2024-05-23T12:47:39.813Z

FuPa Portrait
Für den TSV Rain hat David Bauer (vorne) über 100 Spiele bestritten, hier 2019 in Memmingen. Es ist gut möglich, dass noch ein paar Einsätze folgen werden, wenn er zurückkehrt.
Für den TSV Rain hat David Bauer (vorne) über 100 Spiele bestritten, hier 2019 in Memmingen. Es ist gut möglich, dass noch ein paar Einsätze folgen werden, wenn er zurückkehrt. – Foto: Erwin Hafner

Ein Rainer kickt in Florida

David Bauer hat über 100 Spiele für den TSV Rain bestritten +++ Jetzt hat ihn sein sportliches Talent zum Studium in die USA gebracht +++ Dort spielt und studiert er – auf Kosten seiner Universität +++ Nach Rain hält er engen Kontakt

So ganz angekommen ist David Bauer in Deutschland noch nicht, da steht er schon wieder auf dem Platz. Es ist Mitte Oktober, als die Zweite Mannschaft des TSV Rain in der Bezirksliga den BC Adelzhausen zu Gast hat. Dass Bauer auf dem Feld steht, ist alles andere als selbstverständlich: Normalerweise spielt der 26-Jährige für die Regionalligatruppe des TSV. Und eigentlich hat er auch sein Stammteam im August verlassen, das rot-weiße Rainer Trikot gegen ein blaues getauscht – das der Fighting Knights der Lynn University aus Florida. Dort studiert Bauer mit einem Stipendium. Zu verdanken hat er die Gelegenheit seinem Talent als Fußballer.

Schon lange habe er Lust darauf gehabt, im Ausland zu studieren, erzählt Bauer. „Meine Freundin hat gesagt, ich sollte das unbedingt machen“, sagt er. Einen Bachelor im Fach Sportmanagement hat der Rainer schon in der Tasche, zudem während des Studiums für den FC Augsburg gearbeitet. Per Zufall baut er Kontakt zu einer kleinen Agentur auf, die Stipendien an US-Universitäten für Sportler vermittelt. Die Universität Lynn aus Boca Raton in der Nähe von Miami ist interessiert an ihm. Im Sommer 2020 packt Bauer seine Sachen – und zieht zum Master nach Florida. „Das Leben am Campus ist ein bisschen wie im Film“, erzählt er.

Viele US-Amerikaner müssen sich hoch verschulden, wenn sie studieren wollen. Auch auf Bauer wären exorbitante Ausgaben zugekommen, wenn er sein Auslandsstudium selbst finanzieren müsste. „Die Universitäten hier sind wie Unternehmen“, erklärt er. Sie finanzieren sich mit den Gebühren der Studenten – das heißt, dass sie in scharfer Konkurrenz zueinander stehen. Im Kampf um viele Bewerber versuchen sie, möglichst attraktiv zu sein. Ein Mittel dazu: erfolgreiche Sportteams. Für herausragende Athleten wie Bauer ist das ein großer Vorteil. Um sie an die Universität zu locken, vergeben die Einrichtungen Stipendien. Das Studium inklusive Unterkunft und Verpflegung ist deshalb für Bauer kostenlos – als Lohn für seinen Einsatz im Fußballteam.

Viele seiner Teamkollegen beim TSV Rain dürften mit ein wenig Neid an das Leben des Abwehrspielers in Florida denken. Zum Strand kann Bauer mit dem Fahrrad, Badewetter ist in Boca Raton das ganze Jahr. Und auch in Sachen Infrastruktur sei die Universität vielen Regionalligavereinen in Bayern weit voraus. Bauer lebt auf dem Campus in einem der Wohnheime, teilt sich sein Zimmer mit einem Teamkollegen aus Kanada. Die Einschränkungen während der Corona-Pandemie seien in Florida gut auszuhalten, sagt er. Das Wetter erlaube, viel draußen zu unternehmen, bei geringem Infektionsrisiko und mit Abstand. Es gefällt Bauer im Sonnenstaat, das ist auch am Telefon auf der anderen Seite des Atlantiks unüberhörbar. Und trotzdem bleibt er der Heimat verbunden.

