ganz vernünftig angehört und nun habe ich zugesagt." Ziel ist es, den Klassenerhalt zu sichern. Aktuell belegt die TSG 08 nur den Relegationsplatz 13 in der Bezirksliga Süd mit 16 Punkten aus 18 Spielen. Spätestens ab dem 1. September, wenn wieder gespielt werden soll, will Méndez dieses Unterfangen mit seinem neuen Team angehen.

Das erzählen sie sich heute noch in Feucht: Als plötzlich Arsenals Trainerlegende Arsène Wenger auf der Matte stand.

Es ist wohl eine der bemerkenswertesten Geschichten im bayerischen Amateurfußball. Der damals 21 Jahre alte Alberto Méndez wechselte im Sommer 1997 aus der Landesliga Mitte vom Meister 1. SC Feucht zum FC Arsenal London in die englische Premier League. Als Scout war der damalige Arsenal-Coach Arséne Wenger höchstpersönlich nach Nürnberg gereist, hatte Méndez unter die Lupe genommen. Sein Urteil: "Den will ich haben", und so wechselte der Mittelfeldspieler, ein echter Spielgestalter vom alten Schlag, ins Mutterland des Fußballes.

Die Geschichte ist schier unglaublich, die Alberto Méndez-Rodriguez, so sein vollständiger Name, erlebt hat. Denn der Deutsch-Spanier wechselte Mitte 1997 damals aus der zu diesem Zeitpunkt viertklassigen Landesliga rauf in die höchste Profi-Etage nach England und unterschrieb dort einen Sechs-Jahres-Vertrag. Arsenal zahlte damals eine sechsstellige Ablösesumme von 300.000 Englischen Pfund, was seinerzeit in etwa einer Million Mark entsprach. Méndez, der in Nürnberg zuhause war, startete also von Feucht aus eine internationale Karriere. Auch der SC Freiburg hatte Wind von dem Spielmacher aus Mittelfranken bekommen. Was dann kam, ging in die Geschichtsbücher ein. Der Arsenal-Trainer schien trotz der Niederlage der Feuchter angetan von dem damals erst 22-Jährigen zu sein. "Ich wusste zwar, dass Arséne Wenger zugeschaut hatte, aber ich habe das nicht so ernst genommen. Ich hatte keinen Bezug zu England. Vor allem regnet es in England immer. Das war damals das Erste, was ich mit England verbunden habe", blickt Méndez zurück.

Eigentlich sollte er nach Freiburg - dann grätschten die "Gunners" dazwischen.

Der Feuchter Spielmacher hatte eigentlich schon andere Pläne. Freiburgs damaliger Kulttrainer Volker Finke hatte sich um Méndez bemüht. Eine Woche lang durfte der Nürnberger bei den Bundesliga-Profis im Breisgau mittrainieren. "Alberto hat bei uns einen sehr guten Eindruck hinterlassen. Ich hätte ihn gerne zu uns geholt. Mündlich waren wir uns bereits einig", erinnert sich Finke an Méndez nur positiv. Als dann die Anfrage von Arsenal kam, war Méndez sehr überrascht. Freiburg war bereit 160.000 Mark Ablöse an Feucht zu zahlen. Zu diesem Zeitpunkt war Méndez mit dem Kopf eigentlich schon in Freiburg, auch des Wetters wegen. Doch als die Saison 1996/97 zu Ende war, rief Nüssing noch einmal bei Méndez an. Arsenal wollte unbedingt, dass der Spielgestalter auf die Insel kommt. Méndez ließ sich erweichen und flog Anfang Juni für einen Tag zum Schnuppern nach London. "Das Trainingszentrum, das Stadion Highbury und das ganze Drumherum hat mich derart beeindruckt, dass ich mich für Arsenal entschieden habe", so Méndez.

Dort gab es dann auch den ersten persönlichen Kontakt mit Coach Wenger bei einem Mittagessen. "Als ich zu den ersten Gesprächen nach London geflogen bin, hab ich Herrn Wenger dreimal gesagt, dass er mich ja erst ein einziges Mal spielen gesehen hat und wieso er mich dann verpflichten will. Aber der Trainer hat trotzdem darauf bestanden, er wolle mir die Chance geben, bei Arsenal zu spielen", so Méndez aus der Erinnerung. In den englischen Medien rechtfertigte Wenger den Méndez-Transfer damals wie folgt: "Ich muss junge Spieler verpflichten. Arsenal hat die besten Spieler zwischen 28 und 35 Jahren, aber die jüngeren sind alle bei Liverpool, Manchester United und Chelsea." Dann ging alles ganz schnell. Eine Woche nach dem ersten Meeting folgte der Medizin-Check und anschließend die Vertragsunterzeichnung mit einer Laufzeit von sechs Jahren. "Ab diesem Zeitpunkt begann ein neues Leben für mich", so Méndez.

