2024-06-04T08:56:08.599Z

Interview
Erster internationaler Auftritt, erstes Tor: Andreas Voglsammer (Bild oben) trifft in der Conference League beim finnischen Club Kuopion PS zum 4:0-Endstand. Heute steigt das Rückspiel. Der 29-jährige Dorfener freut sich auf Europa – und potenzielle Gegner wie die Tottenham Hotspurs oder den AS Rom.
Erster internationaler Auftritt, erstes Tor: Andreas Voglsammer (Bild oben) trifft in der Conference League beim finnischen Club Kuopion PS zum 4:0-Endstand. Heute steigt das Rückspiel. Der 29-jährige Dorfener freut sich auf Europa – und potenzielle Gegner wie die Tottenham Hotspurs oder den AS Rom. – Foto: imago images/Matthias Koch

Dorfens Fußball-Profi Andreas Voglsammer über Berlin, Union und Max Kruse

„Dagegen is München a kloaner Schoaß“

In der Startelf stand Andreas Voglsammer bisher weder in der Bundesliga noch in der Conference League. Wurmt ihn das? Wie gefällt ihm die Hauptstadt, und was, bitteschön, ist dran am Typ Max Kruse?

Dorfen/Berlin – So schnell geht’s im Fußball. Gerade noch mit Arminia Bielefeld den Klassenerhalt gefeiert, bestreitet Andreas Voglsammer am heutigen Donnerstag schon sein zweites Spiel auf europäischer Ebene: für Union Berlin. Zum Hauptstadtclub ist er im Juli gewechselt und gibt seitdem Vollgas. „Für andere ist ein Kraftraum eine Folterkammer, für ihn ein Hobbyzimmer“, schrieb der Berliner Kurier während der anstrengenden Vorbereitungsphase über den 29-jährigen Dorfener.

Und „Vogi“, so sein Spitzname in der Mannschaft, lieferte auch in den Spielen. Er traf regelmäßig in den Testspielen, und beim finnischen Kuopion PS hat er vergangene Woche in der Conference League den Treffer zum 4:0-Endstand besorgt – jedoch als Einwechselspieler. In der Startelf stand er bisher weder in der Bundesliga noch in der Conference League. Wurmt ihn das? Wie gefällt ihm die Hauptstadt, und was, bitteschön, ist dran am Typ Max Kruse?. Wir fragten den Dorfener.

Herr Voglsammer, jetzt haben wir uns so mit Arminia Bielefeld über den Klassenerhalt gefreut. Und jetzt wechseln Sie?

Ich war fünfeinhalb Jahre bei der Arminia auf der Alm. Es wurde für mich Zeit für eine Luftveränderung. Außerdem ist es richtig geil, an der Alten Försterei zu spielen.

Eventuell zahlt Union Berlin auch ein bisschen mehr, oder?

Über Geld redet man nicht. Nur soviel: So schlecht ist auch die Arminia nicht aufgestellt, wenn man sich die Neuzugänge anschaut. Bei Arminia ist schon auch Kohle da. Aber darum ging es mir nicht. Meine Entscheidung war ein Bauchgefühl. Ich habe einfach richtig Bock auf meinen neuen Verein. Nichts gegen die Arminia, aber Union ist vom Fußballerischen gesehen schon noch ein, zwei Schritte weiter.

Wie meinen Sie das?

Der Verein ist gefestigter. Die Qualität der Mannschaft ist noch einen Tick höher.

Also nicht schon wieder Abstiegskampf.

Auch wir müssen erst einmal schauen, dass wir die 40 Punkte holen. Wir wissen schon, woher wir kommen. Vom Budget und vom Marktwert her gehören wir ja nicht zu den Top-Mannschaften, da sind wir schon etwas weiter unten angesiedelt.

Hey, das ist ein internationaler Wettbewerb. Du reist in andere Länder, lernst europäische Fan-Kultur kennen. (...) Man muss ja nur schauen, wer da noch alles im Wettbewerb ist: Tottenham, AS Rom – in deren Stadien würde ich schon auch mal gern spielen.

Andreas Voglsammer über die Conference League

Noch ein letzter Blick zurück nach Bielefeld: Was vermissen Sie am meisten?

Natürlich denke ich gern an die Leute zurück, mit denen ich in den vergangenen Jahren sehr viel erlebt habe. Da freust du dich schon auf ein Wiedersehen. Aber meine neuen Mitspieler sind auch cool.

Womit wir in Berlin wären. Haben Sie sich in dieser Stadt schon eingelebt?

Ich wohne relativ zentrumsnah. Ich habe mir gedacht: Wenn ich schon in einer solchen Großstadt lebe, möchte ich davon auch was miterleben. Bisher blieb dafür aber noch wenig Zeit. Erst war der Umzug und die Saisonvorbereitung, jetzt sind wir auch noch in der Conference League unterwegs. Deshalb steht für mich erst einmal im Fokus, mich in der Mannschaft gut einzuleben.

Welche Ziele haben Sie sich persönlich für diese Saison gesteckt?

