2024-03-28T15:56:44.387Z

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Immer hoch hinaus: Norry Wagner koepft fuer den BFV (links), Kurt Pysny fuer die TuRa.  FOTOS: GA-ARCHIV/HEINZ ENGELS
Immer hoch hinaus: Norry Wagner koepft fuer den BFV (links), Kurt Pysny fuer die TuRa. FOTOS: GA-ARCHIV/HEINZ ENGELS

Zwei Rivalen raufen sich zusammen

Am 18. Juni 1965 fusionierten BFV und TuRa zum BSC 01/04. Der 1. FC Köln war das Vorbild. Die Gründerväter träumten von einem Stadion für mehr als 30 000 Zuschauer. Das letzte Derby gewann der BFV am 19. April 1965 mit 3:2.

Spinnefeind wäre wohl übertrieben. Aber grün waren sich der Bonner Fußballverein (BFV) und TuRa Bonn, die beiden ranghöchsten Bonner Fußballvereine nach dem 2. Weltkrieg, sicherlich nicht. Die gesunde Rivalität wurde beiden Clubs regelrecht in die Wiege gelegt. Galt der BFV aus dem vornehmen Bonner Süden aufgrund seiner Mitgliederstruktur als "Lackschuhverein", firmierte die TuRa aus dem Norden der Stadt in der fußballaffinen Bonner Bevölkerung eher als Arbeiterclub. Umso erstaunlicher mutet es an, dass sich die Bonner Platzhirsche letztlich am 18. Juni 1965 zum Bonner SC zusammenrauften.

Ein Motiv für die Fusion ist einige Kilometer rheinabwärts zu finden. Wie sich die Fußballkräfte bündeln lassen, hatte die ungeliebte Fußballkonkurrenz aus Köln noch während der Saison 1947/48 vorgemacht. Sülz 07, mit dem sich sowohl der BFV als auch die TuRa in der damaligen Bereichsliga kurz nach dem Krieg interessante Duelle geliefert hatten, und der Kölner BC hatten zum 1. FC Köln fusioniert. Dass diese Vernunftsehe Früchte trug, ist hinlänglich bekannt. In Bonn dagegen kochte jeder der beiden Rivalen weiter sein eigenes Süppchen.


Der BFV war nach einem Jahr in der 2. Oberliga West, die zur Saison 1949/1950 vom Westdeutschen Fußballverband als eine von drei Vertragsligen eingeführt worden war, gleich wieder in die oberste Amateurklasse namens Rheinbezirksliga Mittelrhein abgestiegen. Nach einem weiteren Abstieg etablierte sich der BFV ab 1955 in der Landesliga Mittelrhein. Das Jahr, in dem erste zarte Fusionsgedanken reiften.

Argumente erhielten die Befürworter eines neuen Clubs in beiden Vereinen durch zwei Freundschaftsspiele gegen den 1. FC Köln (1:2) und gegen Schalke 04, dem die gemeinsame Elf aus Turanern und Spielern des BFV ein 2:2 abtrotzte. Aber am Ende siegten die Traditionalisten.

Die Pläne einer Fusion verschwanden wieder in der Schublade. Erst recht, nachdem der BFV nach einigen Auf und Abs die Spielzeit unter dem Vorsitz von Dr. Hubert Claessen 1958/1959 mit der Mittelrheinmeisterschaft und dem Aufstieg in die zweitklassige Oberliga West abschloss.

1962 gelang der von Otto Schumacher-Hellmold geführten Konkurrenz aus dem Bonner Norden der große Wurf. Unter Trainer Frtz Machate erreichte der Verein das Finale um die deutsche Amateurmeisterschaft, das allerdings in Wuppertal gegen den Berliner Verein SC Tegel mit 0:1 verloren ging. Anschließend ging es bei der TuRa um die Frage, ob eine Lizenz für die 2. Liga beantragt werden sollte. Der Verein entschied sich dagegen.

Helden in Blau-Rot

Dafür vereinbarten die Vorstände beider Clubs im Juli 1962, in monatlichen Gesprächen ein Fusionsprogramm auszuarbeiten. Zu viel auf einmal wollten beide Seiten allerdings nicht. So wurde das hehre Ansinnen zunächst um eine Saison verschoben. Nach drei Jahren Zweitklassigkeit folgte im Sommer 1963 für den BFV der Abstieg in die Verbandsliga Mittelrhein und die bittere Erkenntnis, dass der Verein Schulden von 74.000 Mark angehäuft hatte.

Auch sportlich spitzte sich die Lage für den den BFV immer mehr zu. Während in der damals drittklassigen Verbandsliga Mittelrhein der Saison 1964/65 die TuRa als Siebter abschloss, landete der BFV als Tabellen-15. auf einem Abstiegsplatz. Auch deshalb waren im Februar 1965 die Fusionspläne beim sich lange zierenden BFV wieder aus der Schublade geholt worden. Die TuRa sei nicht abgeneigt, einem solchen Vorschlag zuzustimmen, hieß es in einer Pressemitteilung.

Der BFV-Vorsitzende Hubert Claessen, gleichzeitig Chef des DFB-Protokollauschusses, stimmte einer Fusion ebenfalls zu. Claessen bot sogar an, auf den Vorsitz des neu zu gründenden Vereins zu verzichten. Diese Ehre solle dem TuRa-Vorsitzenden Heinrich E. Schmidt zuteil werden. Überliefert ist, dass sich am 23. Februar 1965 114 BFV-Mtglieder bei zwei Enthaltungen und sechs Nein-Stimmen für den Zusammenschluss mit der TuRa entschieden, die ihren inzwischen angestaubten Fusionsplan bereits 1958 verabschiedet hatte.

