2024-05-02T16:12:49.858Z

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Vom alten Torriecher nichts eingebüßt: Steffen Müller (rechts) meldete sich bei der Spvgg Möhringen mit zwei Treffern zurück.
Vom alten Torriecher nichts eingebüßt: Steffen Müller (rechts) meldete sich bei der Spvgg Möhringen mit zwei Treffern zurück. – Foto: Günter Bergmann

Bezirksliga: Traumcomeback und ein Saisonrekord

Die Nachlese mit Fokus auf die Filderteams

Die Bezirksliga startet turbulent – zur Möhringer Freude und zum Musberger Frust. Hinzu kommt eine überraschende Wende aus Sillenbuch. Will der Zweite nun doch aufsteigen?

Was für ein Auftakt! Erster Punktspieltag im neuen Jahr, und was passiert? 41 Tore in sieben Begegnungen – Saisonrekord in der Stuttgarter Fußball-Bezirksliga. Nicht nur das: auch reichlich Stoff für die Adrenalinspiegel. Beispiel Spvgg Möhringen und TSV Bernhausen. Beide Filder­clubs haben mit Last-Minute-Treffern die von ihnen erhofften Aufbruchsignale im Tabellenkeller gesetzt. Beispiel TSV Musberg, welcher mit einem überraschenden Fehlstart für die andere Seite auf der Gefühlspalette steht. Und Beispiel auch SV Sillenbuch. Dessen Auftakt war mit einem souveränen 3:0 zwar vergleichsweise unspektakulär, dafür lässt der Tabellenzweite abseits des Rasens aufhorchen. Nur wenige Tage nach der Ankündigung, auf ein etwaiges Aufstiegsrecht verzichten zu wollen, scheint man sich am Spitalwald nicht mehr ganz so sicher zu sein. Ist die Landesliga doch ein Thema?

SV Sillenbuch - Spvgg 1897 Cannstatt e.V. 3:0

Eigentlich schien der Fall klar. Die Sillenbucher können nicht, die Sillenbucher wollen nicht. Landesliga? Eine Nummer zu groß für einen Verein mit solchen Strukturen, würden sich doch zeitlicher, sportlicher und finanzieller Aufwand deutlich erhöhen. Und zu dieser Meinung steht der Trainer Zvonimir Topalusic auch nach wie vor. „Ich hielte davon nichts. Das wäre aus verschiedenen Gründen unsinnig“, sagt er. Das „Problem“: offenbar nicht jeder im Verein sieht das so, wie die internen Reaktionen zeigen, nachdem unsere Zeitung in der vergangenen Woche die Überlegungen der Verantwortlichen veröffentlicht hat. „In der Mannschaft gibt es schon ein paar, die gerne in die Landesliga würden“, hat Topalusic erkannt – weshalb man beim Überraschungszweiten mit dem Thema nun erst einmal abwarten will. Die neue Beschlusslage laut Coach ist: „Jetzt spielen wir einfach mal weiter und schauen, wo wir an Ostern in der Tabelle stehen.“ Vielleicht erledigt sich das Ganze bis dahin ja von allein. Sollte dann aber immer noch „Aufstiegsgefahr“ bestehen, wollen die Sillenbucher neu abwägen. Die Frage in diesem Fall wäre: tatsächliches Nein – oder eben doch Bereitschaft zum Abenteuer?

Einstweilen haben sich Topalusics Kicker putzmunter aus der Winterpause zurückgemeldet und mit einem 3:0-Sieg gegen die Spvgg Cannstatt den Abstand zum spielfreien Spitzenreiter Plattenhardt auf zwei Punkte verkürzt. Alle drei Treffer fielen schon in der ersten Hälfte. Beim Führungstor von Lukas Schmidt waren noch nicht einmal 60 Sekunden gespielt. Danach brachten ein Dribbling Schmidts zum Elfmeter sowie ein Distanzschuss von Jonas Fischer in den Torwinkel die frühe Vorentscheidung – und zugleich einen missratenen Einstand auf der Gegenseite. Bei den Gästen war die Partie das Pflichtspieldebüt für den neuen Trainer Carmine Napolitano, vormals SV Vaihingen und TSV Waldenbuch.

Tore: 1:0 Lukas Schmidt (1.), 2:0 Marco Schlecker (29. Foulelfmeter), 3:0 Jonas Fischer (45.)

