2024-05-02T16:12:49.858Z

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Daniel Maus vom TSV Buchbach kritisiert das Torwarttraining im Amateurbereich.
Daniel Maus vom TSV Buchbach kritisiert das Torwarttraining im Amateurbereich. – Foto: Sven Leifer

Amateurbereich: Wo sind die Nachwuchs-Torhüter in Deutschland?

Torwarttraining und -entwicklung im Fokus

Roman Weidenfeller und Andi Köpke kritisieren die Torwartentwicklung in Deutschland. Im Amateurbereich ist die Situation noch dramatischer: Es gibt kaum noch Torhüter.

München - „Die Torwarte werden falsch trainiert“, prangert Ludwig Trifellner an. Bei der Entwicklung der deutschen Nachwuchskeeper sieht die Zukunft düster aus, warnt der 62-Jährige. Sowohl im Amateur- als auch im Profibereich.

Trifellner muss es wissen. Der ehemalige sportliche Leiter des VfR Garching ist Torwart-Ausbilder beim Bayerischen Fussball Verband.

Gerade im Amateurbereich ist das Torhüterproblem dramatisch, wie uns Ludwig Trifellner erklärt: „In den unterklassigen Ligen stehen oft noch die 40-Jährigen im Tor, da der Nachwuchs fehlt“.

Ein extremes Beispiel dafür: Gerald Hillringhaus, der mit 58 Jahren noch einmal beim SV Bad Heilbrunn eingesprungen ist.

Amateurbereich: Das Training für den Nachwuchs fehlt teilweise komplett

Der Grund für die ausbleibenden Nachwuchstorhüter ist für die Experten eindeutig. Der Stützpunktleiter für Torwarttraining in der Münchner Umgebung Harry Huber vom TSV 1860 München erklärt: „In den unterklassigen Ligen gibt es oft kein spezifisches Training für die Tormänner. Die einzige Chance für die Nachwuchskeeper ist oft nur der externe Weg über Torwartschulen“.

Die selbe Meinung hat Ernst Thaler. Er ist Leiter der Oliver-Kahn-Academy und hat unter anderem schon Manuel Neuer und Marc-Andre ter Stegen in den U-Nationalmannschaften betreut. „In den meisten Amateurvereinen gibt es schlicht kein Torwarttraining“.

Auch Andi Rössl, der Nachwuchstrainer für die Torhüter von der U13 bis zur U15 vom FC Bayern München gibt in dieser Thematik zu: Talente, die zu ihm kommen, haben oft noch nie ein spezifisches Torwarttraining absolviert. „Oft gibt es kein Torwarttraining in den Amateurvereinen, da in diesem Bereich als Erstes am Geld gespart wird“.

Für Daniel Maus, Regionalliga-Keeper beim TSV Buchbach, gibt es deswegen nur einen Ausweg für ambitionierte Nachwuchstorhüter. „Mit einer gewissen Eigenmotivation kann man vieles selber machen“, erinnert sich der Amateur-Torwart Maus an seine Jugendzeit.

Daniel Maus: „Die Regionalliga ist kein Sprungbrett“

Ein weiteres Problem für Keeper im gehobenen Amateurbereich ist die Spielpraxis beim Übergang zwischen Jugend- und Herrenbereich. Torhüter, die nicht sofort Stammspieler werden, sitzen entweder auf der Bank oder wechseln in untere Ligen, um Spielpraxis zu sammeln.

Maus, der selber die Torwartausbildung von der U15 bis zur U19 im Nachwuchs der SpVgg Unterhaching erlebt hat, ging den Schritt in die Regionalliga, bereut es aber. „Ich würde es heute anders machen“, erklärt der 26-Jährige.

„Die Regionalliga ist kein Sprungbrett. Aus dieser Liga kommt ein Torwart schwer wieder raus“. Das Problem an der Regionalliga: Die Torhüter geraten aus dem Blickfeld der Profivereine und können oft nicht von dem Spielergehalt leben. Die Konsequenz: Viele Torhüter hängen ihre Handschuhe an den Nagel, da der Aufwand sich mit dem Ertrag nicht mehr vereinbaren lässt.

Auch beim Rekordmeister ist man sich bewusst, dass nicht alle Nachwuchstorhüter den Sprung in den Profibereich packen. Daher gilt beim FC Bayern die Devise: „Wir wollen unseren Torhütern die beste mögliche Ausbildung im Profi-Fußball ermöglichen und sie auch darauf vorbereiten, menschlich mit zwei Beinen im Leben zu stehen“, erklärt Nachwuchstrainer Andi Rössl.

Als eine möglichen Lösung des Problems sieht Daniel Maus Leihen oder Kooperationen, wie es sie heute zwischen dem TSV 1860 Rosenheim und der SpVgg Unterhaching gibt.

Ernst Thaler: Torhüter müssen im Amateurbereich dieselbe Ausbildung wie Spieler erhalten

Generell muss aber die Ausbildung im Amateurbereich differenziert von der Entwicklung der Torhüter bei den Profivereinen betrachtet werden.

Im Jugendbereich ist es für Ernst Thaler wichtig, dass die Torwarte dasselbe Training wie die Feldspieler erhalten: „Eine frühe Spezialisierung ist Gift“. Torwartspezifische Übungen wie Hechten und Abrollen sollten allgemeine Koordinationsübungen sein, die jeder Jugendliche absolviert.

„Heute gibt es haufenweise bewegungsunfähige Spieler, durch den fehlenden Sportunterricht in der Schule. Dies und ein veraltetes Nachwuchssystem führen zu hohen Dropout-Quoten ab der U13“, erklärt der Ausbilder von Jungtorhütern.

Bei Torhütern ist diese besonders hoch, da diese in Amateurvereinen oft kein Training erhalten und auch nicht am Mannschaftstraining teilnehmen.

Auch hier stimmt Regionalliga-Keeper Maus dem Experten zu. „Das Torwarttraining ist zu isoliert. Der Torwarttrainer sollte ein Stand-By-Trainer sein“, schlägt der Keeper vor. Damit meint er, dass Torhüter prinzipiell am Feldspielertraining teilnehmen sollen und nur spezifisch mit dem Torwarttrainer trainieren sollen, wenn der Chefcoach die Torhüter nicht benötigt.

Die Lösung für Ernst Thaler: Die Vereine sollen keinen Torwart ausbilden, sondern einen Torspieler. Also ein Spieler, der normal im Mannschaftstraining teilnimmt und zusätzlich spezifisches Training bekommt.

(Korbinian Kothny)

Aufrufe: 04.5.2021, 11:16 Uhr
Korbinian KothnyAutor