2024-05-23T12:47:39.813Z

Ligavorschau
Sagt beim Abschied leise „Servus“...und trifft zum 1:0: Patrick Loeper.	Archivfoto: Ben
Sagt beim Abschied leise „Servus“...und trifft zum 1:0: Patrick Loeper. Archivfoto: Ben

Ein schönes Tor zum Abschied

GL GI/MR: +++ Trainer Patrick Loeper verlässt zur Winterpause den MTV 1846 Gießen, trifft gegen Leusel und hinterlässt gut bestelltes (Kunstrasen-)Feld +++

giessen. Zwei, drei Meter hinter der 16er-Linie hatte er den Ball am rechten Fuß – dann „sind zwei Gegenspieler auf den rechten Fuß draufgegangen, die wussten aber nicht, dass ich den nur habe, um nicht umzufallen, dann habe ich den Ball auf links gelegt und ins Eck geschlenzt. Der hat gepasst.“ Patrick Loeper, immer mal wieder spielender Trainer des Gruppenligisten MTV 1846 Gießen, ist die diebische Freude über seinen 1:0-Führungstreffer gegen die SpVgg Leusel noch anzuhören. Loeper, der vor vier Wochen seinen 38. Geburtstag gefeiert hat, weiß auch, dass „das im Training von zehn Mal vielleicht zwei Mal so klappt, aber das war halt an dem Tag der Treffer zum richtigen Zeitpunkt, dann haben wir gleich noch das 2:0 gemacht. Und das Ding gewonnen.“ Wenn das mal kein „Spieler der Woche“ ist.

Das gewonnene Ding hievte die Männerturner mit nunmehr 29 Punkten, nach zuvor vier Niederlagen in Folge, wieder auf Platz fünf. Ein Ding, das so nicht erwartet werden konnte, denn „da haben ja zehn Mann verletzt draußen gestanden, die sonst dabei sind.“ Für Loeper, den übungsleitenden Coach („ich sehe mich nun wirklich nicht mehr als Spieler in der Gruppenliga“), war der vorentscheidende, weil die Leuseler entnervende Treffer eine wunderbare Pointe nach dreieinhalb Jahren beim MTV 1846 Gießen. Es war das letzte Heimspiel unter den Fittichen des Mannes, der von Schwarz-Weiß Gießen kommend, zwei, drei Ligen übersprungen und die Mannen vom Heegstrauchweg von der Kreisoberliga Süd in die Gruppenliga geführt hatte – und da – etablieren konnte.

„Es war echt schön, dass ich im letzten Heimspiel noch so eine Bude mache, es hat gepasst, weil sich alle ein Herz gefasst und gekämpft haben, im Grunde hatten wir keine Chance, aber ich wusste, wenn wir Leusel richtig schön nerven und ihr Spiel nicht zulassen, könnte es klappen.“

Patrick Loeper sprudelt los, wenn er über Fußball redet, er ist voll dabei, weiß aber auch, „dass ich auf dem Platz und am Rand sehr dominant bin“ – dass es also nicht immer einfach ist für die Spieler. Die es ihm bei einem „Studentenverein, wie dem MTV“ auch nicht immer einfach machen, „da fehlen aus einem 30er-Kader für zwei Mannschaften fast immer acht bis zehn, das muss man auch erst mal kompensieren.“ Dass Loeper das kompensiert hat, ist an der Entwicklung seit Sommer 2016 ablesbar. „Ich denke schon, es ist eine mega Entwicklung, die wir hingelegt haben“, denkt er zurück. Als der Defensivstratege begann, war „die 1. Mannschaft in der Kreisoberliga am Boden, die 2. im Nirvana.“ Das „Quadrupple“, wie die MTV-Jungs im Jahr 2018 den größten Erfolg der langen fußballerischen Vereinsgeschichte nannten und feierten, erfüllt Patrick Loeper folglich immer noch mit Stolz. Denn im Sommer des vergangenen Jahres gelang der 1. Mannschaft der Aufstieg in die Gruppenliga, die 2. Mannschaft schaffte gleichzeitig den Klassensprung in die A-Liga und die 3. stieg aus der Reserverunde in den B-Liga-Spielbetrieb ein. Im Anschluss wurde das gemacht, was beim MTV schon immer gut geht: Das „Quadrupple“ wurde exorbitant gefeiert. Zumal man auch erstmals den Hallenstadtpokal gewonnen hatte. Nicht nur der Klingelbach, das wissen altgediente MTVer, tritt manchmal über die Ufer.

Patrick Loeper hat dank seiner vielfältigen Kontakte und der Vernetzung im Fußballkreis einiges bewegen können, mit Bernd Gagstatter einen Co organisiert, mit Ralf Diehl einen Torwarttrainer und auf Physiotermine müssen MTV-Spieler auch nie lange warten. „Wir haben jetzt für drei Mannschaften vier lizenzierte Trainer“, sagt Loeper, dem es ein „besonderes Anliegen“ gewesen ist, „dass das mit der 3. Mannschaft funktioniert, wir hatten viele Neuzugänge, da wollte ich nicht, dass die, die jahrelang in der zweiten gekickt haben, runterfallen oder aufhören.“

Der Drahtseilakt ist weitgehend gelungen, auch wenn es nicht immer einfach ist, drei Mannschaften raum- und zeittechnisch auf einem Gelände bei Laune und im Training zu halten, zumal auch die Jugendabteilung mit 180 Spielern expandiert und Footballer das Geläuf zweimal die Woche in Beschlag nehmen. „Der MTV ist sicher ein Sonderfall in der Gruppenliga“, spielt Loeper auf den Großverein mit seinen 25 Abteilungen an. Fußball ist dabei eine von vielen, wenn auch die größte, „ich glaube, der MTV ist jetzt am Maximum angekommen“, sagt der 38-Jährige, der auch weiß, was es „wert ist, dass im Gegensatz zu anderen Mannschaften keine Kohle fließt“. Der Zusammenhalt im Team ist eine Trumpfkarte, die Loeper künftig allerdings nicht mehr ausspielen kann. Berufliche Neuorientierung ist der eine Aspekt, der den 38-Jährigen zur Winterpause das Kapitel als MTV-Trainer schließen lässt. Der andere Aspekt ist durchaus, dass „wir jetzt an einem Punkt sind, wo ich an Grenzen stoße. Stillstand geht für mich nicht“. Loeper ist da ehrlich, aber auch im positiven Sinne, weil „das eine richtig geile Zeit war.“ Die freilich noch nicht ganz beendet ist, denn am Samstag geht es nach Michelbach zum letzten Auswärtsspiel. Und am 13. Dezember auf der Weihnachtsfeier ist er natürlich auch dabei – „ich glaube, da muss ich noch ein Lied singen“. Und vielleicht von seinem Tor erzählen.



Aufrufe: 021.11.2019, 08:00 Uhr
Rüdiger Dittrich (Gießener Anzeiger)Autor