TSV Musberg - TV89 Zuffenhausen 1:5

Die Chance, weiter mit den Sillenbuchern im Gleichschritt zu marschieren, hat derweil das zweite Überraschungsteam dieser Saison verpasst: der TSV Musberg. Bei dessen Ergebnis dürfte manch einer sicherheitshalber ein zweites Mal hingeschaut haben. 1:5? Womöglich ein Übermittlungsfehler? Falsch gedacht. Es hatte schon alles seine Richtigkeit. Vor Wochenfrist beim Aufgalopp im Pokalwettbewerb noch im Spielrausch, stürzte der Tabellendritte nun unvermittelt ab ins andere Ex­trem. „Wir haben alles falsch gemacht, was man falsch machen kann“, sagt der Trainer Ralf Martins nach dem Aufsteigerduell mit dem TV Zuffenhausen. „Kein Tempo, keine Laufbereitschaft, keine gewonnenen Zweikämpfe – es war das mit Abstand schlechteste Spiel von uns, seit ich hier tätig bin.“ Stellt sich die Frage nach den Ursachen, wobei Martins nebst dem kurzfristigen Ausfall der Leistungsträger Dennis Zschorsch (krank) und Friedrich Grivas (Sehnenreizung im Knie) nur auf eine Antwort kommt. „Vielleicht“, mutmaßt der Coach, „hat bei uns manch einer schon gedacht, dass wir nun die Größten sind.“ Ein hausgemachter Ausrutscher also auf dem schmalen Grat zwischen Selbstvertrauen und Selbstüberschätzung.

Sollte es so gewesen sein, dürfte die Begegnung lehrreiche Wirkung haben. Wie die Musberger von ihrem laut Martins verhängnisvollerweise obendrein „bockstarken Gegner“ vorgeführt wurden, hat weh getan. Und das selbst dann noch, als jener nach Gelb-Rot nur noch zu zehnt auf dem Rasen stand. Slapstickwürdiger Höhepunkt war der vierte Gegentreffer: Ein Zuffenhausener Flankenball titschte abgefälscht auf dem Boden auf und flog dann im hohen Bogen über den durch seinen Strafraum irrenden Keeper Simon Hochschein hinweg ins Netz. Ein Flummitor als Symbol für einen schwarzen Nachmittag der Gastgeber, den man nicht nur am Turnerweg grimmig zur Kenntnis nimmt.

Tore: 0:1 Tobias Cullison (14.), 0:2 Kai Prechter (41.), 1:2 Cedric Betz (62.), 1:3 Tobias Cullison (66.), 1:4 Yannick Häringer (68.), 1:5 Maximilian Braun (82.)



SpVgg 1887 Möhringen e.V. - SV Vaihingen 4:3

Auch bei der Spvgg Möhringen hätte man sich ein anderes Musberger Resultat gewünscht. Dass der Abstiegskampfrivale Zuffenhausen an diesem Sonntag zu drei Punkten kommen würde, damit hatte an der Hechinger Straße jedenfalls keiner gerechnet. Freilich: den eigenen Auftritt mag sich der Trainer Karl-Heinz Fuhrmann dadurch nicht schmälern lassen. Es war dies ein 4:3-Sieg im Derby gegen den SV Vaihingen. „Und das ist so oder so ein erster ganz wichtiger Schritt“, sagt Fuhrmann. Die ausgerufene große Aufholjagd im Tabellenkeller – sie hat tatsächlich sogleich begonnen. Nicht bloß Durchhalteparolen, nicht allein das sprichwörtliche Pfeifen im längst finsteren Wald. Nein, das Signal ist auf Anhieb gesetzt: Jungs, hier geht noch was!

