Auf dem Weg in die Kabine unterhielt sich Michael Bayer noch kurz mit Janis Crone vom SV Arberg. Die beiden kannten sich vorher nur flüchtig, aber begegneten sich mit großem Respekt. Janis Crone zählte zu Beginn des Jahrtausends zu den größeren Talenten in Deutschland. Junioren-Nationalspieler ist der gebürtige Berliner gewesen, mit der U19 bestritt er 2002 sogar das EM-Finale von Oslo gegen Spanien, unter anderem bekam es Janis Crone mit Fernando Torres zu tun. In der 62. Minute musste Janis Crone seinen Platz räumen – für Philipp Lahm.
Am Mittwochabend, auf dem Waldsportplatz in Weißenbronn, ist Janis Crone vor allem Antreiber und Stabilisator seiner Arberger Mannschaft, die in der Relegation zur Kreisliga auf den ESV Rangierbahnhof aus Nürnberg trifft. Der Sieger steigt auf, der Verlierer bleibt in der Kreisklasse. „Jetzt müssen es die Jungs halt nächstes Jahr wieder probieren“, sagt Michael Bayer, der Trainer des ESV Rangierbahnhof, nach der 0:2-Niederlage, die sich früh am Abend abgezeichnet hatte. Bereits in der siebten Minute brachte Felix Semmlinger seinen SV Arberg mit einem direkt verwandelten Freistoß in Führung, ESV-Torwart Christian Oriwoll sah dabei unglücklich aus. Fortan schenkten die Arberger weite Teile des Mittelfelds her, um nach Ballgewinnen mehr Platz zu haben für ihre Konter. Die Taktik ging auf. „Man muss heute anerkennen“, sagt Michael Bayer etwa 20 Meter neben den wild und laut feiernden Arbergern, „dass der Gegner besser war.“ Was vielen sichtlich schwerfällt nach der Sternstunde vom Freitagabend, als der ESV den favorisierten Kreisklassisten Johannis 83 ziemlich gedemütigt hatte. 5:0. „An die Leistung“, erklärt Michael Bayer, „haben wir heute einfach nicht anknüpfen können.“
Er sagt das mit erstaunlich ruhiger Stimme, dabei hätte Michael Bayer auch sehr traurig sein können. Am Donnerstagabend in Weißenbronn saß er zum vorerst letzten Mal auf der Bank des ESV Rangierbahnhof, schon vor einigen Wochen hatte er seinen Rücktritt erklärt. Aus persönlichen Gründen, wie er sagt, „das hat aber nichts mit der Mannschaft und nichts mit der neuen Abteilungsleitung zu tun“. Meinungsverschiedenheiten gab es trotzdem, mit wem er Probleme hat und warum, verrät Michael Bayer nicht. Seinen Posten übernimmt Fatih Aslan, er kommt von der SG Siemens Erlangen. Und die weiteren Pläne des ESV für die neue Saison? „Ich halte mich zurück, denn ich hör‘ ja auf.“ Michael Bayer gönnt sich erst mal eine schöpferische Pause. Über drei Jahre hat er seinen Lieblingsverein zuletzt betreut, vorher auch schon mal über vier Jahre, als Stürmer erzielte er mal 25 Tore für den ESV. In der Landesliga Mitte.
Vier Jahre, zwischen 1994 und 1998, spielten die Rangers in der damals fünfthöchsten Liga, gegen namhafte Vereine wie die Sp Vgg Weiden oder die Club-Amateure. Die Nürnberger zählten zu den besten Mannschaften Mittelfrankens, ehe es rapide abwärts ging. Zehn Jahre lang und bis hinab in die Kreisklasse.
Michael Bayer, der zwischenzeitlich unter anderem beim FC Augsburg unter Vertrag stand und später auch noch beim ASV Vach, hat seinen ESV nie aus den Augen verloren, auch heute scheint er noch mehr an den „Rangers“ zu hängen, als er zugeben mag. Zumal die Zukunft nicht einfacher wird. Einige aus der aktuellen Mannschaft sind nicht mehr die Jüngsten, der Altersdurchschnitt liegt jenseits der 30. Dass es jetzt nicht geklappt hat mit dem Aufstieg, „ist zwar sehr traurig“, findet Michael Bayer, „aber vielleicht besser für den Verein.“ In der Kreisliga ist vor allem das Spieltempo ungleich höher als in der Kreisklasse, womöglich hätte sich der ESV Rangierbahnhof tatsächlich keinen großen Gefallen getan mit der Versetzung nach oben. Dafür liegt noch zu viel im Argen.
Dem ganzen Eisenbahn-Verein geht es ja nicht gerade blendend, besonders die Finanzen bereiten den Verantwortlichen große Sorgen. Auf der Jahreshauptversammlung erging neulich sogar ein Spendenaufruf an die Mitglieder. Unter dem Motto: „Das Fortbestehen des Vereins muss gesichert werden.“ Michael Bayer hat auch schon andere, weitaus schönere Zeiten erlebt bei den „Rangers“. „Früher war auch mehr Geld da“, sagt der Ex-Trainer, „von der Bahn, Zuschüsse oder Sonstiges.“ Als es von Jahr zu Jahr weniger wurde, litten auch die Leistungen auf dem Fußballplatz. „Der Verein“, sagt Michael Bayer, „tut sich jetzt schon hart.“
Am Dienstagabend wollte es der scheidende Trainer aber beim nackten Ergebnis belassen. Seine Elf hat eben keinen Janis Crone und auch keine Semmlinger-Zwillinge, die sich bei der SpVgg Ansbach ausbilden ließen. Es sei dennoch eine gute Saison gewesen für den ESV Rangierbahnhof, und überhaupt, „das Leben geht weiter, es gibt so viel Elend auf der Welt – und das ist nur Fußball.“ Einen schöneren Schlusssatz hätte Michael Bayer nicht formulieren können.