2024-05-23T12:47:39.813Z

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Werden bald auch in Deutschland Frauen und Männer gemeinsam auf dem Fußballplatz stehen dürfen?
Werden bald auch in Deutschland Frauen und Männer gemeinsam auf dem Fußballplatz stehen dürfen? – Foto: Volkhard Patten

Dürfen bald Frauen gegen Männer kicken?

Das Modell aus den Niederlanden könnte auch hier Schule machen.

Männer und Frauen sollen nach dem Vorbild der Niederlande auch im deutschen Amateurfußball künftig gemeinsam in einer Mannschaft spielen dürfen. Das fordert zumindest der für Antidiskriminierung zuständige DFB-Vizepräsident.

Frauen und Männer in einer Mannschaft – geht das? Na klar, dafür gibt es Beispiele genug: Bei den Olympischen Spielen in Tokio wird im Tischtennis neben den Mannschaftswettbewerben sowie den Einzeln der Männer und Frauen erstmals auch gemischtes Doppel gespielt. Im Badminton sind Mixed-Wettkämpfe längst etabliert. Im Motorsport. Und natürlich in allen Pferdesportarten – im „Pas de Deux“ gehören Johannes Kay und Janika Derks vom Nixhof in Selikum zu den besten Voltigierpaaren der Welt.

Und trotzdem. Was da aus dem Norden der Republik in den Westen herüberschwappt, gleicht einer Revolution. „Die strikte Trennung zwischen Frauen und Männern ist mit Blick auf die Geschlechtergerechtigkeit auch im Amateurfußball nicht mehr zeitgemäß“, findet der Präsident des Niedersächsischen Fußballverbandes. Der für Antidiskriminierung zuständige DFB-Vizepräsident Günter Distelrath will erreichen, „dass sich die Fachabteilungen und Gremien des DFB mit der Frage der Umsetzung befassen und mit Blick auf den nächsten Bundestag einen entsprechenden Antrag erarbeiten“. Seine Forderung: Frauen und Männer in einer Mannschaft spielen zu lassen, solle so schnell wie möglich „in allen Amateurklassen unterhalb der Regionalliga“ gelten. „Wir wollen mehr Frauen in verantwortungsvolle Positionen des Fußballs holen. Dann aber dürfen wir sie auf dem Platz nicht weiter ausschließen.“ Der niederländische Fußballverband KNVB ist sogar schon einen Schritt weiter und wird gemischte Teams in seinen Amateur-Spielklassen bereits ab der kommenden Saison erlauben.

Könnte das tatsächlich eine Option sein im „Männersport“ Fußball? Reinhold Dohmen, Mitglied im FVN-Fußballausschuss, zeigte sich auf Nachfrage der NGZ-Sportredaktion überrascht von diesem Vorschlag. „Davon höre ich jetzt zum ersten Mal. Am Niederrhein und im Westdeutschen Fußballverband war das noch nie ein Thema“, sagt er und fügt an: „Meines Wissens sind Spiele zwischen Frauen- und Männerteams im Pflichtspielbetrieb sogar untersagt.“ Grundsätzlich begegnet der erfahrene Funktionär dem Plan allerdings offen: „Ist ja vielleicht eine ganze gute Idee, aber man muss sie auch durchsetzen können. Ob das funktionieren kann, weiß ich nicht. Frauen spielen ja einen ganz anderen Fußball als Männer.“

Ähnlich zurückhaltend gibt sich auch Daniela Loghtenberg, Sportliche Leiterin und Spielerin des Niederrheinligisten SV Hemmerden. „Sich dazu jetzt ad hoc zu äußern, ist schwierig. Grundsätzlich finde ich neue Ideen ja gut. Da habe ich keine Vorbehalte. Aber das ist ein sensibles Thema.“

Bis 1970 war Frauenfußball in Deutschland verboten

Nur zur Einordnung: In Deutschland war es Frauen von 1955 bis 1970 gar nicht erlaubt, Fußball zu spielen. Heute ist die Deutsche Nationalmannschaft der Frauen achtfacher Europameister und zweifacher Weltmeister, holte 2016 in Rio Olympia-Gold. Doch immer noch haben Frauen, die Fußball spielen, mit Vorurteilen zu kämpfen. Ihre Auftritte werden nicht selten mit „wie Amateurfußball, nur in Zeitlupe“ und „peinlich“ kommentiert.

