2024-04-25T14:35:39.956Z

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F: Lutz Wylensek
F: Lutz Wylensek

BSC Sendling ein Problem-Klub? Ok wehrt sich

Der 26-Jährige im Interview

Der BSC Sendling hat den Aufstieg in die Kreisliga gepackt und sorgt damit für positive Schlagzeilen auf dem Platz. Das war nicht immer so. Im Vorort-Interview spricht Efe Ok über die Saison und die schwierige Vergangenheit vieler Spieler.

Du bist mit dem FC Unterföhring in der Saison 2011/2012 in die Bayernliga aufgestiegen. Was bedeutet dir der Aufstieg („nur“ in die Kreisliga) mit Sendling im Vergleich dazu?

Mit seinem Team aufzusteigen ist immer das ultimative Ziel und ein wahnsinnig geiles Gefühl. Aber der Aufstieg in die Kreisliga mit Sendling bedeutet mir mehr als der Aufstieg in die Bayernliga mit dem FCU damals. Der Grund dafür, liegt in der Zusammensetzung der Mannschaft. Bei uns gibt es so gut wie niemanden, der eine Ausbildung in der Bayern-, 1860- oder Haching-Jugend genossen hat. Einige von uns haben bis vor ein paar Jahren nicht mal im Verein Fußball gespielt, kommen aus komplizierten Verhältnissen und haben bereits in jungen Jahren Lebenserfahrungen sammeln müssen, die man nur schwer in Worte fassen kann. Mit solchen Mitspielern den Aufstieg zu packen, ist was komplett anderes. Da ist mir nicht wichtig wie die Liga heißt.

Unterföhring spielt im nächsten Jahr Regionalliga. Verfolgst du noch, was da passiert und hast vielleicht sogar Kontakt zu einigen Spielern?

Klar, verfolge ich noch was beim FCU passiert und freue mich auch richtig für die Spieler, die ich dort noch kenne. Der Kontakt besteht zwar nicht mehr zu allen so intensiv wie damals, aber wenn man sich sieht, ist es immer noch so wie früher. Ich hatte eine sehr schöne Zeit beim FCU, auch abseits des Fußball-Alltags.

Sendling hat es in diesem Jahr gepackt. Was war euer Erfolgsgeheimnis?

Ich weiß nicht, ob es wirklich ein entscheidendes Geheimnis für unseren Erfolg gab, aber ich kann mich noch gut an eine Schlüsselszene erinnern. Nach der Niederlage gegen Ost ging ein Ruck durch die Mannschaft und wir haben gemerkt, dass wir uns die Chance auf den Aufstieg selber verspielen, wenn wir uns nicht zusammenreißen. Danach haben wir bis zur Relegation kein Spiel mehr verloren und zudem auch noch jeden Rückstand gedreht oder ausgeglichen. Wir haben einfach immer an uns geglaubt und niemals aufgegeben. In den letzten Monaten ist hier richtig was entstanden.

Welchen Anteil hat das Trainerteam?

Ich denke, dass unser Trainerteam einen unglaublich großen Anteil an unserem Erfolg hat. Der Mauro macht einem wahnsinnig guten Job. Er kennt jeden Spieler in- und auswendig und weiß, dadurch ganz genau, wie er das Beste aus jedem rausholen kann. Zudem finden unsere beiden Co-Trainer immer die richtigen Worte zur Motivation und ständigen Verbesserung der Mannschaft. Wir merken richtig, wie viel Herzblut in der Arbeit unseres Trainerteams steckt und es macht uns einfach sehr viel Spaß mit ihnen zu trainieren.

Der BSC hat lange Zeit einen eher zweifelhaften Ruf genossen. Was hat sich in dort in den vergangenen Jahren geändert?

Obwohl ich erst seit der Rückrunde dabei bin, kenne ich die Probleme des Vereins in der Vergangenheit sehr gut, da ich mit vielen Spielern in Sendling aufgewachsen bin. Im Vergleich zu damals gibt es aktuell keinen Spieler mehr, der sich egoistisch über das Wohl der Mannschaft stellt und somit Schaden verursacht. Das wird auch weder von unserem Trainer noch von den Spielern geduldet. Die Mannschaft und der gesamte Verein hat zudem einen Reifeprozess durchlaufen. Die letzten Jahre waren alles andere als einfach für den BSC, da man trotz viel Anstrengung und Herzblut immer denkbar knapp am Aufstieg gescheitert ist. Trotzdem ist das Team nie auseinandergebrochen, sondern immer wieder gemeinsam aufgestanden. Bei Sendling gibt es Spieler aus über 50 verschiedenen Nationen im Jugend- & Herrenbereich. Für viele Jungs ist Sendling mehr als ein Verein, eher eine zweite Familie und an manchen Tagen eine Schicksalsgemeinschaft, die füreinander da ist. Sendling ist hier sowas wie eine Konstante in ihrem Leben, die eben auch viel Kraft geben kann – gerade dann, wenn man gemeinsam als Team etwas erreicht und Erfolge feiert. Auch die zweite Mannschaft hat dieses Jahr den Aufstieg gepackt.


Im nächsten Jahr tritt Sendling in der Kreisliga an. Warum könnt ihr auch dort bestehen?

Die Spieler wollen mehr und sind hungrig. Das hat man bei jeder Einheit in der Rückrunde gemerkt. Wir sind nicht aufgestiegen, um uns in der Kreisliga auszuruhen oder um den Klassenerhalt zu spielen. Das Ziel ist für uns ganz klar der Aufstieg in die Bezirksliga, auch wenn nächste Saison in der Kreisliga sehr viele starke Mannschaften dabei sein werden. Wir sind taktisch und körperlich bei weitem nicht da, wo wir sein könnten. Der Durchmarsch ist für uns kein Hirngespinst. Der Verein feiert 2018 sein 100 jähriges Jubiläum. Das wollen wir mit Ablauf der kommenden Saison auch standesgemäß feiern können.

Habt ihr euch von den Aufstiegsfeierlichkeiten schon erholt?

Leider konnten wir Sonntag direkt nach dem letzten Spiel nicht alle zusammen Gas geben, weil der Großteil am Montag in die Arbeit musste. Am Mittwoch haben wir unseren Aufstieg dann verspätet gefeiert und wenn ich mich an den Abend zurückerinnere, bin ich mir ehrlich gesagt nicht sicher, ob sich auch wirklich jeder erholt hat. (lacht) Wir sind alle am Ende der Saison richtig auf dem Zahnfleisch gegangen und sind einfach so glücklich und erleichtert darüber, dass wir den Aufstieg gepackt haben. Das hat man jedem Spieler an dem Abend angesehen.

Nachdem du schon Bayernliga-Luft geschnuppert hast: Könntest du dir vorstellen, nochmals höherklassig anzugreifen?

Ich kann mir auf keinen Fall mehr vorstellen zu einem höherklassigen Verein zu wechseln, nur um höher spielen zu können. Ich fühle mich gerade pudelwohl beim BSC Sendling und will mit dem Verein unbedingt in die Bezirksliga aufsteigen. Und wer weiß, wo die Reise danach noch hingeht. Vielleicht qualifizieren wir uns auch über den Toto Pokal für den DFB Pokal und über diesen anschließend für das internationale Geschäft. Damit könnte ich auch gut leben. Danke für das Interview.

Das Gespräch führte Lukas Schierlinger

Aufrufe: 020.6.2017, 09:20 Uhr
Lukas SchierlingerAutor