2024-04-30T13:48:59.170Z

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– Foto: Sascha Köppen

Auch ein bisschen Vogelsberg steckt drin

TRAUMELF: +++ Der Kapitän der SG Barockstadt hat gewählt: Die "Traumelf" von Patrick Schaaf ist gespickt mit (Ex-) Profikickern, und sein Bruder Sebastian ist mittendrin +++

REGION - Sie schwelgen gerne in Erinnerung, die Fußballer in unserer Reihe "Meine Traumelf". Das geht auch Patrick Schaaf nicht anders, wenngleich sich das Ende der Laufbahn des gebürtigen Engelröders noch nicht abzeichnet. Aktuell spielt er mit der SG Barockstadt Fulda-Lehnerz um den Aufstieg in die Regionalliga mit. Unlängst verlängerte der Mittelfeldspieler bis Mitte 2023 seinen Kontrakt. Hier spielt Schaaf seit SGB-Gründung 2018, nachdem es ihn 2012 nach den Stationen Borussia Mönchengladbach (Jugend und B-Team), SV Buchonia Flieden und Eintracht Frankfurt II zurück nach Osthessen zum TSV Lehnerz verschlagen hatte.
"Ich wollte immer so hoch wie möglich spielen. Das will ich eigentlich noch immer", verrät der gebürtige Engelröder, der nach seinem Intermezzo in Frankfurt die Profiambitionen ad acta legte und einen anderen Berufsweg einschlug. Generell haben sich inzwischen seine Prioritäten verschoben. Sesshaft geworden ist er in Haimbach, wo der Bankkaufmann mit Ehefrau Carina und dem neun Monate alten Töchterchen Angelina lebt. Wenn der Fußball auch nicht mehr die Hauptrolle spielt, seine Leidenschaft geht der Hessenliga-Spieler freilich noch immer mit großem Ehrgeiz an. Bodenständig, wie der SGB-Kapitän nun einmal ist, gibt er seine Erfahrungen gerne weiter und geht als Führungskraft stets voran.

Der mittlerweile 31-Jährige hat bei der Zusammenstellung seiner "Traumelf" einen etwas anderen Ansatz gewählt als unsere bisherigen Protagonisten: "Letztendlich habe ich mir gedacht, ich stelle eine Auswahl zusammen von aktiven und Ex-Profis, die ich während meiner fußballerischen Karriere erleben durfte. Sei es auf dem Platz, miteinander oder gegeneinander, oder einfach außerhalb des Platzes." Natürlich hätte er auch den einen oder anderen Spieler aus dem Vogelsbergkreis nominieren können. Angefangen mit dem Lauterbacher Benedikt Kaiser, der nicht nur ein Teamkollege, sondern auch ein guter Freund ist. Oder Kevin Steudter aus Schlechtenwegen, der "mein Kapitän in der Aufstiegssaison des TSV Lehnerz in die Hessenliga war". Oder Denis Erovic: "Er war in der Jugend des VfL Lauterbach immer ein unangenehmer Gegenspieler, als ich noch bei der JSG Lautertal am Anfang meiner Laufbahn stand. Auch beim Schulturnier an der Wascherde wurde sich nichts geschenkt." Und ebenso auf andere heimische Kicker hält Schaaf große Stücke, wie beispielsweise Marco Klaus, Mario Nettbohl oder Andreas Greb: "Mit denen konnte ich auf Heimaturlaub immer trainieren, in der Zeit, als mein Bruder noch aktiv gespielt hat." Zumal er nie den "Star" hat heraushängen lassen, was auch gar nicht seiner Art entsprochen hätte. "Für uns war es immer der Patrick aus unserem Ort", verriet unlängst Marco Klaus.

So ganz ohne einen Weggefährten aus dem Vogelsberg kommt aber auch die "Traumelf" von Patrick Schaaf nicht aus - und so stellt er den (ehemaligen) Profis seiner Auswahl Bruder Sebastian an die Seite. Nicht zuletzt das Mitglied der A-Liga-Meisterelf seines Heimatvereins TV Engelrod habe ihm etwas ganz Wichtiges mit auf dem Weg gegeben: "Der Ehrgeiz, gewinnen zu wollen, da er mir beim Bolzen nie etwas geschenkt hat." Geschadet habe dieser Aspekt "brüderlicher Liebe" jedenfalls nicht.