Zudem, gibt die 35-Jährige zu bedenken, habe sich an der Biologie der Geschlechter ja nichts geändert. „Wir haben vor Jahren mal ein Freundschaftsspiel gegen eine männliche A-Jugend gemacht – und 1:5 verloren. Selbst unsere schnellste Spielerin hatte große Mühe, das Tempo mitzugehen. Da kann dein Gegenspieler technisch noch so grottig sein, wenn er den Ball an dir vorbeilegt, ist er weg. Da machst du nix dran.“ Für den Anfang könnte sie sich aber sehr wohl vorstellen, mit gemischten Hobbymannschaften in die Halle zu gehen. „Das fände ich total cool, da kannst du viel mit Technik und Kombinationsspiel machen.“

Dohmen sieht in dem nicht weiter ausgeführten Plan ohnehin nur einen weiteren Versuch, den Negativtrend zu stoppen. „Es gibt seit zehn Jahren immer weniger Mannschaften. Mit der Entwicklung im Fußballkreis 5 bin ich ganz zufrieden. Wir haben zwar die SVG Weißenberg verloren, mit Hemmerden und Gustorf/Gindorf aber zwei gute Niederrheinliga-Mannschaften. Insgesamt stagniert der Frauenfußball jedoch. Darum kann ich verstehen, dass man sich in Niedersachsen darüber Gedanken macht, wie man den Bestand mit gemischten Mannschaften sichern kann.“

Für Loghtenberg liegt der Charme dieser ungewöhlichen Idee im Unbekannten. „Ich bin 1,64 Meter, mal gegen eine 1,90 Meter großen und mehr als 80 Kilo schweren Kerl zu spielen, hätte schon was!“

Berühmte Menschen zum Thema Frauenfußball

„Ich glaube nicht, dass dieser Sport genauso populär wird wie unser traditioneller Fußball. Sie gehören doch hinter den Kochtopf. Meiner Frau würde ich nicht erlauben, Fußball zu spielen.“

Gerd Müller, Fußball-Weltmeister 1974

„Ich hoffe halt mal, dass die sich nicht an den Haaren ziehen oder so, wenn die eine oder andere da mal eine Grätsche setzt.“

Timo Glock, ehemaliger Formel-1-Pilot

„An sich bin ich gegen Damenfußball. Es gibt so viele schöne Sportarten. Warum ausgerechnet Fußball für die Dame?“

Berti Vogts, Fußball-Weltmeister 1974

„Die Zuschauer brauchen sich gar nicht aufzuregen. Die Frauen waschen doch ihre Trikots selber, wenn sie in den Schlamm fallen.“

Wim Thoelke, ZDF-Moderator

„Ich will den Frauen nicht zu nahe treten. Aber der pfeift wie beim Frauenfußball.“

Rudi Völler, Fußball-Weltmeister 1990

„Und wie soll dann bitte so ein Stadion heißen? Vielleicht Ernst-Kuzorra-seine-Frau-ihr-Stadion?“

Johannes Rau. Der ehemalige Bundespräsident zur Idee, Fußballstadien nach Frauen zu benennen.

„Ist Fußball wirklich eine Frauensportart? Darüber kann man diskutieren. Ich bin ein toleranter Mensch. Bitte, wenn es Ihnen Spaß macht.“

Oliver Kahn, Fußball-Vizeweltmeister 2002

„Wenn meine Frau spielt: Scheidung!“

Uwe Witt, ehemaliger Fußballprofi

Aufrufe: 023.5.2021, 17:00 Uhr
RP / Dirk SitterleAutor