Zurück in den Oktober: Als die Universität im Herbst pausiert, macht er sich auf den Weg zurück nach Nordschwaben. Dort ist er sich nicht zu schade, sofort für Rain II in der Bezirksliga aufzulaufen. Vor allem Bauer und seine Teamkollegen in der Abwehr überzeugen bei seiner Rückkehr und kassieren kein Gegentor, der TSV gewinnt gegen Adelzhausen mit 1:0. Dabei ist erst wenige Stunden zuvor das Flugzeug gelandet, ein bisschen spürt Bauer den Jetlag auf dem Feld noch, wie er erzählt. Selbstverständlich sei der Einsatz für ihn gewesen, sagt Bauer, aller Reisestrapazen zum Trotz und obwohl schon die Erste Mannschaft wieder Ansprüche angemeldet hat. Auch dort läuft er im Oktober noch zweimal auf, spielt jeweils 90 Minuten durch, als sei er nie weggewesen. Dann zwingen steigende Infektionszahlen die Regionalliga in eine erneute Pause. Trotzdem: Damit hat Bauer seit seinem Abschied mehr Spiele für Rain als für seine Universität absolviert.

In Boca Raton ruht der Spielbetrieb der Pandemie wegen immer noch. Seit Januar ist Bauer wieder zurück in Florida, erst im April sind die ersten Ligaspiele für sein Team angesetzt. Zu tun hat er dennoch genug: Bauer will sein Masterstudium voranbringen, bis Dezember könnte er damit fertig sein. Und seine Mannschaft trainiert trotz Spielpause mit voller Belastung.

Zwar ist Fußball in den USA nur eine Sportart von vielen, die technische Ausbildung daher womöglich weniger ausgereift als in Europa, sagt Bauer. Doch das Training ist deshalb umso härter: „Die Defizite machen die Spieler mit überragender Fitness wieder wett.“ Das sportliche Können der Mannschaft sieht Bauer dennoch mindestens auf Bayernliga-Niveau, gleich mehrere Teamkollegen kommen ebenfalls aus Deutschland.

Bauer hofft, dass ihn seine Zeit in Florida vor allem menschlich und beruflich weiterbringt. Vorbilder, die über den Umweg USA doch noch den Sprung zum Profifußballer geschafft haben, gibt es aber auch. Fabian Herbers etwa spielte in Deutschland fünftklassig, bevor er als College-Absolvent 2019 bei Chicago Fire zum Teamkollegen von Bastian Schweinsteiger wurde. Und Julian Gressel ging 2013 aus dem fränkischen Neustadt an der Aisch in die Staaten, bekam nach der Universität einen Profivertrag in Atlanta, wurde 2017 Nachwuchsspieler des Jahres und gewann 2018 als erster Deutscher den Meistertitel in der höchsten US-amerikanischen Liga. „Ich bin für alles offen, vielleicht gibt es ein kleines Hintertürchen“, sagt Bauer. „Aber ich habe nicht an eine Profikarriere gedacht, als ich hergekommen bin.“

Gönnen würde man dem Verteidiger beim TSV Rain eine solche Laufbahn gewiss – doch in der Tillystadt hofft man schon jetzt darauf, dass Bauer wieder zur Mannschaft stößt. „Er ist ein absoluter Führungsspieler“, sagt Alexander Schroder, Abteilungsleiter Fußball beim TSV. „Bei uns gehört er immer dazu.“ Von Mai bis August, wenn Bauer erneut Ferien haben wird, hofft Schroder wieder auf ein paar Einsätze in der Regionalliga.

Mehr Lokalsport gibt es unter www.donauwoerther-zeitung.de

Aufrufe: 017.3.2021, 17:27 Uhr
Donauwörther Zeitung / Christof PaulusAutor