Mei, mit persönlichen Zielen ist das so eine Sache.

Nimmt man sich als Stürmer nicht eine bestimmte Anzahl an Toren vor?

Aus diesem Alter bin ich raus. Wobei: Die zwei Saisontreffer der vergangenen Saison sollte ich schon übertreffen. Das Ziel habe ich dann schon (lacht).

In der Bundesliga wurde der 29-jährige Dorfener gegen Bayern Leverkusen (l., im Zweikampf mit Charles Aranguiz) und bei der TSG Hoffenheim jeweils eingewechselt.
In der Bundesliga wurde der 29-jährige Dorfener gegen Bayern Leverkusen (l., im Zweikampf mit Charles Aranguiz) und bei der TSG Hoffenheim jeweils eingewechselt. – Foto: imago images/Matthias Koch

Da waren Sie viele Monate verletzt. Wie geht es Ihnen jetzt?

Ich habe keine Beschwerden. Es ist alles verheilt, ich bin topfit. Ich will der Mannschaft helfen und mit Leistung den Trainer überzeugen, dass er sich schwer tut, auf mich zu verzichten. Wenn du hart arbeitest, dann kommt das andere von allein.

Sie hatten eine starke Vorbereitung mit einigen Toren, waren aber in den Pflichtspielen bisher nicht in der Startelf. Kam das für Sie überraschend?

Wir haben eben eine enorme Qualität in der Offensive. Über die Klasse von Max Kruse brauchen wir ja gar nicht erst zu reden. Dann konnte Union Taiwo (Awoniyi, die Red.) verpflichten. Kevin Behrens hat in der 2. Liga unfassbar gut getroffen. Anthony Ujah, Cedric Teuchert – wir sind wirklich gut besetzt. Natürlich will ich spielen, aber ich muss halt auf meine Chance warten. Wenn es in der Mannschaft läuft – und Max und Taiwo machen es gerade wirklich sehr gut –, dann werde ich kein Stinkstiefel sein. Ich bin alt genug, dass ich weiß, dass das gar nichts bringt.

Wie ist denn der Max Kruse so?

Eine absolut coole Socke, der seine gewissen Freiräume braucht. Aber er liefert ab. Ein richtig guter Typ eben, der mit Leistung zurückzahlt.

Sie haben ja auch gleich geliefert und im ersten Spiel der Conference League getroffen.

Ja, in meinem ersten internationalen Pflichtspiel. Das hat mich schon sehr gefreut.

Mit dem Anpfiff ist für mich jedes Stadion gleich. Das ist eine Wiese mit zwei Toren und vier Eckfahndln. Und dann geht’s für mich nur um das Spiel.

Andreas Voglsammer

Mit Verlaub, die Conference League wird etwas belächelt.

Das ist mir egal. Hey, das ist ein internationaler Wettbewerb. Du reist in andere Länder, lernst europäische Fan-Kultur kennen. Die Finnen sind zwar krasser Außenseiter gewesen, aber das ist ein megacooler Club. Und wir werden ihn auch im Rückspiel nicht unterschätzen. Wir wollen schließlich weiterkommen. Man muss ja nur schauen, wer da noch alles im Wettbewerb ist: Tottenham, AS Rom – in deren Stadien würde ich schon auch mal gern spielen.

Fußball in tollen Stadien – ist das auch ein Grund, warum Sie jetzt bei Union spielen?

Es wäre jetzt unfair gegenüber den Arminia-Fans, denn die sind auch überragend, absolut top. Aber ja, ich freue mich schon auf die Atmosphäre in der Alten Försterei. Die habe ich ja vorher bei Auswärtsspielen hautnah miterlebt. Das hat mir immer imponiert. Aber ganz ehrlich: Mit dem Anpfiff ist für mich jedes Stadion gleich. Das ist eine Wiese mit zwei Toren und vier Eckfahndln. Und dann geht’s für mich nur um das Spiel.

Ein besonderes Spiel dürfte das Derby gegen Hertha werden. Spürt man das schon?

Nicht wirklich. Das wird vermutlich noch kommen, wenn das Spiel ansteht. Der eigentliche Rivale von der Union ist aber eigentlich der BFC Dynamo. Zwischen der Union in Köpenick und Hertha liegen auch ein par Kilometer. Berlin ist halt schon auch sehr groß.

Wie fühlt sich diese Stadt eigentlich für einen Menschen an, der auf dem Land aufgewachsen ist?

Es ist eine Riesenstadt mit unglaublich viel Verkehr. Wer sagt, für so etwas hat er keinen Bock, ist selber schuld. Man muss sich eben darauf einlassen. Ich tue das sehr gern. Man sieht hier ganz außergewöhnliche Leute, sehr ausgefallene Kleidungsstile. Das ist alles sehr interessant. Und ganz ehrlich: Berlin ist so groß, dagegen ist sogar München bloß a kloaner Schoaß.

Aufrufe: 026.8.2021, 08:00 Uhr
Dieter PriglmeirAutor