2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
Helge Hastrich (links) geht im Sommer in seine 13. Saison bei der SG Immichenhain/Ottrau. Dabei schnürt der Trainer hin und wieder selbst noch einmal die Fußballstiefel, so wie hier bei der Alsfelder Stadtmeisterschaft im vergangenen Sommer in Hattendorf im Duell mit der SG Schwalmtal. 		 	Archivfoto: Raab
Helge Hastrich (links) geht im Sommer in seine 13. Saison bei der SG Immichenhain/Ottrau. Dabei schnürt der Trainer hin und wieder selbst noch einmal die Fußballstiefel, so wie hier bei der Alsfelder Stadtmeisterschaft im vergangenen Sommer in Hattendorf im Duell mit der SG Schwalmtal. Archivfoto: Raab

Der heimische Otto Rehhagel

KOL SCHWALM-EDER: +++ Helge Hastrich geht im Sommer in seine 13. Saison bei der SG Immichenhain/Ottrau / Der Liebe wegen gekommen und geblieben +++

Alsfeld . In Zeiten der unfreiwilligen Pause planen viele heimische Fußball-Teams schon einmal für die Zeit darüber hinaus. So auch die in der Kreisoberliga Schwalm-Eder beheimatete SG Immichenhain/Ottrau, die kürzlich den Vertrag ihres Trainers Helge Hastrich um eine weitere Spielzeit verlängerte. Damit geht der 46-jährige Lehrer bereits in seine 13. (!) Saison mit der Spielgemeinschaft. Wir haben mit dem Coach über die Gründe der Verlängerung und seine Identifikation mit dem Verein gesprochen, aber natürlich auch über die nächsten Wochen im Würgegriff des Corona-Virus.

Herr Hastrich, was waren kurz und knapp gefragt die Gründe für Ihre Vertragsverlängerung?

Da kann ich seit Jahren eigentlich immer das gleiche sagen. Ich bin jetzt so lange hier, da sind einem der Verein, die Mannschaft und auch die handelnden Personen einfach ans Herz gewachsen. Ich komme nicht her, leite ein Training oder betreue ein Spiel und fahre wieder heim, hier sind mittlerweile echte Freundschaften entstanden. Ich muss mich nicht verstellen, sondern kann so sein, wie ich bin. Ich habe eine charakterstarke Mannschaft, im Umfeld haben wir auch die gleichen Erwartungshaltungen. Zudem bietet die Kreisoberliga ja auch eine sportliche Attraktivität, aktuell liegen wir auf dem dritten Tabellenplatz.

Im Sommer gehen Sie in ihre 13. Saison mit der SG Immichenhain/Ottrau. War eine solch lange Zeitspanne für Sie zu Beginn in irgendeiner Form absehbar gewesen?

Nein, natürlich nicht. Ich bin mit 35 Jahren meiner Frau wegen, die aus Immichenhain stammt, hier hergezogen und hätte nie gedacht, dass ich mich einmal so heimisch fühlen würde wie bei meinem Heimatverein SV Vilmar im Kreis Limburg-Weilburg. Ich bin aber generell sehr bodenständig, dass dann 2008 ein Trainer gesucht wurde, kam mir sehr gelegen, zumal man, als frisch Zugezogener, auch sehr schnell Kontakte knüpfen konnte. Spaßeshalber könnte man sagen, dass der Vorstand einfach zu bequem ist, nach jemand anderem zu suchen (lacht). Aber Verein war und ist für große Konstanz auf allen Ebenen bekannt, weshalb sich das so entwickelt haben. Wir haben hier zudem ein hohes Maß an gegenseitiger Wertschätzung.

Was ist das Geheimnis dafür, dass Sie in Sphären eines Otto Rehhagel oder Volker Finke vorstoßen, zumindest was die Länge Ihrer Trainertätigkeit betrifft?

Wichtig ist mir zu betonen, dass so etwas sicherlich nicht als ‚Alleinherrscher‘, der ich nun auch wahrlich nicht bin, klappen kann. Schon vorher herrschte große Kontinuität im Vorstand des Vereins. Sascha Degenhardt war beispielsweise viele Jahre lang Vorsitzender, alle arbeiten hier miteinander, die Arbeit des anderen wird honoriert. Dazu gehört zum einen die Arbeit des Vorstandes um Thomas Schwalm, aber auch die gute Zusammenarbeit mit der zweiten Mannschaft um Simon-Martin Schmidt. Dieser geht zwar in eine Babypause, dieses Amt übernimmt aber nun Dennis Möller, der dort zuvor schon Trainer war und bei dem es zeitlich wieder passt. Auch im sportlichen Bereich herrscht also Kontinuität.

Welche Ziele setzt man sich überhaupt noch, wenn man über einen solch langen Zeitraum für eine Mannschaft verantwortlich ist?

Das ist natürlich schwierig, dennoch sehe ich immer Raum für Verbesserungen. Im letzten Jahr haben wir uns unseren Spielaufbau aus der Defensive heraus vorgenommen und in dieser Hinsicht sicherlich einen klaren Schritt nach vorne gemacht. Zudem haben wir uns auch in Angriff bei der Frage entwickelt, in welchen Bereichen ein frühes Anlaufen sinnvoll ist und in welchen wir dem Gegner den Ball überlassen wollen. Wichtig ist, sich immer minimal neu zu definieren, im Spiel mit dem Ball haben wir uns zwar verbessert, hier sehe ich aber doch noch Entwicklungspotenzial.

Der Aktualität geschuldet: Haben Sie Ihren Spielern einen Trainingsplan für die nächste Zeit an die Hand gegeben, und rechnen Sie mit einer Fortsetzung der Fußballsaison?

Nein, einen Plan haben sie von mir noch nicht bekommen, aber natürlich soll in Eigenregie ein wenig gearbeitet werden. Ein wenig genieße ich aktuell sogar die Zeit, da ich nicht so viele Termine wahrnehmen muss, weil ich zwei ansonsten sehr sportliche und aktive Kinder habe. Auch wenn der Anlass natürlich kein schöner ist, ganz klar. Ich denke, dass wir aktuell nichts darüber sagen können, wie es in ein paar Wochen weitergeht, aber wir müssen den vorgegeben Weg unbedingt mitgehen. Und der Fußball steht da zunächst mal ganz hinten an. Sollte die Saison abgebrochen werden, würde ich eine Annullierung für die sportlich schlechteste Lösung halten. Da müssen wir uns alle solidarisieren und beispielsweise akzeptieren, wenn es Aufsteiger gibt, auch wenn man selbst vielleicht nur knapp zurück liegt. Hundertprozentig fair kann einfach keine Lösung ausfallen.



Aufrufe: 030.3.2020, 08:00 Uhr
Marc Steinert (Oberhessische Zeitung)Autor