Dank dafür sei vor allem einem der Rückkehrer im eigenen Aufgebot. 90 Minuten waren bereits gespielt, als Steffen Müller die Möhringer Reihen in ein Jubelknäuel verwandelte. Ecke Marvin Kuhn, Kopfball Müller – der späte Lucky Punch. Zugleich war spätestens damit das Traumcomeback perfekt und der Beweis erbracht, dass der mittlerweile 35-Jährige nichts von seinem alten Riecher verloren hat. Insgesamt netzte Müller in seinem ersten Bezirksliga-Spiel seit exakt 1365 Tagen zweimal ein und bereitete zwischendurch den dritten Möhringer Treffer vor. „Man sieht einfach, dass er weiß, wo das Tor steht“, lobt Fuhrmann, „so etwas hat uns in der Hinrunde gefehlt.“

Nicht nur das. Überhaupt präsentierten die Möhringer sich mit fünf Wiedereinsteigern (Müller, Mendi, Zydeck, Brunetti, Klopfer) ganz anders als bisher. Dass der Gegner seinerseits dreimal zuschlug? Dass die Begegnung vor der Pause kippte, das eigene Team nach einem Abwehrmissverständnis zwischen Kuhn und dem Keeper Roeck schlagartig hinten lag? Im alten Jahr hätte Derartiges wohl zum Zusammenbruch geführt. Diesmal haben Fuhrmanns Kicker es kraft ihrer neu erworbenen Routine unaufgeregt weggesteckt. Der Kontrahent Vaihingen gab schließlich zähneknirschend klein bei. Dessen Coach Stephan Tregel konstatiert: „Zu wenig Kombinationsspiel von uns. Und wir haben Geschenke verteilt.“ Ärgerlich für ihn und die Seinen: kurz vor Müllers finalem Streich vergaben sie selbst die Riesenchance, erneut in Führung zu gehen. Ali Hasöz scheiterte am Pfosten.

Schiedsrichter: Domenico Viceconte (Schömberg) .
Tore: 1:0 Nils Große Scharmann (4.), 1:1 Marco Wanes (38.), 1:2 Ali Haydar Hasöz (44.), 2:2 Steffen Müller (52.), 3:2 Olivier Mendi (57.), 3:3 Valentin Loparco (66.), 4:3 Steffen Müller (90.)

TSV Bernhausen - OFK Beograd Stuttgart 3:3

Im Keller der Tabelle bedeutet das Ergebnis einen Platztausch. Neuer Letzter ist der TSV Bernhausen – und das, obwohl auch die Filderstädter einen Last-Minute-Treffer feierten. Für sie fühlte sich das 3:3 gegen Beograd Stuttgart am Ende ebenfalls wie ein Sieg an. Fest steht für den Trainer Konstantinos Kalantidis: „Auch wir haben gezeigt, dass wir noch nicht tot sind.“ Zumindest 45 Spielminuten lang. Die erste Hälfte nährte den eher gegenteiligen Verdacht. Nach einer halbherzigen, schläfrigen Vorstellung liefen die „Veilchen“ einem Rückstand hinterher. Dann aber legten sie den Schalter um. Umwerfen ließen sie sich nach der Pause selbst dadurch nicht, dass der Gegner zwischenzeitlich bis auf 3:1 davon zog, begünstigt durch einen „Lach-Elfmeter“, wie Kalantidis moniert. Yasin Arslan soll gefoult haben. Ausgleichendes Glück: der Beograd-Keeper Dusan Martic wurstelte sich den Ball beim 1:1 selbst ins Netz.

Zum Mann des Tages avancierte schließlich einer der Winterpausen-Zugänge. Unter der Devise „alles oder nichts“ beorderte Kalantidis in der Endphase den Oldie Ali Kütri aus der Abwehrzentrale in den Angriff. Die Folge: erst zirkelte der 42-Jährige einen Freistoß in die Dreiangel. Dann verlängerte er den Ball klug in den Lauf des eingewechselten Ali Karakoc, der zum Ausgleich traf. „Wären wir durchgängig so aufgetreten, hätten wir gewonnen“, ist Kalantidis überzeugt.

Auf Schubwirkung hofft er indes auch so, gleichwohl der Blick aufs Klassement dann sogleich wieder verdeutlicht, welch weiter Weg es noch ist zum erhofften Happyend. Wie gesagt: nun Schlusslicht. Was für ein erster Spieltag 2020! Das gilt auch in dieser Hinsicht.

Tore: 0:1 Nemanja Budzum (11.), 1:1 (58. Eigentor), 1:2 Petar Vidovic (65. Foulelfmeter), 1:3 Petar Vidovic (77.), 2:3 Ali Kütri (84.), 3:3 Ali Karakoc (90.)

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Aufrufe: 03.3.2020, 15:35 Uhr
Filder-Zeitung / Franz StettmerAutor