2024-04-30T13:48:59.170Z

Interview
FuPa-Reporter lernte Simon Schmidt als Fußballspieler kennen, der über den Tellerrand hinausschaut.
FuPa-Reporter lernte Simon Schmidt als Fußballspieler kennen, der über den Tellerrand hinausschaut. – Foto: Dieter Rebel

Der neue Tabellenführer im Interview

FuPa-Reporter Dieter Rebel traf sich mit Simon Schmidt, Kapitän von Viktoria Aschaffenburg, des neuen Spitzenreiters der Regionalliga Bayern, zum Interview

Der fußballerische Wechsel der Viktoria nach Bayern - er war Zeitzeuge. Schwierige Jahre mit zwei Abstiegen in die Bayernliga - er war dabei. Die neuerliche Rückkehr in die Regionalliga und der Klassenerhalt im ersten Jahr - er war ein wichtiger Faktor. Tabellenführer in der 4. Liga - er spricht im Interview mit FuPa-Reporter Dieter Rebel über diesen Zwischenerfolg, über die Gründe dafür und über seine Einschätzung der Corona-Lage. Die Rede ist von Simon Schmidt (36), Kapitän von Viktoria Aschaffenburg.

Simon, Mitte der 2010er war die Viktoria eine Fahrstuhlmannschaft zwischen Bayern- und Regionalliga. Warum hat Deiner Meinung nach damals die Konstanz gefehlt?
Das war eine schwierige Situation. Wir sind nicht damit klar gekommen, dass wir einerseits Amateure sind, aber andererseits gegen Jung-Profis spielen. Am Tag arbeiten, am Abend trainieren - die anderen nicht: Das war eine riesige Umstellung - körperlich und mental. Hinzu kamen einige Unruhen innerhalb der Vereins. Gott sei Dank ist das nun alles Vergangenheit.

Hättest Du es für möglich gehalten, dass Aschaffenburg nur zwei Jahre nach der bis dato letzten Bayernliga-Saison Tabellenführer der Regionalliga Bayern ist?
Damals nicht. Heute schon. Inzwischen ist Ruhe eingekehrt - im Verein, in der Mannschaft. Benni Hotz (Sportlicher Leiter, Anm. d. Red.) und Jochen Seitz (Trainer, Anm. d. Red.) legen großen Wert darauf, Spieler zu holen, die auch charakterlich dazu passen. Wir haben eine gute Hierarchie. Es gibt keine Grüppchenbildung mehr. Jeder gibt für jeden alles. Das zeichnet uns aus. Und das Zusammenspiel all dieser Dinge hat dazu geführt, dass wir da stehen, wo wir stehen.

Viktoria - seine zweite Heimat



Gibt es große Unterschiede zwischen Bayern- und Regionalliga?
Ja, absolut. Bayernliga ist Amateurbereich. Regionalliga schon eher Profibereich. Plötzlich spielst Du gegen Spieler der Bayern II, die heute in der Bundesliga auflaufen. Ein riesen Schritt. Deshalb ging es für uns im ersten Jahr auch wirklich nur um den Klassenerhalt.

Wie kannst Du Dir angesichts der jüngsten Vergangenheit den rasanten sportlichen Aufstieg Deiner Mannschaft erklären?
Ohne mich selber loben zu wollen, aber: Die Defensiv ist eingespielt und steht in der Folge sehr gut. Taktisch sind wir sehr gut eingestellt. Die Philosophie des Trainers ist klar erkennbar. Es hat sich alles einfach so gefunden, ohne es so richtig erklären zu können.

Während sich das SV-Gesicht sehr stark verändert hat, bist Du einige der wenigen Konstanten im Team. Warum? Warum fühlst Du Dich am Schönbusch so wohl?
Ich bin jetzt schon elf oder zwölf Jahre hier. Der Verein ist für mich eine zweite Heimat geworden. Ein Weggang war nie eine Option. Ich habe in Aschaffenburg studiert und arbeite jetzt auch hier. An keinem anderen Ort kann ich Familie, Beruf und Hobby auf einem derart hohen Niveau vereinen.

Auch die Außendarstellung von Aschaffenburg hat sich komplett verändert - was alleine am sehr aktiven Facebook-Auftritt deutlich wird. Hat der Verein endgültig den Sprung in die Moderne geschafft?
Auf jeden Fall. Wir sind inzwischen sehr, sehr modern aufgestellt, weil es viele Menschen im Hintergrund gibt, die ihr Herzblut dafür geben. Erfreulich ist auch, dass sich viele Spieler auch abseits des Spielfeldes engagieren - im Rahmen des Online-Shops zum Beispiel.



Ist der Verein insgesamt bereit für einen neuerlichen Profi-Anlauf - oder gibt's Deiner Meinung nach noch Nachholbedarf im sportlichen, infrastrukturellen oder wirtschaftlichen Bereich?
Ich denke schon, dass noch einige Schritte zu gehen sind bis man sich Gedanken machen kann, wieder auf Profitum umzustellen. Wir haben ja nicht mal ein Flutlicht im Stadion. Nur um ein Beispiel zu nennen.

Kommt der aktuelle Aufbruch für Dich zu spät? Du bist immerhin mit 36 Jahren schon im fortgeschrittenen Fußball-Alter.
Sollten wir diese Saison Erster werden, ist das eine sehr schöne Sache. Generell ist es immer überragend, Erfolg zu haben. Ich möchte aber lieber Taten statt Worte sprechen lassen. Deshalb warten wir erst mal diese Spielzeit ab.

Du hast bereits viel erlebt - die aktuelle Situation mit Corona ist aber die außergewöhnlichste überhaupt für Dich, oder?
Ja, Corona stellt alles auf dem Kopf. Aber es bringt nichts, nur darüber nachzudenken, was früher einmal war. Wir müssen mit der aktuellen Situation leben und das beste daraus machen. Jeder einzelne trägt in diesem Zusammenhang Verantwortung.

Als Kapitän ist der 36-Jährige ein unersetzlicher Bestandteil der Regionalliga-Truppe.
Als Kapitän ist der 36-Jährige ein unersetzlicher Bestandteil der Regionalliga-Truppe. – Foto: Helmut Weiderer


Was ist aus Deiner Sicht die Ideallösung? Abbruch? Fortführung?
(atmet tief durch) Schwer zu sagen. Die Rahmenbedingungen ändern sich praktisch täglich. Ist wirklich irgendwann das komplette Bayern auf der Corona-Ampel dunkelrot, ist es wohl besser, erst einmal zu pausieren - und den Ligapokal einzustampfen. Nüchtern betrachtet sind wir nur Amateurfußballer und gehen unserem Hobby nach. Die Schulen schließen wir - aber Viktoria Aschaffenburg lassen wir gegen Rosenheim spielen. Das würde nicht zusammenpassen.

Kommt nochmal ein Lockdown?
Ja. Zwar nicht mehr so krass wie im Frühjahr, da das einfach wirtschaftlich nicht mehr darstellbar ist. Aber Dinge, die nicht zwingend nötig sind, werden wohl abgesagt - und dazu zählt für mich ein Spiel der Regionalliga Bayern.

Abschließend ein Blick in die Zukunft: Was kommt privat und sportlich auf Dich zu in nächster Zeit?
Privat: Ein zweiter Nachwuchs im Jahr, ein Junge. Dann muss man sowieso schauen, wie es in den anderen Bereichen weitergeht.

Schön. Da wünschen wir viel Gesundheit und Glück.

Aufrufe: 027.10.2020, 16:15 Uhr
Dieter RebelAutor