2024-05-02T16:12:49.858Z

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Im Jahr 1991 kam der Mittelfeldstratege im Herrnsheim Klinikum in Worms zur Welt. Im späteren Verlauf seiner Karriere sollte er für Wormatia Worms in der Regionalliga alles geben.
Im Jahr 1991 kam der Mittelfeldstratege im Herrnsheim Klinikum in Worms zur Welt. Im späteren Verlauf seiner Karriere sollte er für Wormatia Worms in der Regionalliga alles geben. – Foto: TSG Pfeddersheim

Die Bayern meldeten sich eine Woche zu spät bei ihm

Serie Teil 35: In der Lauterer Jugend reifte der Zentrumsspieler beinahe zum Profi +++ Bei der Wormatia hat dem Wormser Junge sein Abgang besonders zu schaffen gemacht +++ Heute in der Oberliga bei der TSG Pfeddersheim

Worms. Benjamin Himmel sieht sich selbst als "typischen Straßenkicker", der es zu Beginn der Karriere gar nicht für nötig hielt in einem Fußballverein zu spielen. Im Laufe der Jahre sollte er sich beim 1. FC Kaiserslautern zum Kapitän und echten Stammspieler in der Jugend-Bundesliga entwickeln. Beinahe hätte er es als 17-Jähriger sogar ins Trainingslager mit den Profis nach Portugal geschafft. Danach führte ihn der Weg wieder zurück in die Heimat nach Worms.

Schneller Aufstieg

Benjamin Himmel wurde 1991 im Herrnsheimer Klinikum geboren und sollte erst relativ spät, im Alter von sieben Jahren für seinen ersten Verein, TuS Neuhausen, auflaufen. Nach einem Jahr beim TuS wechselte Benjamin Himmel zum SV Horchheim. In der C-Jugend kam der nächste Schritt, ein ziemlich großer für einen Wormser Jungen. "Benni", wie ihn die meisten Mitspieler nennen, hatte nahezu die freie Auswahl. Es lagen Angebote vom FSV Mainz 05, SC Freiburg und dem 1. FC Kaiserslautern für den Zentrumspieler vor. Der FCK bot ihm sofort einen Fünfjahresvertrag an und überzeugte den jungen Wormser unter anderem mit der Langfristigkeit für ein Engagement am Betzenberg. Eine Woche nach der Unterzeichnung des Vertrags, meldete sich der große FC Bayern München für ein Probetraining. "Man wäre schon gerne mal hingefahren", ärgert sich Himmel schmunzelnd, "sie hätten sich halt einfach eine Woche früher melden sollen."

Klasse Saison in der U19 ohne Belohnung

Ab dem ersten Tag in der C-Jugend fand sich Benjamin Himmel beim FCK super zurecht. Im kommenden Jahr spielte die U17 der Roten Teufel eine herausragende Saison und befand sich am Ende unter den vier besten Teams Deutschlands in der Bundesliga-Endrunde. Im letzten Training vor dem Halbfinal-Hinspiel gegen Borussia Dortmund reißt sich der damalige Kapitän Benjamin Himmel das Kreuzband. Gegen den BVB mit Spielern wie Mario Götze oder Daniel Ginczek verloren die Roten Teufel ohne den Wormser. Der heutige Zweitliga-Profi Ginczek traf im Hinspiel sogar doppelt. Noch bitterer wurde es für Benjamin Himmel, als er die Einladung der ersten Mannschaft zum Trainingslager in Portugal aufgrund seiner schwerwiegenden Verletzung ablehnen musste. Eine solche Chance zu verpassen, sei schon extrem ärgerlich gewesen, erklärt der Wormser. "Eine weitere Einladung habe ich leider nie erhalten", sagt Himmel ein wenig enttäuscht. In den darauffolgenden Monate nutzte er diese verpasste Chance als Motivation für ein schnelles Comeback.