Am 18. Juni 1965 beschlossen zunächst 44 Mitglieder des BFV in nur acht Minuten in der Mensa Nassestraße die Auflösung ihres Vereins. Anschließend stimmten 225 Teilnehmer für die Gründung des Bonner Sportclubs 01/04. Der Traum der Gründer: In Bonn sollte eine Bundesligamannschaft entstehen.

Dem Aderlass talentierter Spieler in Richtung Köln, Aachen und Mönchengladbach solle ein Riegel vorgeschoben werden. An die Stadt richteten die Delegierten die Forderung, ein Stadion für 32.000 bis.35 000 Zuschauer zu bauen. Der Bonner FV und TuRa Bonn verschwanden von der Fußball-Landkarte.

Zehn Spieler der TuRa, darunter Karl-Heinz Becker, Willi Gräf und Schlussmann Ernst Tietz, bildeten gemeinsam mit acht Akteuren des BFV das spielende Grundgerüst des neuen BSC. Das 68. und letzte Derby fand am Ostermontag, dem 19. April 1965, vor rund 900 Zuschauern in der Gronau statt. Der BFV gewann mit 3:2.

HELDEN IN BLAU-ROT

l Helmut Bergfelder (21. November 1946/55 Meisterschaftsspiele/19 Tore): Eigentlich war der BSC eine Nummer zu klein für „Bego“. Beim 1. FC Köln kam der Rechtsaußen nur zu einem Bundesligaeinsatz, weshalb er 1968 zum BSC kam und dort mit seinen Flankenläufen das Gronau-Stadion rockte. 1970 ging Bergfelder wieder nach Köln, allerdings zur Fortuna, wo er 1973/74 32 Mal in der 1. Liga spielte. Seine Karriere beendete er in Trier; an der Mosel arbeitete er anschließend bis zur Rente im Sportamt.


Walter "Ela" Hoffmann, FOTO: FRIESE

l Walter „Ela“ Hoffmann (9. Mai 1952/120/69): Schoss für den BSC in der Saison 1970/71 kaum vorstellbare 54 Tore – allerdings noch in der Kreisliga. Schnell zeigte sich, dass das einer für die „Erste“ war. Im Zweitligajahr 1976/77 erzielte Hoffmann respektable 12 Tore für den BSC. Bei Bayer Uerdingen und Fortuna Köln war er später in der 2. Liga nicht ganz so erfolgreich. Und warum „Ela“? Wegen der Vorliebe für Nutella.

l Die Klimkes: Zwei Bonner, zwei Brüder, zwei Verteidiger, zwei ansehnliche Karrieren: Rudi (11. Januar 1950/87/1) wechselte 1971 gemeinsam mit Hannes Bongartz nach Wattenscheid. Dort blieb er bis 1980 und absolvierte für die 09er 186 Zweitligaspiele (7 Tore). Peter (1. September 1952/97/4) brachte es sogar noch weiter. Er ging 1975 nach Leverkusen und wird bei Bayer mit 57 Bundesligaeinsätzen (2 Tore) sowie 125 Spielen in der 2. Lga (2 Tore) geführt.

l Uli van den Berg (29. Oktober 1949/276/75): Machte für Schalke zwischen 1971 und '76 60 Bundesligaspiele (4 Tore), ehe er nach Bonn kam. Der Mann mit den meisten Spielen hinter Werner Grau. In der Erinnerung erzielte er seine zahlreichen Kopfballtore allesamt von der Strafraumgrenze – mindestens.

l Peter Nover (18. Juli 1949/13/1): Der „Lange“ (1,94 m) half in der Rückrunde des Zweitligajahres, zumindest sportlich die Klasse zu halten. Nover kam damals aus Boston und ging anschließend nach Hawaii. Als Trainer prägte er in den 90er Jahren die bis heute letzte wirklich gute Phase des BSC.

l Brent Goulet (19. Juni 1964/79/49): Ein Ami mit sonnigem Gemüt, der von 1990 bis '92 und 1994/95 für den BSC stürmte. Obwohl er einige Länderspiele für sein Heimatland bestritt, konnte er sich im deutschen Profifußball nie wirklich durchsetzen. Seine Zeit bei Tennis Borussia Berlin blieb eine Episode, beim BSC hinterließ er aber eine der besten Trefferquoten überhaupt. Wenn er mal nicht traf, sagte er: „Ich hab' gespielt wie ein Görke.“ Sollte heißen: Gurke.


Rainer Tohmas, Foto: Friese

l Rainer Thomas (7. Oktober 1963/120/ 43): Ein Mann, zwei Vereine: Thomas spielte während seiner Karriere nur beim 1. FC Köln und beim BSC. Im Sportpark ackerte er zunächst auf dem Platz und später als Trainer an der Seitenlinie. In diese Zeit fiel der Versuch, die Kubaner zu verpflichten.

l Die Lungas: Vater Max (31. März 1964/ 187/41) kam 1990 mit Henry McKop und Ephraim Chawanda aus Simbabwe zum BSC. Als einziger der drei Nationalspieler schlug er hier Wurzeln. Er trainiert heute den SSV Bornheim und ist mehr Bonner als mancher Einheimische. Sohn Kelvin erzielte vergangene Saison 13 Treffer für den BSC.

Aufrufe: 018.6.2015, 09:00 Uhr
General-Anzeiger / Thomas HeinenAutor