"Meine Traumelf" von Patrick Schaaf Trainer Ulrich "Uli" Sude (SV Immighausen, SV Korbach, Borussia Mönchengladbach; Trainer FC Homburg, 1. FC Saarbrücken, SC Verl, Nachwuchs Borussia Mönchengladbach): Mein U19-Trainer in der Saison 2006/07 und 2007/08 in der A-Jugend von Borussia Mönchengladbach. In der Saison 2007/08 machte er mich zum Kapitän. Uli war ein Trainer vom alten Schlag. Egal auf welches Sommer- oder Hallenturnier wir gefahren sind, die Frauenwelt lag ihm zu Füßen. Seine Geschichten aus seiner aktiven Profizeit waren kaum zu glauben.

Der gebürtige Korbacher ist ein ehemaliger Torhüter und Trainer. Seine ersten Vereine waren SV Immighausen und SV Korbach. Als Torwart gehörte Sude von 1976 bis 1987 dem Bundesligakader von Borussia Mönchengladbach an, wurde aber erst nach dem Abschied von Wolfgang Kleff und Wolfgang Kneib zur Saison 1982/83 Stammtorhüter der Borussia, musste aber verletzungsbedingt bereits im Verlauf der Spielzeit 1985/86 seinen Stammplatz wieder an Uwe Kamps abtreten. Eine schwere Knieverletzung zwang Sude dann auch zum Karriereende. Sude war als Trainer der U19-Junioren von Borussia Mönchengladbach bis 2008 beschäftigt, danach als Scout für die "Fohlen" unterwegs. Tor Marc-André Ter Stegen (Borussia Mönchengladbach, aktuell FC Barcelona; 24 Länderspiele für Deutschland): Unglaublich sein Talent in jungen Jahren. Beidfüßig, bodenständig und absolut fokussiert. Ich durfte einige Male mit ihm zusammen bei den Profis trainieren. Daher habe ich ihm schon vor Messi einen ins Netz gelegt... Abwehr Emre Can (FC Bayern München, Bayer Leverkusen, FC Liverpool, Juventus Turin, Borussia Dortmund; 30 Länderspiele mit einem Tor für Deutschland): Am 25. September 2011 haben wir mit Eintracht Frankfurt II gegen ihn und die kleinen Bayern (2:1) gewonnen. Anschließend war er in der Saison 2012/13 in aller Munde und es folgten die Wechsel zu Topklubs im europäischen Ausland und schließlich zu Borussia Dortmund. Tony Jantschke (SC Borea Dresden, aktuell Borussia Mönchengladbach): "Fußballgott", wie ihn die Fans nennen. Wir haben Tür an Tür im Internat gewohnt und uns die Nächte mit "Fußball-Manager" um die Ohren gehauen. Meinen 18. Geburtstag in Engelrod hat er nicht erlebt, da er sich bei der Feier zu den falschen an den Tisch gesetzt hat... Christian Ziege (FC Bayern München, AC Mailand, FC Middlesbrough, FC Liverpool, Tottenham Hotspur, Borussia Mönchengladbach; 74 Länderspiele mit neun Toren für Deutschland): War Kapitän der ersten Mannschaft von Borussia Mönchengladbach, dann U17-Trainer und zu guter Letzt Sportdirektor. Er spielte mit uns Jungs aus dem Internat gerne ein paar Bälle, wenn Zeit war, lud uns zu seinem Geburtstag nach Düsseldorf ein und nahm mich damals nach dem Jugendtraining immer mit nach Düsseldorf, von wo aus ich weiter zu meiner damaligen Freundin fuhr. Mittelfeld Kevin Prince Boateng (Hertha BSC Berlin, Tottenham Hotspur, FC Portsmouth, FC Genua, AC Mailand, FC Schalke 04, UD Las Palmas, Eintracht Frankfurt, US Sassuolo, FC Barcelona, AC Florenz, Besiktas Istanbul, aktuell AC Monza; 15 Länderspiele mit zwei Toren für Ghana): Mit dem TSV Lehnerz bestritten wir am 6. Oktober 2017 ein Testspiel gegen Eintracht Frankfurt, er wurde eingewechselt. Seine Aura und körperliche Präsenz waren enorm. Man spürte sofort, welche Karriere hier nun auf dem Platz steht.