Unvergessen: Sein Treffer in der Champions League gegen Panathinaikos Athen.

Ein Highlight seiner Londoner Zeit war ein Einsatz in der Champions League bei Panathinaikos Athen. Beim Londoner 3:1-Sieg, der nach der bereits eingefahrenen Qualifikation für die K.o.-Runde mit einigen Spielern aus der zweiten Reihe bestritten wurde, erzielte Méndez ein Tor. "Es war ein Freistoß aus knapp 25 Metern. Der Ball wurde quer gelegt und ich zog ab. Mein Schuss wurde von einem Bein in der Mauer abgefälscht", sagt Méndez und ergänzt: "Ein Spiel auf so hohem Level war natürlich etwas ganz Besonderes in meiner Profi-Karriere." Beim nächsten Heimspiel in der Champions League, Arsenal spielte seine Heimspiele in besagter Saison im wesentlich größeren Wembley-Stadion, sollte Méndez gegen Dynamo Kiew eingewechselt werden: "Ich bin aber beim Warmmachen leider umgeknickt. Deshalb blieb die Partie in Athen meine einzige in der Champions League. Ich war aber bei allen sieben Spielen in der Champions League auf der Ersatzbank dabei. Selbst das waren unvergessliche Erlebnisse."

Weitere Gegner in der Gruppenphase waren der FC Barcelona um Luis Figo und der französische Vertreter RC Lens. Es folgten für Méndez viele weitere internationale Stationen, denn er erfüllte seinen Sechs-Jahres-Vertrag bei Arsenal London. Anfang 1999 wurde Méndez bis zum Sommer an den AEK Athen ausgeliehen, später zur SpVgg Unterhaching, die damals in der Bundesliga spielte. Besonders einprägenswert war das legendäre Match im Sportpark am 34. und letzten Spieltag gegen Bayer 04 Leverkusen, das Unterhaching mit 2:0 gewann und dadurch den FC Bayern München zum Meister machte. Es folgten Ausleihgeschäfte zum spanischen Zweitligisten Racing Ferrol zum FC Terrassa. Nach zahlreichen Verletzungen und nach Vertragsende bei Arsenal kehrte der Deutsche mit spanischen Wurzeln 2004 wieder in seine Heimat zurück und spielte noch einmal für den 1. SC Feucht in der Regionalliga Süd, was damals die dritte Liga war.

»Ich werde nie mehr etwas mit Amateurfußball zu tun haben.«

So schloss sich für ihn in Feucht der Kreis, doch kurz vor Saisonende musste der SC Insolvenz anmelden. In der Folge-Station lief es - blickt man auf die Finanzen - am Ende bei der SpVgg Bayreuth nicht besser, denn die Oberfranken erhielten keine Lizenz mehr und mussten die Regionalliga Süd verlassen. 2006/07 stieg der Mittelfranke mit dem SV Darmstadt 98 aus der Regionalliga ab. Die nächste Station waren eineinhalb Jahre beim Regionalligisten SV Sandhausen. Ab Jahresbeginn 2009 bis Ende 2010 stand Méndez bei der SpVgg SV Weiden unter Vertrag. Eine schwere Knieverletzung unterbrach seine Karriere. Weiden stellte kurz vor Ende 2010 einen Insolvenzantrag, womit sein Engagement dort beendet war. "Rückblickend würde ich es wieder so machen", erklärt Méndez. "Ich habe auf einem sehr hohen Niveau gespielt. Ich war aber nicht schlau genug, mein ganzes Potential auszuschöpfen." Mit 36 Jahren stieg Méndez ins Trainergeschäft ein, führte den FC Amberg in die Bayernliga Nord, wurde dort aber im April 2013 nach fast zwei Jahren entlassen. "Ich werde nie mehr etwas mit Amateurfußball zu tun haben", hatte der Ex-Feuchter damals gesagt. Doch nun ist er nach gut sieben Jahren wieder zurück auf der Bühne in der Bezirksliga bei der TSG 08 Roth.
Alberto Méndez (li.) als Trainer des FC Amberg.
Alberto Méndez (li.) als Trainer des FC Amberg. – Foto: Meier





Aufrufe: 019.5.2020, 11:11 Uhr
Dirk Meier Autor