Viele bekannte Gesichter auf dem Weg zum Herrenfußball

"Bis zum ersten Kreuzbandriss lief alles wie geplant", schildert der 30-Jährige seine Jahre in der Jugend beim FCK. Nach dem ersten Kreuzbandriss kam Benjamin Himmel "super schnell zurück", innerhalb von vier Monaten habe er schon wieder für den FC Kaiserslautern auf dem Platz gestanden und Leistung gebracht. Sein Comeback gab der gebürtige Wormser gegen den FC Bayern München. Nach seiner Einwechslung konnte er direkt mit einem Assist an der Säbener Straße glänzen. In den Jahren, in denen Himmel in der U17 und der U19-Bundesliga kickte, konnten einige große Namen ihre ersten Spuren hinterlassen. Beim FCB spielte beispielweise David Alaba, heute Real Madrid, in der Verteidigung. Beim FCK teilte sich Benjamin Himmel unter anderem die Kabine mit den Zweitliga-Profis Dmitri Nazarov (heute Erzgebirge Aue), Denis Linsmayer (heute FC Ingolstadt) und Alexander Esswein (heute SV Sandhausen).

Nach den vielversprechenden Jahren in der FCK-Jugend kam der Übergang in den Aktivenbereich. Den Sprung zu den Profis hat Benjamin Himmel beim FCK, trotz seiner guten Leistungen, nicht geschafft. Daher trat er den Weg zur zweiten Mannschaft des FCK an, mit dem Bonus zu Beginn zumindest mit der ersten Mannschaft trainieren zu können. "Klar, fragt man sich oft, wieso sie (Anm. der Red.: Linsmayer, Nazarov oder Esswein) den Sprung geschafft haben", erläutert Himmel die Gedanken in jener Zeit. Und ergänzt: "Mit dem Alter versteht man dann, wieso es womöglich nicht gelangt hat. Mit meiner Ausgangslage, vor allem meiner körperlichen Größe, habe ich mein Limit in der Regionalliga erreicht", resümiert der Wormser seinen persönlichen Weg.

In seiner ersten Saison bei Wormatia Worms starten die Wormser mit großen Erwartungen in die Saison. Am Ende der Saison erreichen Benjamin Himmel (rechts) und Eugen Gopko nur einen enttäuschenden 12.Tabellenplatz.
In seiner ersten Saison bei Wormatia Worms starten die Wormser mit großen Erwartungen in die Saison. Am Ende der Saison erreichen Benjamin Himmel (rechts) und Eugen Gopko nur einen enttäuschenden 12.Tabellenplatz. – Foto: Christian Hedler

Benni Himmels deutsch-ukrainische Teamkollege Eugen Gopko teilte mit uns bewegende Hintergründe zu der aktuellen Lage in seiner ukrainischen Heimat.

Rückkehr in die Heimat Worms

Nach fünf Jahren bei den Roten Teufeln wechselte Benjamin Himmel 2012 zurück nach Worms, zum damaligen überaus ambitionierten Regionalligisten Wormatia. Er wollte unbedingt nochmal Richtung 3. Liga angreifen und im besten Falle sogar noch nah an der Heimat spielen. Die Wormatia vereinte zu diesem Zeitpunkt beides. Im Nachhinein ist das vielleicht der einzige Schritt, den der 30-Jährige nicht hätte gehen sollen. "Ich hätte noch länger beim FCK bleiben sollen", sagt der gebürtige Wormser ein wenig selbstkritisch.

Realität anders als die Erwartungen

Denn die Realität in Worms sah ganz anders aus. Im ersten Jahr ging man mit dem klaren Ziel "Drittliga-Aufstieg" in die Saison. Am Ende konnte man nur dank der finanziellen Notlage anderer Vereine die Klasse gerade so halten. Den größten Erfolg seiner Karriere feiert der Wormser erst in seinem letzten Jahr bei der Wormatia. In der Saison 2017/2018 gewinnt er den Südwestpokal mit seiner Mannschaft und erreicht damit die erste Runde des DFB-Pokals. Im Finale gewannen die Wormaten im heimischen Stadion nach der Verlängerung mit 3:1 gegen Alemannia Waldalgesheim. Was Benjamin Himmel zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste, ist das er kommende Saison und das DFB-Pokal-Spiel nicht mehr bei der Wormatia miterleben wird.

