2024-05-02T16:12:49.858Z

Ligabericht
Bei Bayernligist Ruderting überzeugt Anna Madl als Defensivspezialistin und Strategin.
Bei Bayernligist Ruderting überzeugt Anna Madl als Defensivspezialistin und Strategin. – Foto: Peter Solek

Anna Madl - die einzige Trainerin eines niederbayerischen Herren-Teams

Die 24-Jährige spielt Bayernliga mit dem FC Ruderting, ist aber auch Coach von A-Klassist SG Haidmühle/Bischofsreut/Philippsreut.

Nein, dass sie die einzige Trainerin einer niederbayerischen Herrenmannschaft ist, ist ihr bisher nicht aufgefallen. Einerseits, weil als Bayernliga-Spielerin beim FC Ruderting und Coach bei A-Klassist SG Haidmühle/Bischofsreut/Philippsreut einfach zu wenig Zeit für solche Überlegungen bleibt. Andererseits – und das ist wohl der Hauptgrund - , weil Anna Madl ihr Engagement als Frau an der Linie gar nicht als besonders einstuft. Für die 24-Jährige zählt schlicht und einfach: Hauptsache Fußball! Und wenn der Heimatverein ruft, hilft man sowieso.

Der Name „Madl“ und der SV Bischofsreut, der Teil des Zusammenschlusses an der deutsch-tschechischen Grenze ist, sind eng miteinander verbunden. Unter anderem war Anna Madls Papa Helmut jahrelang Vereinsboss. Ihr Bruder Lukas ist derzeit Abteilungsleiter. Nur eine schwere Knieverletzung hindert ihn daran, dass er aktuell für die Spielgemeinschaft aufläuft. Bei der Installation von Anna Madl als Trainerin der A-Klassen-Truppe spielte der 26-Jährige die entscheidende Rolle. Für seinen Verein nutzte er in der Notlage Insiderwissen.

"Ich habe zuhause immer mal wieder davon geredet, dass ich den Trainerschein machen möchte", erzählt Anna Madl. Als während der Winterpause die Zusammenarbeit mit Jürgen Anetzberger endete, erinnerte sich Lukas Madl an die Worte seiner Schwester. So viel Überzeugungsarbeit musste er dann auch nicht leisten, wie man vielleicht vermuten möchten. "Nein, das ging eigentlich ganz schnell. Er musste mich nur zwei, drei Mal fragen, dann habe ich zugesagt." Und schon war sie die einzige Trainerin einer niederbayerischen Herrenmannschaft.

Davor, dass sie als Frau bei den Herren vielleicht untergehen würde – oder noch schlimmer: Sich blöde Sprüche anhören muss - , hatte sie keine Angst. Nicht eine Minute. "Ich habe dahingehend noch überhaupt kein schlechtes Wort gehört - weder aus der Mannschaft, noch vom Umfeld", fühlt sie sich bestätigt. An der deutsch-tschechischen Grenze weiß man einfach, dass da nicht irgendein Mädl das Sagen hat, sondern mit Anna Madl, ausgebildet u.a. beim 1. FC Nürnberg, eine der besten Fußballerinnen Ostbayerns.

"Jeder Spieler hat Respekt vor ihr", verdeutlicht Michael Seibold, Kapitän der SG Haidmühle/Bischofsreut/Philippsreut. Und das, so der 24-Jährige, liege vordergründig daran, dass jeder wisse, dass Anna Madl Fußball-Sachverstand habe. Dass sie zudem jünger ist als viele Kadermitglieder, sei auch kein Problem. Ganz im Gegenteil. Man spricht die gleiche Sprache. "In der Arbeit wurde ich schon oft gefragt, wie das so ist, eine Trainerin zu haben. Aber für uns ist es nichts außergewöhnliches, dass Anna vorne steht und Anweisungen gibt."

"Die Voraussetzungen sind einfach zu unterschiedlich": Die 24-Jährige schließt aus, im Herrenbereich zu spielen.
"Die Voraussetzungen sind einfach zu unterschiedlich": Die 24-Jährige schließt aus, im Herrenbereich zu spielen. – Foto: Peter Solek

Die Bayernliga-Spielerin, die beim FC Ruderting als Innenverteidigerin agiert, hat nicht nur eine Vita vorzuweisen, die für sich spricht. Laut FCR-Managerin Johanna Maier hat sie zudem das nötige Charisma, um eine Führungsaufgabe zu übernehmen. "Sie hat das, was man braucht, um voranzugehen", weiß die 35-Jährige, die zudem davon überzeugt ist, dass es überhaupt erst gar nicht einen Geschlechterkonflikt braucht: "Frauen- und Herrenbereich sind so unterschiedlich, dass gar kein Vergleich möglich ist. Lässt man sich aber aufeinander ein, profitieren beide Seiten davon."

Was das konkret im Alltag heißt, erzählt Anna Madl: Sie selbst kümmere sich hauptsächlich um die Trainingsinhalte und um die Taktik. Und da gibt es wahrlich größere Amateure als eine ehemalige Drittliga-Spielerin. Ihre große Stärke als Trainerin sei es, "sachlich zu bleiben". Die Aufgabe des Einpeitschers kommt eher ihrem "Co" Marco Knab zu, der das SG-Tor hütet. "Der haut auch mal auf den Putz, wenn es sein muss", berichtet die Bischofsreuterin und lacht.

Obwohl der Kreisklassen-Absteiger nach der Winterpause erst ein Spiel gewinnen konnte, der Erfolg sich also bisher in Grenzen hält, hat sich die außergewöhnliche Konstellation bereits bestens eingespielt. Das zunächst "unnormale" ist längst Alltag. Mit Ausnahme Montag ist Anna Madl täglich auf irgendeinen Fußballplatz zu finden. Entweder mit Ruderting, oder der Spielgemeinschaft. Zudem ist sie Schichtarbeiterin. "Ja, es ist stressig: Aber es macht auch unendlich viel Spaß."

Einzig am 30. März, ausgerechnet beim einzigen Dreier bis dato, kam es zu einer Überschneidung. Und im Fall der Fälle hat die Bayernliga vor der A-Klasse Vorrang. "Dann war ich halt nur bis zum Anpfiff da und musste schnell weiter nach Ruderting“, berichtet die 24-Jährige - und ergänzt schmunzelt: "Wahrscheinlich haben sie nur gewonnen, weil ich nicht da war."

Ab Sommer muss die SG wieder komplett ohne Anna Madl auskommen. Dann konzentriert sie sich wieder auf ihre Spielerkarriere. "So ist es vereinbart", sagt sie. Kapitän Michael Seibold kennt diese Vereinbarung, glaubt aber, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. Und das nicht nur, weil es eine niederbayernweite Besonderheit ist, wenn eine Frau eine Herrenmannschaft trainiert...

Zeit beim Club: Ausgebildet wurde die Bischofsreuterin u.a. beim 1. FC Nürnberg.
Zeit beim Club: Ausgebildet wurde die Bischofsreuterin u.a. beim 1. FC Nürnberg. – Foto: Redaktion Schwandorf

Aufrufe: 024.4.2024, 11:00 Uhr
Helmut WeigerstorferAutor