2024-05-29T12:18:09.228Z

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Noch einmal Tribünenatmosphäre genießen: Das letzte VfR-Heinspiel vor dem Abriss ist gut besucht.	Foto: Thorsten Gutschalk
Noch einmal Tribünenatmosphäre genießen: Das letzte VfR-Heinspiel vor dem Abriss ist gut besucht. Foto: Thorsten Gutschalk

Bürstädter Wohlfühloase verschwindet

Groundhopping: Das letzte Spiel mit Tribüne im Robert-Kölsch-Stadion nutzen viele auswärtige Besucher zum Abschied nehmen

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Der VfR Bürstadt hatte in den sozialen Netzwerken mobil gemacht und mächtig die Werbetrommel gerührt. Das letzte Spiel vor der Tribüne im Robert-Kölsch-Stadion stand am Sonntagnachmittag auf dem Programm. Für Groundhopper, deren Ziel es ist, möglichst viele Stadien zu besuchen, war es die letzte Chance, Abschied zu nehmen – oder das Stadion erstmals zu besuchen.

Was Funktionären ein Dorn im Auge sein mag, macht für Fußballromantiker erst den Charme einer Sportstätte aus. „Die Ränge sind schön zugewuchert, an der Tribüne erkennt man schon den Zerfall“, sagt ein Besucher aus Saarbrücken. Er wollte schon das letzte Saisonspiel in der Kreisoberliga besuchen, aber der Termin passte nicht. Glück für den Fan des 1. FC Saarbrücken, dass der VfR die Meisterschaft am letzten Spieltag noch vergeigte und sich so eine neue, letzte Chance auftat, die es zu nutzen galt.

Letzte Fotos, ehe die Tribüne im Nirwana verschwindet

Ein anderer Besucher fotografiert noch einmal den VfR 1910 Bürstadt e.V.-Schriftzug unterhalb der Tribüne, ehe sie im Nirwana verschwindet. Nach eigener Aussage kommt der Besucher „aus dem Großraum“. Genauer gesagt: Wetterau. Aber diesen Weg nimmt man als Groundhopper eben auf sich, wenn es Abschied nehmen heißt. Das Robert-Kölsch-Stadion bezeichnet der Mann als „Wohlfühloase“.

Es sei ein schönes „Old-School-Stadion in der heutigen Zeit der Arenen“. Für ihn ist es der zweite Besuch im südhessischen Ried, es sei wohl 1992 gewesen, als er schon einmal in Bürstadt war. Damals kickte der VfR noch in der Oberliga, der Mann aus der Wetterau, der bis heute nach eigenem Bekunden etwa 3700 Stadien in über 100 Ländern besucht hat, stand damals gerade am Anfang seiner Karriere als Groundhopper. An der Schwelle vom Vereinsfan zum Stadionbesucher aus Leidenschaft.

Ganz am Anfang ihrer Laufbahn als passionierte Stadionbesucher stehen drei junge Gäste, die es sich unweit der alten Anzeigentafel auf der Stehtribüne gemütlich gemacht haben. Sie kommen aus Frankfurt und Mainz, sind 16, 19 und 23 Jahre alt. Der Jüngste sammelt seit einem halben Jahr Stadienbesuche und nimmt das Kölsch-Stadion auf den letzten Drücker mit. „Wir sind seit Mittwoch unterwegs, aber das hier hat schon was.“

Einmal die A5 runter, und schon ist man in Bürstadt. So hat es ein Groundhopper aus Basel am Sonntag gehandhabt. Allerdings stand vor dem Besuch im Robert-Kölsch-Stadion noch ein Zwischenstopp auf dem Programm. In Aspach schaute sich der Schweizer das Endspiel um die A-Jugend-Meisterschaft zwischen Borussia Dortmund und dem VfB Stuttgart an. Er sei „mindestens einmal in der Woche“ unterwegs, um Stadien zu besuchen. In Bürstadt finde man eine „Perle“. Er findet es gut, dass der Verein im Vorfeld darauf aufmerksam gemacht hat, dass es das letzte Spiel mit Tribüne ist und so noch einmal viele Groundhopper mobilisiert wurden. „Der Stehplatzbereich und die Tribüne“ haben für ihn den besonderen Reiz.

Dem Robert-Kölsch-Stadion wurde 2001 im großen Buch der deutschen Fußball-Stadien auch ein Beitrag gewidmet, inklusive Foto der Tribüne. Damals waren die Bürstädter noch in der Oberliga unterwegs. Doch der Herausgeber ahnte schon, was auf den Verein zukommen wird: Dem VfR scheine „ebenfalls das Schicksal so vieler Kampfgefährten aus früheren Zeiten zu drohen: Amateurfußball auf Lebenszeit.“ Und das bald ohne Alleinstellungsmerkmal.

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Rekordhalter

Seit 1923 ist der VfR Bürstadt im Robert-Kölsch-Stadion zu Hause, das aber erst seit 1990 den Namen des langjährigen Gönners trägt. Zuvor hieß die Spielstätte des VfR an gleicher Stelle Waldstadion. Vier Zweitliga-Jahre erlebten die Schwarz-Weißen in der 70er und 80er Jahren, konnten dabei aber nur einmal die Klasse halten. Immerhin: Die Bürstädter halten einen Rekord. Das 9:0 beim FK Pirmasens im Jahr 1977 ist bis heute der höchste Auswärtssieg in der Zweiten Liga.

Aufrufe: 04.6.2019, 08:40 Uhr
RedaktionAutor