Ein Abgang ohne Würde

Von Beginn an ist der Mittelfeldstratege als Ur-Wormser im Blickpunkt der leidenschaftlichen Wormatia-Anhänger. "Zu Beginn macht ich mir über Druck keine Gedanken", erläutert Himmel, "mit den Jahren hat man es schon gespürt. Vor allem nach meinem zweiten Kreuzbandriss beschäftigte mich das." Als er in der Saison 2016/2017 nach seinem zweiten Kreuzbandriss zurück aufs Feld kam und seine Mannschaft als zweiter Kapitän aufs Feld führte, wurde ihm dieser Druck zum ersten Mal wirklich bewusst. "Wenn die geballte Vortribüne ihren Unmut bekennt, dann merkst du das auf jeden Fall", beschreibt Himmel die Leidenschaft der Wormatia-Fans als Vor- und auch Nachteil für einen Spieler.

Nach dem Südwestpokal-Sieg in seiner letzten Saison und über 150 Pflichtspielen für den Verein erhielt Himmel in seinem Italien-Urlaub 2018 einen Anruf von den Verantwortlichen des Vereins. Am Telefon wurde ihm erklärt, dass man nicht mehr auf ihn setze und seine Zeit bei der Wormatia damit beendet wäre. Eine vernünftige Verabschiedung erhielt der gebürtige Wormser bis heute nicht. "Ich wurde am Telefon abgefertigt", sagt Benjamin Himmel etwas geknickt, "als Wormser habe ich keinerlei Anerkennung für meinen Einsatz erhalten. Ich weiß nicht, ob das so auch gewollt war, aber es war schon enttäuschend!"

Pure Enttäuschung! In der Saison 2013/2014 erreicht Wormatia Worms, mit Benjamin Himmel (vorne), nur einen enttäuschenden 16.Tabellenplatz in der Regionalliga Südwest.
Pure Enttäuschung! In der Saison 2013/2014 erreicht Wormatia Worms, mit Benjamin Himmel (vorne), nur einen enttäuschenden 16.Tabellenplatz in der Regionalliga Südwest. – Foto: Pressefoto Eibner

"Nochmal Vollprofitum oder beruflicher Weg?"

Mit dem Ende seiner Zeit bei der Wormatia, stellte sich Benjamin Himmel die Frage, wie seine Karriere weiterverlaufen soll. Seiner Ansicht nach gab es zwei Möglichkeiten: "Entweder ich probiere es nochmal wo anders mit dem Vollprofitum oder ich versuche für meine Zukunft einen neuen beruflichen Weg zu finden", fasst Benni Himmel seine Gedanken zusammen. Bereits zwei bis drei Jahre vorher begannen Zukunftsängste den Wormser zu begleiten. Um dem entgegenzuwirken, entschied Benni Himmel sich dazu neben dem Fußball ein Studium in Sportmanagement zu absolvieren. Als sich Marc Heidemann und die TSG Pfeddersheim bei dem Wormser meldeten und ihm eine Ausbildung als Versicherungsfachmann in Aussicht stellten, musste Himmel nicht lange überlegen. Sowohl der Trainer als auch die berufliche Möglichkeit überzeugten ihn schnell. Abseits des Fußballfeldes ist Benjamin Himmel mittlerweile selbstständig und verwaltet eine Versicherungsvertretung in Worms.

Benjamin Himmel mit der Nummer 6 in seinem zweiten Jahr in der Oberliga bei der TSG Pfeddersheim.
Benjamin Himmel mit der Nummer 6 in seinem zweiten Jahr in der Oberliga bei der TSG Pfeddersheim. – Foto: David Demmerle

Die Überlegung kürzer zu treten scheitert schnell

Bis heute spielt der 30-Jährige für die TSG aus dem Wormser Vorort. Aufgrund mehrerer muskulärer Probleme im zweiten Jahr bei Pfeddersheim und der Corona-Unterbrechung kam zwischenzeitlich für den Zentrumsspieler ein Schritt in niedrigere Klassen in Frage. Zur Saison 2020/2021 wollte Himmel sich dem B-Klasse-Club Celtic Worms anschließen. "Während der Corona-Zeit habe ich auch ein wenig die Lust am Fußball verloren", erklärt Himmel die Hintergründe seiner Wechselgedanken. Aufgrund einiger Unruhe in dem jungen Wormser Verein kam der Wechsel zu Celtic nie wirklich zustande. Das kurze Intermezzo sollte ohne Einsatz für Celtic schnell vergessen werden. Himmel kehrte sofort wieder zurück zu den Pfeddersheimern und bekleidete kurzzeitig aufgrund von personellen Engpässen bei der TSG sogar zwei Positionen im Verein: Spieler und gleichzeitig sportlicher Leiter. Doch der Fokus soll nun wieder ausschließlich auf dem Platz liegen.