Kevin Kampl (VfL Osnabrück, VfR Aalen, Red Bull Salzburg, Borussia Dortmund, Bayer Leverkusen, aktuell RB Leipzig; 28 Länderspiele mit zwei Toren für Slowenien): In der U19-Bundesliga gegen Bayer Leverkusen erwischte er mich in einem Zweikampf so heftig am Knöchel, dass Syndesmoseband und meine Außenbänder nur noch operativ behandelt werden konnten. Drei Monate Pause in einem der wichtigsten Jahre waren leider die Folge. Marco Reus (Rot-Weiß Ahlen, Borussia Mönchengladbach, aktuell Borussia Dortmund; 44 Länderspiele mit 13 Toren für Deutschland): In der U19-Bundesliga spielte man gegeneinander, als er noch bei RW Ahlen war. Als er später Profi in Gladbach war, wohnten wir quasi gegenüber, waren also Nachbarn. Sebastian Schaaf (TV Engelrod): Von meinem sieben Jahre älteren Bruder behaupten heute noch viele, er hätte das größere Talent gehabt. Gerne hätte ich mit ihm zusammengespielt, aber außer bei Hobby-Turnieren ist und wird es wohl nicht passieren. Ich war in meiner Kindheit mit ihm eigentlich täglich auf dem Bolzplatz - und was ich ihm auf jeden Fall zu verdanken habe, ist der Ehrgeiz, gewinnen zu wollen, da er mir beim Bolzen nie etwas geschenkt hat. Michael Ballack (1. FC Kaiserslautern, Bayer Leverkusen, FC Bayern München, FC Chelsea; 98 Länderspiele mit 42 Toren für Deutschland): Eines meiner Idole in der damaligen Zeit. Ihm habe ich meine jahrelange Trikotnummer (13) zu verdanken. Am 2. Juni 2006 spielte Deutschland gegen Kolumbien im Borussia-Park, ich war Balljunge und habe nach dem Spiel Ballack im Kabinengang abgefangen: Ein Foto und die Erkenntnis, welch eine Maschine er 2006 vor der Weltmeisterschaft in Deutschland war, waren die Folge. Marko Marin (Borussia Mönchengladbach, SV Werder Bremen, FC Chelsea, FC Sevilla, AC Florenz, RSC Anderlecht, Trabzonspor, Olympiakos Piräus, Roter Stern Belgrad, Al-Ahli, aktuell Al-Raed; 16 Länderspiele mit einem Tor für Deutschland): Er ist wie ich 1989 geboren, unsere Wege haben sich immer wieder gekreuzt. Anfangs spielten wir gegeneinander, ab 2003 in der Hessenauswahl (C-Jugend) zum ersten Mal miteinander. Wir wechselten 2005 zeitgleich nach Mönchengladbach und spielten in der U17 um die Deutsche Meisterschaft; im Viertelfinale war Schluss gegen den 1. FC Kaiserslautern. Wir wohnten zusammen im Internat - und bis heute besteht zu gewissen Anlässen weiterhin Kontakt. Angriff Oliver Neuville (CD Teneriffa, Hansa Rostock, Bayer Leverkusen, Borussia Mönchengladbach, Arminia Bielefeld; 69 Länderspiele mit zehn Toren für Deutschland): 2006 gegen Polen hatte ich nach seinem späten Tor noch Gänsehaut. Am 5. September 2008 durfte ich in einem Testspiel der Profis selbst mit ihm spielen und ihn kennenlernen. Gegner war damals der belgische Erstligist SC Charleroi. Ersatzbank Manuel Neuer (FC Schalke 04, aktuell FC