2024-04-19T07:32:36.736Z

Vereinsnachrichten
Bayern-Trainingsauftakt im Sommer 91: Ulf Kliche (roter Kreis) mit  Trainer Jupp Heynckes (hinten, Dritter v. links) und Co-Trainer Egon Coordes (rechts daneben) sowie den Zugängen (hinten, v. links) Thomas Berthold, Bernardo, Bruno Labbadia und (vorne, v. links) Markus Münch, Raymond Victoria, Thorsten Ott, Andreas Mayer und Christian Nerlinger Imago
Bayern-Trainingsauftakt im Sommer 91: Ulf Kliche (roter Kreis) mit Trainer Jupp Heynckes (hinten, Dritter v. links) und Co-Trainer Egon Coordes (rechts daneben) sowie den Zugängen (hinten, v. links) Thomas Berthold, Bernardo, Bruno Labbadia und (vorne, v. links) Markus Münch, Raymond Victoria, Thorsten Ott, Andreas Mayer und Christian Nerlinger Imago

Zwei unvergessliche Ballkontakte

"Ulf, komm", rief Trainer Jupp Heynckes kurz und knapp. Im ersten Moment traute Ulf Kliche seinen Ohren nicht. Doch er hatte richtig gehört, ...
denn wenige Sekunden später stand er auf dem Feld. Es war der 20. März 1991. Als 21-jähriger Vertragsamateur gastierte der junge Fußballer mit dem FC Bayern beim FC Porto. Im Viertelfinal-Rückspiel des Landesmeister-Wettbewerbs saß er wie in vielen Partien zuvor auf der Bank, ehe in der 89. Minute das Kommando von Heynckes ertönte. Der Coach wechselte Kliche für Manfred Bender ein, was dem heutigen Trainer des VfL Oldenburg fünf unvergessliche Europapokal-Minuten bescherte.

"Ich hatte zwei Ballkontakte, machte einen Befreiungsschlag und war froh, dass nichts passiert ist", beschreibt er seinen Kurzauftritt. Vor 80000 Zuschauern im voll besetzten Stadion Das Antas half der Verteidiger mit, den 2:0-Vorsprung über die Zeit zu retten. Bayern erreichte das Halbfinale.

Ein 2:0 brauchen die Münchner auch an diesem Dienstag (20.45 Uhr/ZDF), wenn es in der Champions League erneut gegen den FC Porto geht. "Ich werde heute Abend nicht in großen Erinnerungen schwelgen", sagt der 45-Jährige, "aber es war damals schon etwas Außergewöhnliches. Bei meinen Schwiegereltern liegt noch irgendwo ein Video."

Von 1987 bis 1992 trug Kliche das Bayern-Trikot gemeinsam mit den Weltmeistern Klaus Augenthaler, Olaf Thon, Hans Pflügler und Stefan Reuter. "Als ich das erste Mal mittrainierte, hätte ich Augenthaler fast gesiezt", blickt Kliche zurück. Den Respekt legte der talentierte Nachwuchsspieler allerdings schnell ab. Auf dem Mannschaftsfoto der Saison 1990/91 steht er neben Stefan Effenberg. "Wir haben uns ganz gut verstanden", erzählt Kliche über das andere Nordlicht im Kader: "Effe kam aus Hamburg, ich aus Flensburg."

Ebenfalls mit an Bord war der junge Andreas Mayer. In der Saison 2008/09 kreuzten sich die Wege der beiden in Oldenburg erneut, als Mayer für ein Jahr Kapitän des VfB war. "Ein exzellenter Fußballer, der den Weg über das Ausland gegangen ist", lobt Kliche den Ex-Profi, der heute ebenfalls als Trainer arbeitet. Dass die fünf Minuten von Porto seine einzigen auf internationaler Ebene blieben und er München ohne Bundesliga-Einsatz verließ, bereut Kliche nicht mehr. "Bayern ist ein großer Verein, ich war dort eine Zeit lang geduldet", sagt er bescheiden: "Aber ich habe gelernt, mich durchzusetzen und den Konkurrenzkampf anzunehmen."

Das schulte auch für die weiteren Stationen. 1992 wechselte Kliche zum damaligen Zweitligisten VfB Oldenburg, stieg mit dem Club ab und wurde danach Amateur. Seit 2010 trainiert der Oberschullehrer den derzeitigen Oberligisten VfL. Eines ist er aber geblieben: Bayern-Fan. Daher drückt Kliche die Daumen, dass sein Ex-Club nach dem 1:3 im Hinspiel gegen Porto noch die Wende schafft: "Wenn die individuellen Fehler dieses Mal ausbleiben, ist ein 2:0 möglich." So wie 1991.

Auch ohne Vereinsarzt Dr. Müller-Wohlfahrt, der nach der Niederlage in Portugal überraschend das Handtuch warf. Wegen einer Knieverletzung machte auch der junge Kliche einst Bekanntschaft mit dem "Doc", brauchte aber viel Geduld. Der Grund: Boris Becker weilte zur selben Zeit in München. Und die Wehwehchen des Tennisstars genossen auf der Pritsche Priorität. "Ich saß sieben Stunden im Wartezimmer", erinnert sich Kliche lieber an die fünf Minuten von Porto.

Aufrufe: 021.4.2015, 07:00 Uhr
Oliver BlochAutor