Die Sorgen sind wie verflogen

Sportlich wie privat läuft es heute mehr als gut für den Wormser. In diesem Jahr verlobte sich Benjamin Himmel mit seiner Lebensgefährtin nach fünf Jahren Beziehung und will noch in diesem Jahr in Italien vor dem Altar seiner Verlobten Ja-Wort geben. Die Zukunftsängste sind dank seiner beruflichen Aussichten verflogen und mit der TSG Pfeddersheim sieht alles nach einem Klassenerhalt in der Oberliga aus. "Zum jetzigen Zeitpunkt kann ich mir auf jeden Fall noch ein weiteres Jahr vorstellen", schmunzelt Benni Himmel, "irgendwann würde ich dann gerne bei Pfeddersheim meine Schuhe an den Nagel hängen." Doch bis dahin vergehen hoffentlich noch einige Jahre und das Wormser Urgestein bleibt seiner großen Leidenschaft Fußball, in der Domstadt Worms treu.

Zur Serie: In dieser Reihe porträtieren wir ehemalige NLZ-Spieler, die den Sprung zum Profi nicht gepackt haben und nun bei Amateurteams aus der Region spielen. Sie erzählen uns, wie nah dran sie wirklich am großen Traum Profifußball waren und welche Ambitionen sie jetzt haben - sowohl auf als auch neben dem Platz.

- Teil 1: Linus Wimmer (SV Eintracht Trier)
- Teil 2: Lukas Fischer (TSG Bretzenheim)
- Teil 3: Lars Hermann (TSV Schott Mainz)
- Teil 4: Nik Rosenbaum (SV Alemannia Waldalgesheim)
- Teil 5: Joshua Iten (SG Hüffelsheim)
- Teil 6: Bilal Marzouki (FC Maroc Wiesbaden)
- Teil 7: Kevin Frey (VfB Bodenheim/TSG Mainz Futsal)
- Teil 8: Giorgio del Vecchio (TSV Schott Mainz)
- Teil 9: Marco Waldraff (SV Niedernhausen)
- Teil 10: Manuel Konaté-Lueken (RW Walldorf)
- Teil 11: Sandro Loechelt (Wormatia Worms)
- Teil 12: Marvin Esser (SG Walluf)
- Teil 13: Patrick Huth (TSG Pfeddersheim)
- Teil 14: Ilker Yüksel (Hassia Bingen)
- Teil 15: Tim Burghold (SV Niedernhausen)
- Teil 16: Noel Wembacher (RW Darmstadt)
- Teil 17: Tobias Schneider (RWO Alzey)
- Teil 18: Noah Michel (Türkgücü Friedberg)
- Teil 19: Marleen Schimmer (San Diego Waves)
- Teil 20: Deniz Darcan (SG Eintracht Bad Kreuznach)
- Teil 21: Max Pflücke (FC Basara Mainz)
- Teil 22: Jann Bangert (SV Rot-Weiß Hadamar)
- Teil 23: Aleksandar Biedermann (Wormatia Worms)
- Teil 24: Volkan Tekin (SV Dersim Rüsselsheim)
- Teil 25: Ilias Tzimanis (SV Unter-Flockenbach)
- Teil 26: Lukas Lazar (TSV Gau-Odernheim)
- Teil 27: Dimosthenis Papazois (SG Eintracht Bad Kreuznach)
- Teil 28: Sammy Kittel (SV Rot-Weiß Hadamar)
- Teil 29: Burak Bilgin (VfR Groß-Gerau)
- Teil 30: Luis Majrchzak (Hassia Bingen)
- Teil 31: Noah Schmitt (FC Eddersheim)
- Teil 32: Christian Lang (FSV Nieder-Olm)
- Teil 33: Fabio Moreno Fell (TSV Gau-Odernheim)
- Teil 34: Nico Heupt (SV 07 Geinsheim)

Aufrufe: 019.4.2022, 05:00 Uhr
Karim MathisAutor