2024-06-04T08:56:08.599Z

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Ehrgeizig, diszipliniert und vielseitig einsetzbar:  Andreas Hein   | Foto: Patrick Seeger
Ehrgeizig, diszipliniert und vielseitig einsetzbar: Andreas Hein | Foto: Patrick Seeger

Andreas Hein: das Mentalitätsmonster

Die Kickschuhe hingen bereits am Nagel – nun spielt Andreas Hein für Auggen wieder Verbandsliga

Andreas Hein hatte seine Kickschuhe bereits an den Nagel gehängt. Nun spielt er für den FC Auggen wieder Verbandsliga und beweist dort seine Felixibilität.
Zielstrebig kommt Andreas Hein angelaufen. In der kurzen grauen Arbeitshose schaut aus der rechten Seitentasche ein roter Schraubenzieher heraus. Ein schwarzes Poloshirt trägt Hein darüber. Ein blonder Drei- bis Viertagebart sprießt in seinem Gesicht. Direkt von der Arbeit kommt der Elektriker an einem sonnigen Spätnachmittag zum Treffen vor einem Einkaufscenter in Müllheim. Hein nimmt sich die Zeit zum Gespräch, bevor er weiter zum Jugendtraining der SG Buggingen-Seefelden muss. Dort coacht er die E-Junioren. Schon beim Händeschütteln begeistert das erfrischende Lachen. Heins sympathisches Auftreten nimmt einen ein. „Rauch’ ruhig fertig“, sagt der 36-Jährige zur Begrüßung.

Dabei war die Erwartung vorher etwas zwiespältig: „Ist Hein nachtragend?“ Da gab es ja dieses eine unglückliche Aufeinandertreffen im Sommer 2016: Die Einweihung des neuen Bugginger Kunstrasenplatzes, der Journalist war im Freundschaftskick zu langsam, konnte auf Heins Niveau nicht mithalten – statt den Ball traf er den zweifachen Vater wuchtig mit seinen Stollen auf dem Knöchel. Für Hein war das Spiel und die folgenden Wochen gelaufen. „War blöd für mich, ist aber vergessen“, sagt Hein nur lächelnd, zieht eine Zigarettenschachtel aus seiner Hosentasche und zündet sich eine Kippe an.

„Ein Mentalitätsmonster“ sei Hein, so lautet die Beschreibung seines Trainers Marco Schneider beim FC Auggen. Und das ist nicht negativ gemeint. Hein ist ein Leader, ergänzt Schneider. Seit diesem Sommer schnürt der Mittelfeldakteur wieder die Kickschuhe für die Markgräfler in der Verbandsliga, dabei hatte er diese bereits an den Nagel gehängt. Nach dem Aufstieg mit der SG Buggingen-Seefelden in die Kreisliga A im Sommer 2017 hatte Hein seine Karriere beendet. Wie kam es also zu dem Comeback? „Das ist eine lustige Geschichte“, erklärt Hein.

Ruhig und sachlich klingt seine Stimme, unaufgeregt, schier leise. So dass man Angst bekommt, dass das Tonbandgerät überhaupt alles aufnimmt. Genau das Gegenteil von dem, was man auf dem Platz von ihm kennt. Da kann Hein laut werden, seine Mitspieler auch einmal zurechtweisen. So wie am dritten Spieltag bei der Auswärtspartie in Stegen. Da fuhr Hein seine Mitspieler nach dem Auggener 2:0 kurz vor der Pause an: „Hört auf, euch so zu freuen, freuen könnt ihr euch nach den 90 Minuten.“ Das zeigt seinen Ehrgeiz: „Ich will immer gewinnen und fordere daher von meinen Mitspielern auch eine gewisse Disziplin.“ Denn er hat bereits einiges erlebt als Fußballer.

Mal Mittelfeldregisseur, mal rechter Verteidiger

Doch zurück zu seinem Comeback. Vergangenen April besuchte er die Auswärtspartie des FCA in Denzlingen, der sportliche Leiter Björn Giesel haute ihn an, ob er nicht Lust hätte auf ein Treffen in den nächsten Tagen mit Schneider. Schneider und Hein sprachen miteinander und waren sich schnell einig. „Als Backup sollte ich wieder anfangen, so wurde es allen kommuniziert, so war es geplant“, sagt Hein. In seinem Alter kann es nach Spielen schließlich auch mal ein paar Tage in der Muskulatur zwicken. Seine Ehefrau meinte nur: „Endlich kann er sich wieder auspowern."

Gekommen ist es anders. Alle fünf bisherigen Ligaspiele absolvierte Hein. „Sicher auch urlaubsbedingt“, wiegelt er ab. Doch bewies Hein in dieser Zeit auch seine Flexibilität. Beim 3:2-Auswärtserfolg gegen Rielasingen-Arlen wurde der Bugginger als rechter Verteidiger eingesetzt – gegen Nedzad Plavci – „den besten Spieler der Liga“, wie Hein sagt. Seine Aufgabe erfüllte er mit Bravour.

Auch in den folgenden beiden Partien gegen Lahr und Endingen füllte er diese Position aus. Für Hein eine Umstellung: „Du musst umdenken, hast das Spiel auf einmal vor dir und hast bis auf den Torhüter keine Absicherung mehr hinter dir“, ergänzt aber zugleich: „Ich spiele da, wo der Trainer mich aufstellt.“ Das müsste doch ganz nach dem Geschmack seines Coaches sein. Schneider bestätigt sofort: „So einen Spieler wünscht sich jeder Trainer.“ So kam Hein topfit nach seiner Auszeit zum Vorbereitungsstart. Für ihn selbstverständlich: „Wenn ich wieder Verbandsliga kicke, dann richtig.“ Da zeigt sich wieder sein Ehrgeiz, seine Disziplin. Im Familienurlaub vor der Vorbereitung ging er daher mindestens jeden zweiten Tag zehn, zwölf Kilometer laufen. „Ich brauch’ das“, erklärt er.

Hein kann in seiner bisherigen Fußballerkarriere auf einiges zurückblicken, sowohl auf Erfolge, als auch auf Misserfolge. Vier Aufstiege und zwei Abstiege als Spieler erlebte er. „Aufgestiegen bin ich mit dem FC Denzlingen in die Oberliga, dem VfR Hausen in die Verbandsliga, dem FC Auggen in die Verbandsliga und der SG Buggingen-Seefelden eben in die Kreisliga A.“ Abgestiegen ist er mit Denzlingen und Hausen. Es sind Negativerlebnisse, die an ihm nagen. „Über Niederlagen kann ich schon zwei Tage grübeln.“ Diese Eigenschaft immer gewinnen wollen, dies den jungen Spielern zu vermitteln – das ist mit ein Grund, warum sie ihn wieder zurück nach Auggen geholt haben.

Am Samstag geht es mit dem FC Auggen im Heimspiel gegen den FV Lörrach-Brombach. Dort steht nun Enzo Minardi, bis Ende vergangener Saison langjähriger Coach beim FCA, an der Trainerbank. Minardi und Hein feierten 2015 gemeinsam den Aufstieg der Markgräfler in die Verbandsliga. Ein besonderes Spiel? Hein zündet eine letzte Zigarette an, überlegt wenige Sekunden und antwortet: „Für einige meiner Mitspieler sicher ja, für mich: nein!“ Er will nur gewinnen. Minardi wird diese Einstellung verstehen.
Aufrufe: 013.9.2018, 19:45 Uhr
Benedikt Hecht (BZ)Autor