Bayern München; 96 Länderspiele für Deutschland): Am 21. September 2008 habe ich zwar gegen den FC Schalke II keine Minute spielen dürfen, jedoch konnte ich ihn in den ersten 45 Minuten gemütlich von der Bank beobachten. Damals Schalkes Nummer 1 mit einem Belastungstest nach seinem Mittelfußbruch. Patrick Herrmann (Borussia Mönchengladbach; zwei Länderspiele für Deutschland): Der Bundesligaspieler mit den meisten Auswechselungen sitzt bei mir direkt auf der Bank. Er kam ins Internat zu dem Zeitpunkt, als ich ausziehen musste. Kontakt zu dem Internat hatte man weiterhin und auch das eine oder andere Spiel bei der internationalen Nachwuchsrunde konnten wir zusammen bestreiten. Daniel Keita-Ruel (Bonner SC, Wuppertaler SV, SG Wattenscheid 09, Ratingen 04/19, Fortuna Köln, Greuther Fürth, aktuell SV Sandhausen): Er war in der Saison 2006/07 und 2007/08 mein Teamkollege in der U19. Super Kerl, ein absoluter Paradiesvogel und zu der Zeit mit wenig Einsatzzeiten. Habe ihn anschließend aus den Augen verloren. Vor drei Jahren ist er auf einmal in der 2. Bundesliga aufgetaucht und war zwischendurch sogar über mehrere Jahre im Knast Ilkay Gündogan (1. FC Nürnberg, Borussia Dortmund, aktuell Manchester City; 42 Länderspiele mit acht Toren für Deutschland): 1990 geboren spielte er beim VfL Bochum, doch sein Name war damals schon in aller Munde. Er war als U17-Spieler schon bei der U19 dabei - als junger Jahrgang gelangen ihm bereits 14 Treffer. Somit konnte ich mich öfters mit ihm messen. Deniz Naki (Bayer Leverkusen II, FC St. Pauli, SC Paderborn, Genclerbirligi, Amed SK, aktuell gesperrt): Er zerstörte uns quasi im Alleingang im DFB-Pokalfinale der U19-Junioren am 18. April 2008 gegen Bayer 04 Leverkusen in Berlin. Bis heute eine meiner größten Niederlagen. Das Wochenende in Berlin auf Kosten des DFB in einem Fünf-Sterne-Luxushotel mit Stadionbesuch beim DFB-Pokalfinale der Männer (Borusia Dortmund gegen Bayern München 1:2 nach Verlängerung) war trotzdem ein Highlight. Giovane Elber (AC Mailand, Grashoppers Zürich, VfB Stuttgart, FC Bayern München, Olympique Lyon, Borussia Mönchengladbach, EC Cruezeiro; 15 Länderspiele mit sieben Toren für Brasilien): Er machte in der Saison 2005/06 vier Spiele für die Borussia. Der Hype, den er auslöste rund um den Borussia-Park war unglaublich. Ich hatte das Glück, einen so außergewöhnlichen Spieler hautnah beim Training beobachten zu dürfen - von zehn Freistößen jagte er neun ins Dreieck. Robert Mak (1. FC Nürnberg, PAOK Salonik, Zenit St. Petersburg, Konyaspor, aktuell Ferencváros Budapest; 60 Länderspiele mit zwölf Toren für die Slowakei): Am 24. März 2012 habe ich mit Eintracht Frankfurt II gegen den 1. FC Nürnberg II gespielt. Mak war damals schon Bundesliga Spieler. Ehrlich gesagt habe ich noch nie gegen einen Spieler sowas von keinen Stich gemacht wie gegen ihn an diesem Tag. Wir haben 0:4 verloren, er hat ein Tor gemacht und einen Elfmeter gegen mich rausgeholt. Die Stimmung war demzufolge nach dem Spiel etwas angespannt.
Aufrufe: 027.2.2021, 12:01 Uhr
Kai Kopf (Lauterbacher Anzeiger)Autor